Moers/Rheinberg. Die ambulante Pflege kämpft mit den Folgen des Coronavirus. Betriebe in Moers und Rheinberg beklagen Nachfragerückgang und knappe Ressourcen.

Kaum eine Branche bleibt derzeit von den Auswirkungen der Coronapandemie verschont. Die ambulante Pflege ist ein Bereich, der sie gleich an mehreren Fronten spürt: Veränderte Arbeitssituationen, Ressourcenknappheit und verunsicherte Kunden, die Leistungen schneller abbestellen. Kleinere und größere Betriebe stehen hier vor unterschiedlichen Herausforderungen.

So berichtet etwa Ralf Leier, der gemeinsam mit seiner Frau den kleinen privaten Pflegedienst „Nina und Ralf“ in Rheinberg betreibt, von einem „deutlichen Nachfragerückgang“. Fast die Hälfte seiner Kunden bzw. deren Angehörige haben mittlerweile die Pflege abbestellt – mit Verweis auf die Coronapandemie.

Angst vor Ansteckung: Kunden bestellen ambulante Pflege ab

Ganz so hart trifft es „Die Pflege“ aus Moers zwar nicht, doch auch hier hätten in den vergangenen vier Wochen Patienten Einsätze abgesagt – rund 15 Prozent, wie das Unternehmen auf Anfrage erklärt. Hauptsächlich sei es dabei zwar um hauswirtschaftliche Unterstützung oder auch Hilfe beim Waschen gegangen, was dank Homeoffice nun auch Angehörige übernehmen können.

Allerdings betrachtet der Pflegedienst die Entwicklung in der medizinisch-pflegerischen Versorgung sorgenvoll: „Hier werden z.B. Wundversorgungen und Kompressionsverbände jetzt von Angehörigen durchgeführt, ohne das nötige Know-how.“

Stimmung ist "besorgt, aber nicht hysterisch"

Die Unsicherheit unter Patienten und Angehörigen ist seit dem ersten Corona-Fall in Deutschland nicht überall gleich schnell angekommen. Als etwa Ralf Leier Ende Februar begonnen hat, während der Pflege seiner Kunden eine Atemschutzmaske zu tragen, sei er oftmals noch belächelt worden, erzählt er.

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Zur gleichen Zeit habe im Kundenkreis von „Die Pflege“ durch die mediale Berichterstattung bereits Verunsicherung geherrscht. Zunächst habe das Unternehmen mit einem Informationsschreiben reagiert und darin über die Hygieneempfehlungen des Robert-Koch-Instituts informiert: „Da ging es vorerst um vermehrtes Händewaschen, die Hust- und Niesetikette einzuhalten, verhindern von Händeschütteln“, erläutert die Hygienebeauftragte Sabine Laschet. Sie habe viele Telefonate geführt um den Patienten die Sorge zu nehmen: „Hier ging es im Wesentlichen um die Infektionsgefahr durch unsere Mitarbeiter.“ Mittlerweile sei die Stimmung unter den Patienten „besorgt, aber nicht hysterisch“.

Masken: "Da muss eine politische Entscheidung her"

Mittlerweile geht ambulante Pflege gar nicht mehr ohne Masken. Sie gehören hier – wie auch an vielen anderen Stellen – mittlerweile zum Alltag. Damit jedoch gehen zwei Probleme einher:

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Zum einen, tragen nicht alle die gleiche Art von Schutz. „Wir setzen konsequent auf Eigenschutz“, erläutert Ralf Leier. Das heißt: Bei der Arbeit, mittlerweile auch beim Einkaufen tragen er und seine Frau FFP2-Masken – Viren können nicht rein, wohl aber raus. Er hatte noch vor dem Engpass genügend erworben, sein Zwei-Mann-Betrieb komme mit seinem Bestand vorerst aus. Allerdings bemängelt er, dass er selbst entscheiden musste, welche Art von Maske er verwendet: „Da muss eine politische Entscheidung her, denke ich.“

Preise für Schutzausrüstung steigen rasant

Derweil setzt man bei „Die Pflege“ auf einen Mund-Nase-Schutz, wie er vom RKI empfohlen wird – zum Fremdschutz. Allerdings sind hier bekanntermaßen die Ressourcen knapp, Preise für Schutzkleidung in Desinfektionsmittel seien in die Höhe geschnellt: Der normale medizinische Mundschutz – der zumal auch essentiell ist für die Versorgung von Patienten mit z.B. multiresistenten Keimen – liege mittlerweile bei 2,50 Euro das Stück. Vor Corona waren es fünf Cent.

Bei Verdachtsfällen oder tatsächlichen Covid-19-Erkrankungen müssten dann aber ebenfalls FFP2-Masken verwendet werden. Diese habe „Die Pflege“ noch im Februar für 60 Cent pro Stück bekommen, „jetzt müssen wir Angebote für 6,50€ je Stück annehmen und hoffen, dass wir berücksichtigt und zeitnah beliefert werden.“ Bisher gab es allerdings noch keinen solchen Fall.

Kontakt der Mitarbeiter wird vermieden

Eine weitere Maßnahme, die das Unternehmen ergreift um das Infektionsrisiko zu minimieren, ist etwa die räumliche Trennung der Mitarbeiter. Verwaltungsmitarbeiter befinden sich im Homeoffice während die rund 200 Mitarbeiter aus der Pflege, Palliativversorgung und Betreuung ihre Materialien kontaktarm auf dem Parkplatz bekommen.

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Nur vor 7 und nach 16 Uhr kommen sie noch in die Büroräume, dann aber auch einzeln. Touren werden so geplant, dass sich die Bürozeiten nicht überschneiden und auch, dass es möglichst wenig Wechsel der Mitarbeiter gibt.

Vor solchen Entscheidungen steht Ralf Leier nicht. Wenngleich sein Pflegedienst eher aufgrund des Fachkräftemangels nur ein Zwei-Personen-Betrieb ist und nicht aufgrund einer unternehmerischen Überlegung, ist er in diesen unruhigen Zeiten manchmal sogar froh, keine Angestellten zu haben. Zugleich ist aber auch sein Risiko größer: Würde sich einer seiner Patienten infizieren und er und seine Frau in der Folge in Quarantäne müssen, würde das wahrscheinlich das Aus für seinen Betrieb bedeuten.