Moers. So lange wie sie war niemand in der Gastronomie-Szene in Moers aktiv. Nun gehen Ruza und Ive Mikelic in den Ruhestand.

Sie sind die dienstältesten Gastwirte von Moers, haben in 40 Jahren Unionsklause eine Art Legendenstatus erworben und nach einer kurzen Pause zuletzt ihre Gäste fast zwei Jahre in der Trotzburg bedient. Jetzt sind Ive Mikelic und seine Frau Ruza Rentner. Ihr Restaurant „Ive“, das seit fünf Wochen wegen der Coronakrise geschlossen ist, wird das Paar nicht wieder eröffnen. Die Entscheidung, in Rente zu gehen, ist allerdings früher gefallen und hat nichts mit der Pandemie zu tun: „Ich habe den Mietvertrag zum 31. Mai gekündigt“, berichtet Ive Mikelic.

Der 72 Jahre alte Kroate hält die Zeit für reif, „adieu“ zu sagen, wie er es formuliert. Und selbst wenn er jetzt noch für ein paar Wochen öffnen dürfte, würde er es nicht tun: „Abstand halten, Masken tragen – das ist nicht gemütlich, das wäre nicht meine Gastronomie, das will ich nicht mehr und ich muss es zum Glück auch nicht.“

„Gastronomie ist, wie du die Leute begrüßt, wie du auf sie zugehst und mit ihnen redest“, erklärt Ive Mikelic

1978 haben Ive und Ruza die Unionsklause an der Uerdinger Straße übernommen und aus der Kneipe, in der es Russisch’ Ei und Schnittchen gab, ein Restaurant gemacht. Balkanküche wurde aufgetischt, saisonale Gerichte – und viel Fisch, was auch mit Ives Familiengeschichte zu tun hat. Sein Vater war Berufsfischer.

Doch für das Ehepaar war das Restaurant stets mehr als ein Ort der bloßen Nahrungsaufnahme: „Gastronomie ist, wie du die Leute begrüßt, wie du auf sie zugehst und mit ihnen redest“, erklärt Ive Mikelic. „Die Leute kommen nicht nur zum Essen.“ Eine überzeugende Karte und gute Küche reichten nicht. „Der Gast muss merken, dass du das gerne machst, dass du dich freust, wenn er sich bei dir wohlfühlt“, hat er in einem früheren Gespräch sein Credo einmal beschrieben. Den Mikelics scheint das gelungen zu sein. 90 Prozent ihrer Gäste seien Stammkunden gewesen, sagt Ive.

Als 2018 kurz nach dem 40-jährigen Bestehen der Unionsklause der Mietvertrag auslief, hatte Ive Mikelic noch nicht genug: „Ich hatte das Gefühl, dass das nicht alles gewesen sein sollte. Das ging alles zu abrupt.“ Nur sechs Wochen nach der Schließung hatte er ein neues Restaurant in der Trotzburg, dem er seinen Namen gab: „Ive“. Seine Frau Ruza war dabei, die langjährige Chefköchin, die Beiköche und das Servicepersonal, so dass man auf das bewährte Rezept setzen konnte. „Ich konnte mich noch mal austoben“, scherzt Mikelic. Anders als früher habe man dort auch Gesellschaften bewirtet, runde Geburtstage und Kommunionsfeiern gehabt, manchmal bis zu 60 Personen.

Noch ist nicht klar, wo Ruza und Ive Mikelic ihren Ruhestand verbringen

Trotz der letzten schwierigen Wochen habe er die Entscheidung, nach der Unionsklause ein neues Restaurant aufzumachen, nicht bereut. Zudem habe er nur Mietverträge über jeweils ein Jahr unterschrieben, was ihm jetzt zugute komme. Die Finanzhilfe vom Land habe zwar nicht alle von der Coronakrise verursachten Kosten gedeckt, aber er müsse sich keine Sorgen machen, nicht ein auskömmliches Leben führen zu können.

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Wo das sein wird? Ruza und Ive denken auch darüber nach, nach Kroatien zurückzukehren, aber das ist noch offen. Moers sei auch ihre Heimat geworden, Kinder und Enkel leben in Deutschland. „Wir sind hier hineingewachsen“, sagt Ive Mikelic. Es sei schön, durch die Stadt zu gehen, ehemalige Gäste, von denen einige zu Freunden geworden sind, zu treffen und erkannt zu werden.

Mikelic genießt es, erkannt zu werden. „Wissen Sie was“, sagt er schmunzelnd, „mein Sternzeichen ist Löwe. Ich bin gerne auf der Bühne.“

>>> Die Nachfolge ist noch nicht geklärt
Für die Trotzburg gab es bereits einen Nachfolgewirt, berichtet Ive Mikelic. Er habe das Restaurant ab 1. Juni weiterführen wollen, sei aber wegen der Coronakrise zunächst abgesprungen.

Die ganze Situation sei derzeit für die Gastronomie sehr unsicher. Möglicherweise werde sein Nachfolger zu einem späteren Zeitpunkt die Trotzburg wieder eröffnen.