Kamp-Lintfort. Das Info-Zentum Stadt und Bergbau in Kamp-Lintfort zeigt auf hundert Quadratmetern Wissenswertes. Auch über Sauerkraut und Geduldsflaschen.

Vor der Tür zum Zentrum für Stadt und Bergbau direkt neben dem Lehrstollen steht ein Paar aus der ehemaligen Bergbaustadt Hückelhoven und wartet auf Einlass in die ehemalige Pumpenhalle. Mehr als sieben Besucher gleichzeitig sind wegen Corona nicht gestattet. Sie: „Ich komme wegen der

Der Beisitzer der Fördergemeinschaft für Bergmannstradition Dirk Thomas, die Leiterin des Informationszentrums Susanne Rous, der Beigeordnete Christoph Müllmann und der Vorsitzende der Fördergemeinschaft für Bergmannstradition Norbert Ballhaus stellen das Info-Zentrum vor.
Der Beisitzer der Fördergemeinschaft für Bergmannstradition Dirk Thomas, die Leiterin des Informationszentrums Susanne Rous, der Beigeordnete Christoph Müllmann und der Vorsitzende der Fördergemeinschaft für Bergmannstradition Norbert Ballhaus stellen das Info-Zentrum vor. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Blumen nach Kamp-Lintfort.“ Er: „Ich komme beruflich aus dem Tagebau. Da interessiert mich das Bergbau-Thema natürlich besonders.“ Es ist noch ein bisschen improvisiert, aber glücklicherweise weist ein Tischbock mit Hinweisschild mehr oder weniger mitten auf dem Weg das Laga-Geländes zum Info-Zentrum. In Kürze wird dort, so versichert Dezernent Christoph Müllmann, eine schicke Stele die nötigen Infos übermitteln.

Kaum Fragen zu Exponaten, mehr zur Bahn

Susanne Rous, die das Zentrum leitet, ist bisher sehr zufrieden mit der Resonanz, auch wenn das Pumpenhaus ein bisschen ab vom Weg liegt und der Schirrhof daneben noch ein Baustelle ist: „Hundert Besucher am Tag sind es eigentlich immer, an manchen Tagen auch 150 und mehr.“ Und da sind die kommenden langen Wochenenden noch nicht eingerechnet. Auch an einem schnöden Montag wie jetzt reißt der übersichtliche, aber stetige Besucherstrom nicht ab. Rückfragen gebe es eher selten, sagt die Tourismusmanagerin: „Die Ausstellung ist eigentlich selbsterklärend.“ Häufigste Nachfrage sei eher: „Wann fährt die Bahn wo ab?“

Große Überschriften, Kleingedrucktes, Exponate und Modelle

Auf hundert Quadratmetern die Stadtgeschichte, die ja untrennbar und intensiv mit der des Bergbaus verbunden ist, zu zeigen, ist schon eine Herausforderung. Gleichzeitig darf aber eine solche Schau die mitunter schon ein bisschen müde gelaufenen Laga-Besucher nicht überfordern. Wie gut, dass die Agentur Arndt und Seelig bei der Zusammenstellung solcher Schauen viel Erfahrung hat, etwa auch auf Zollverein.

Die Bergleute waren früher Selbstversorger.
Die Bergleute waren früher Selbstversorger. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

So kann der Besucher nun wählen, wie viel Input er haben möchte. Liest er auch das Kleingedruckte auf den Infotafeln über den Dreiklang Kloster – Kohle – Campus oder nur die Überschriften? Will er mehr wissen durch die Videos, die angeklickt werden können? Für die Spielkinder unter ihnen gibt es ein Modell der ehemaligen Zeche Friedrich-Heinrich. Per Knopfdruck kann ein Glühbirnchen zum Leuchten gebracht werden: Hier war die Kokerei, da das Pumpenhaus, da die Schlosserei. „Ein Bergwerk war keine Marmeladenfabrik, sondern ein komplett autarkes Unternehmen“, erklärt Norbert Ballhaus von der Fördergemeinschaft Bergbautradition.

Das Glas mit Schnibbelbohnen fehlt nicht

Auch bei der „Schwere“ der Infos gibt es Abwechslung: Hier ein altes Glas eingemachte Schnibbelbohnen als Leihgabe aus dem Haus des Bergmanns, dort ein aufwendig geflochtenes Körbchen, das davon zeugt, dass ein Zwangsarbeiter aus Russland während der Nazi-Herrschaft dieses gegen Nahrungsmittel eintauschen musste. Zur schlimmsten Zeit, so ist an der Infowand nachzulesen, waren 57, 7 Prozent oder 2467 der Bergleute auf Friedrich-Heinrich nicht freiwillig dort.

Hier glänzt eine alte Grubenlampe, deren Zusatzinfo „Friemann und Wolf, Typ 400, um 1920“ eher

Was zum Knöpfchendrücken: Das Modell von Friedrich-Heinrich.
Was zum Knöpfchendrücken: Das Modell von Friedrich-Heinrich. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Experten anspricht. Dort ein paar alte Marken, wo jeder Ex-Bergmann sofort nachschaut: Pattberg oder Friedrich-Heinrich? Die blechernen Marken bzw. deren Abwesenheit zeigten im Vermisstenfall an: Ist nach der Person über oder unter Tage zu suchen? Daneben eine „Geduldsflasche“, das „Buddelschiff“ der Bergleute, in dem kein Schiff schwimmt, sondern ein Bergmannschor drapiert ist. In der Mitte zeigt ein Exponat der Hochschule einen modernen, möglichen Weg der Energiegewinnung vom Sauerkraut bis zum Strom.

Ab nächste Woche gibt’s was für die Kleinen

Für die kleinen Bergbau-Experten in spe gibt es ab nächste Woche eine neue Attraktion: Dann ist der „Fuhrpark“ draußen mit alten Grubenbahnen fertig aufgebaut und darf definitiv beklettert werden, sagt Dirk Thomas von der Fördergemeinschaft, die die Restauration der Bahnen zusammen mit dem TÜV Nord gestemmt hat.

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Das Info-Zentrum ist städtisch. Es wird auch nach der Laga weiterbetrieben. Susanne Rous arbeitet schon an Konzepten, wie Schulen oder Kitas eingebunden werden können. Dezernent Müllmann sieht das optimistisch: „Wir haben ja auch tausend Besucher jährlich im Lehrstollen.“