Moers/Kreis Wesel. Im Kreis Wesel gibt es einen Corona-Ausbruch. In Moers sind Mitarbeiter in einer Dönerfabrik infiziert. Wie wahrscheinlich ist ein Lockdown?

• Derzeit sind 85 Mitarbeiter (Stand Montag, 29. Juni) des Moerser Unternehmens Öztas Dönerproduktion GmbH & Co KG mit dem Coronavirus infiziert. Durch die Kontaktermittlung des Kreises Wesel wurde festgestellt, dass einige Infizierte auch außerhalb des Kreises Wesel in Duisburg wohnen.

• Insgesamt wurden bei 200 Mitarbeitern Abstriche vorgenommen.

• Wie es zu dem Ausbruch des Coronavirus in der Moerser Dönerfabrik kommen konnte, ist noch unklar.

• Am Freitag schien der Kreis Wesel von einem Lockdown noch weiter entfernt zu sein. Es gab an diesem Tag nur wenige neue Infektionen. Landrat Dr. Ansgar Müller betonte aber, dass sich die Zahlen in jede Richtung ändern könnten.

Am Montag vermeldete der Kreis dann einen deutlichen Anstieg der Fallzahlen über das Wochenende.

Wie der Kreis Wesel am Freitagmorgen mitteilt, wohnen 24 Personen, die in der Moerser Dönerproduktion positiv auf Covid-19 getestet worden sind, in Duisburg. Damit liege die - wie es heißt - „korrigierte Gesamtzahl der Infektionen für den Kreis Wesel“ (Stand Donnerstag, 25. Juni) bei 738 (statt 762), schreibt die Kreisverwaltung in einer Mitteilung. Die 7-Tage-Inzidenz liege damit bei 15,4 statt bei 20,2, heißt es weiter.

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Nicht viel ist am Donnerstagnachmittag am Firmengelände von Öztas Dönerproduktion GmbH & Co KG zu sehen. Die riesige Fläche im Gewerbegebiet in Moers-Hülsdonk liegt größtenteils hinter hohen Zäunen und dichten Büschen. Mehrere andere Fleischgroßhandel befinden sich in direkter Nachbarschaft, auch die Moerser Fleischergenossenschaft hat nebenan ihren Sitz. Mehrere Lkw stehen noch an der Warenannahme, Fragen wollen die Fahrer nicht beantworten, auch die Geschäftsführung ist nicht zu erreichen.

Bis alle Corona-Testergebnisse vorliegen, bleibt der Betrieb zunächst geschlossen. Die Zahl der mit Corona infizierten Mitarbeiter in der Dönerproduktion ist an diesem Tag weiter gestiegen: Am Donnerstag waren 79 von 275 infiziert. „Von den rund 80 bisher ausgewerteten Tests sind 62 positiv.“ Das teilt der Kreis Wesel am Donnerstagnachmittag mit.

Corona-Ausbruch in Dönerfabrik: Nicht alle getesteten Personen kommen aus Moers

Aussenansicht des Tiefkühllagers der Öztas Dönerproduktion in Moers. Dort gab es einen Corona-Ausbruch mit 79 Infizierten.
Aussenansicht des Tiefkühllagers der Öztas Dönerproduktion in Moers. Dort gab es einen Corona-Ausbruch mit 79 Infizierten. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Insgesamt wurden bei rund 200 Mitarbeitenden Abstriche vorgenommen, etwa 120 Ergebnisse stehen noch aus. Währenddessen läuft die Kontaktnachverfolgung des Kreises Wesel weiter auf Hochtouren. Schon am Donnerstagvormittag wurde für 43 Personen aus dem Betrieb und deren Umfeld Quarantäne angeordnet. Darunter sind die positiv getesteten Personen und Kontaktpersonen.

Bei den jetzt positiv getesteten Mitarbeitern handelt es sich nicht um Personen, die in Sammelunterkünften untergebracht sind. „Die Mitarbeiter des Betriebs wohnen in Privatwohnungen und sind nicht von der Firma untergebracht“, sagte die Sprecherin des Kreises. Nicht alle leben in Moers bzw. dem Kreis Wesel. Keiner der Infizierten weist nach Kreisangaben bisher die Corona-typischen Symptome auf.

Corona-Fälle in der Moerser Dönerfabrik: Grund für Ausbruch noch unklar

Was ist mit einem lokalen Lockdown im Kreis Wesel wie im Kreis Gütersloh? „Laut Vereinbarung auf Bundesebene gibt es einen Lockdown, sobald die 7-Tages-Inzidenz über den Wert von 50 steigt“, sagte eine Sprecherin des Kreises am Donnerstag auf Anfrage dieser Redaktion. Am Nachmittag lag der Wert im Kreis Wesel schon bei 20,2. Noch am Donnerstagmorgen hatte der Wert bei 7,2 gelegen, zu dem Zeitpunkt waren erst 17 Fälle in dem Dönerproduktionsbetrieb bekannt.

Damit liegt die Gesamtzahl der insgesamt seit Beginn der Corona-Pandemie positiv Getesteten im Kreis Wesel bei 762 Personen.

Unternehmen wurde 1994 in Moers gegründet

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Die Öztas Dönerproduktion hat ihren Sitz schon seit 26 Jahren in Moers, hier wurde sie 1994 gegründet. Bis 1996 war die Firma eigenen Angaben zufolge auf Fleischhandel spezialisiert, seitdem stellt sie zusätzlich Dönerfleisch her. Geschäftsführer ist Nesimi Öztas.

Inzwischen gehört das Unternehmen nach eigenen Angaben zu den größten Döner-Kebab-Herstellern Europas. Öztas beliefert der Homepage zufolge den gesamten europäischen Markt vor allem mit dem Döner-Drehspieß in verschiedensten Ausführungen, aus Kalb-, Puten- oder Hähnchenfleisch. Dazu kommen Falafel, Lahmacun und Dürüm.

Corona in Moerser Dönerfabrik: „Kontaktnachverfolgung ist angelaufen“

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Wie es zu dem Ausbruch in dem NRW-Betrieb kommen konnte, ist derzeit noch unklar. „Die Kontaktnachverfolgung durch den Fachdienst Gesundheitswesen ist bereits angelaufen und dauert an. Dabei geht es unter anderem auch um das mögliche Identifizieren der Infektionsketten“, hieß es auf die Frage nach einer Erklärung.

Der Kreis Wesel hatte in seiner Mitteilung vom Mittwoch auf das gute Hygienekonzept des Betriebes hingewiesen. „Die Produktionsbereiche des Unternehmens sind voneinander getrennt. Es gibt zudem mehrere Sozialräume, die ebenfalls räumlich getrennt sind, sodass eine Vermischung der Mitarbeitenden in der Regel nicht stattfindet“, sagte die Sprecherin auf Nachfrage.

Die Mitarbeiter, die bisher positiv getestet sind, befanden sich demnach alle in einem Produktionsbereich. Wie die Kreisverwaltung betont, sei aufgrund der Corona-Pandemie ein Gesundheits- und Hygienekonzept nach Vorgaben des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit Maßnahmen erstellt worden. Die Ansätze des Robert-Koch-Instituts seien ebenfalls berücksichtigt worden.

Corona in Moers: Reihentestungen bei 200 Mitarbeitern der Dönerfabrik

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Die anderen Mitarbeiter wurden im Rahmen der landesweit verfügten Testung der fleischverarbeitenden Betriebe durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Anfang Mai getestet. Alle Ergebnisse dieser Testung waren nach Kreisangaben negativ.

Hintergrund: Viren sterben bei Hitze

  • Bisher gibt es keine nachgewiesenen Fälle, bei denen sich Menschen über den Verzehr kontaminierter Lebensmittel mit dem Coronavirus angesteckt haben, sagt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). „Obwohl eine Übertragung des Virus über kontaminierte Lebensmittel unwahrscheinlich ist, sollten beim Umgang mit diesen die allgemeinen Regeln der Hygiene des Alltags wie regelmäßiges Händewaschen und die Hygieneregeln bei der Zubereitung von Lebensmitteln beachtet werden“, so das BfR.
  • Da Viren generell hitzeempfindlich sind, lasse sich das Infektionsrisiko durch das Erhitzen von Lebensmitteln zusätzlich weiter verringern. Auch die Verbraucherzentralen raten dazu, Fleisch gut durchzubraten, das Gleiche gilt vorsichtshalber auch für Tiefkühlwaren.

Am Mittwochvormittag hatte es Reihentestungen aller etwa 200 anwesenden Mitarbeitenden am Standort in Moers gegeben. Damit sind die Reihentestungen abgeschlossen, heißt es.

Bis alle Testergebnisse vorliegen, bleibt der Dönerproduktionsbetrieb zunächst geschlossen. Lediglich eine kleine Kernmannschaft, bestehend aus gesunden und symptomfreien Mitarbeitenden, wird unter Einhaltung strenger Hygieneregeln in einem abgegrenzten Bereich des Betriebs die bereits angelieferte Frischware weiterverarbeiten, um zu vermeiden, dass diese verdirbt. Am Freitag, 26. Juni, wird die Verarbeitung abgeschlossen. Danach wird der Betrieb zunächst komplett geschlossen.

Der Landrat mahnt, die Regeln einzuhalten

Landrat Dr. Ansgar Müller: „Die bisher vorliegenden Ergebnisse der Reihentestungen bei Öztas führen zu einem deutlichen und noch nicht dagewesenen Anstieg der Infektionszahlen im Kreis Wesel. Um eine weitere Ausbreitung des Corona-Virus im Kreis Wesel zu verhindern, empfehle ich dringend allen Bürgerinnen und Bürgern, sich an die bekannten Abstands- und Hygieneregeln zu halten und Sozialkontakte möglichst einzuschränken.“

Zum weiteren Vorgehen des Kreises Wesel sagte der Landrat weiter: „Unser wichtigstes Instrument ist und bleibt die Kontaktnachverfolgung, um mögliche Infektionsketten innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu stoppen.“ Müller betont: „Der vorliegende Fall zeigt auch, wie wichtig es ist, mit mobilen, anlassbezogenen Reihentestungen schnell zu reagieren, wenn sich ein Ausbruchsverdacht ergibt.“