Moers/Rheinberg. Ab dem 1. Juli sinkt die Mehrwertsteuer von 19 auf 16 und von sieben auf fünf Prozent. Händler beklagen großen Aufwand, sehen aber auch Chancen.
Zwischen dem 1. Juli und dem 31. Dezember 2020 beträgt die Mehrwertsteuer in Deutschland nur noch 16 statt 19 Prozent. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz sinkt von sieben auf fünf Prozent. Was von der Politik zur Belebung des Konsums in der Coronakrise gedacht war, stößt bei den Händlern in Moers und Rheinberg nicht auf allzu große Begeisterung. „Die Umsetzung ist für die Einzelhändler mit einem extrem hohen bürokratischen und finanziellen Aufwand verbunden“, sagt Wilhelm Bommann, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Niederrhein mit Sitz in Moers. Deswegen sei nicht klar, ob sich die Senkung überhaupt lohne oder nur zusätzliche Kosten verursache.
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„Software, IT und Kassensysteme müssen umgestellt werden, ebenso die Waren neu ausgezeichnet werden“, erklärt Bommann. Bei langfristigen Konsumgütern wie Möbeln oder Autos sei das etwas einfacher. Sehr hoch sei der Aufwand aber bei kurz- und mittelfristigen Waren wie bei Lebensmitteln. „Vor allem, weil es sich um einen so kurzen Zeitraum handelt und Ende des Jahres erneut alles umgestellt werden muss“, erklärt Bommann. Der Handel habe sich diese Lösung nicht gewünscht, sondern für einen Konsumcheck für jeden Haushalt plädiert. „Damit wäre das Geld direkt beim Konsumenten angekommen“, so der Geschäftsführer. So würden sich nun täglich viele Verbandsmitglieder mit Detailfragen melden. „Es gibt unheimlich viel zu beachten“, sagt Bommann. Derzeit sei die Tendenz aber dennoch, dass die meisten Händler die Preissenkung an die Kunden weitergeben wollen.
Hornbach gibt Senkung rückwirkend zum 1. Juni an Kunden weiter
Dazu zählt neben Lidl, das die Senkung schon seit vergangener Woche an die Kunden weitergibt, auch Supermärkte wie Rewe, Edeka oder Aldi. Der Baumarkt Hornbach gibt die drei Prozent sogar rückwirkend zum 1. Juni an die Kunden weiter. Für Patrick Tervooren, der in Rheinberg das Schuhhaus Tervooren führt, wird diese Woche spannend und arbeitsreich. „Erst am Mittwochmorgen bekommen wir den Code für die Kassenumstellung, da können wir nur hoffen, dass alles direkt klappt“, so der Inhaber. Die Senkung gebe das Schuhgeschäft komplett an die Kunden weiter. „Ob sich das für den Endverbraucher bei diesen Kleinstbeträgen lohnt, ist eine andere Frage.“ Er ist trotzdem ganz zufrieden, dass die Politik Maßnahmen zur Konsumbelebung ergriffen hat. „Wir freuen uns auf jeden, der kommt.“
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Im Buchhandel gelten dagegen besondere Bedingungen, durch die Buchpreisbindung bleibt der Ladenpreis der gleiche wie vorher. „Hier bleibt im Grunde alles wie gehabt“, erzählt Kathrin Olzog, die die Barbara Buchhandlung auf der Moerser Burgstraße leitet. Nur für einige Schreibwaren-Artikel gelte die Mehrwertsteuersenkung. „Diese Umstellung ging aber recht schnell.“ Bei Thalia auf der Steinstraße werden viele Produkte verkauft werden, für die Buchpreisbindung nicht gilt, beispielsweise Filme, Musik oder Spielzeug. Auf Anfrage gab das Unternehmen bekannt, dass man sich vielen anderen Einzelhändlern anschließe und „verstärkt attraktive Preisaktionen für unsere Kunden“ anbieten wolle.
„Villa Wölkchen“ geht einen anderen Weg
Etwas Besonderes hat sich Christine Reps, die die „Villa Wölkchen“ auf der Fieselstraße betreibt, überlegt. „Ich werde meine Kunden fragen, ob ich die drei Prozent am Ende abziehen soll oder ob sie den Betrag spenden wollen“, erklärt Reps. „Seit 2006 unterstütze ich die Kinder des Moerser Frauenhauses und ihnen soll auch diese Aktion zugute kommen. Ich habe tolle Kunden und bin überzeugt, dass viele da mitmachen.“ Die Umstellung, sagt sie, sei mit jeder Menge Arbeit verbunden und das Ergebnis solle jetzt einem guten Zweck dienen.