Kamp-Lintfort. Das Ende nach vier Jahren im Fahrradsattel kam für den Kamp-Lintforter Tobias Bausch plötzlich und nicht freiwillig. Ein Kontinent fehlte noch.

Nach fast vier Jahren auf Tour rund um den Globus und fast 20.000 Kilometern im Sattel ist Weltumradler Tobias Bausch seit einer Woche wieder zurück in Kamp-Lintfort. Das allerdings nicht ganz freiwillig – und vorerst ohne Fahrrad: Wegen der auch in Australien nach Ausbruch der Corona-Pandemie verschärften Auflagen und Lebensumstände für Reisende mit einem befristeten Visum musste der Kamp-Lintforter seine Weltreise vorzeitig abbrechen.

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Zuletzt jobbte Tobias im westaustralischen Kalgoorlie, etwa 600 Kilometer entfernt von Perth, als

Tobias Bausch war auch in China. Ist schon lange her: 2017.
Tobias Bausch war auch in China. Ist schon lange her: 2017. © Privat

Wachmann. Seine Aufgabe: Kontakt zu Arbeitern halten, die in beengten, von der Außenwelt abgeschlossenen Behältern wie zum Beispiel Tanks arbeiten müssen. Während in Deutschland schon die ersten Maßnahmen gegen das Virus ergriffen wurden, sei es in Australien zunächst noch ruhig gewesen, erzählt Tobias. Dann ging plötzlich alles sehr schnell. Von einem Tag auf den anderen verlor er wegen der neuen Auflagen seinen Job. „Da habe ich noch überlegt, ob ich erst mal mit meinem Rad durchs Outback fahre. Aber dann hieß es wenig später auch schon, dass auch Reisen im Inland nicht mehr möglich sind.“ Ohne jegliche Einkünfte einfach in Australien auszuharren war für ihn keine Option. „Dann war klar – es geht nur nach Hause.“

Rückreise verschleißt Nerven

Die Rückreise hat den 29-Jährigen nicht nur Nerven, sondern wegen plötzlich stornierter Flüge auch eine Stange Geld gekostet. Ob und wieviel er davon wiedersieht, weiß er noch nicht. Dazu kommt, dass er ohne sein Fahrrad in Deutschland gelandet ist. „Das soll wohl noch in Bangkok sein“, hat Tobias zuletzt von der Fluggesellschaft gehört. „Schade, ich wäre gerne mit dem Rad vom Bahnhof die letzten Kilometer zurück nach Kamp-Lintfort gefahren, allein schon für das Feeling.“

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Seine Ankunft am letzten Mittwoch am Frankfurter Flughafen hat ihn befremdet: „Wenn man in Deutschland landet, ist das so, als wäre gar nichts passiert.“ Bei der Zwischenlandung in Bangkok sei bei ihm und den anderen Passagieren noch Fieber gemessen worden, in Frankfurt geschah nichts dergleichen. „Das ist ziemlich ernüchternd“, findet Tobias.

Aus dem USA-Trip wird nichts

Eigentlich hatte er geplant, im Juni in die USA zu fliegen, das nötige Visum war bereits genehmigt. Dort wollte er mit dem Fahrrad von Alaska runter bis nach Südamerika fahren, „so weit ich gekommen wäre“.

Tobias Bausch auf einer ganz speziellen Brücke in Armenien. Armenien
Tobias Bausch auf einer ganz speziellen Brücke in Armenien. Armenien © Privat

Dann wäre es in den Flieger nach Portugal gegangen und von dort mit dem Rad wieder nach Kamp-Lintfort. Wie es weitergehen soll, wenn das Corona-Virus das selbstbestimmte Leben der Menschen endlich nicht mehr im Griff hat?

„Vielleicht fliege ich Ende des Jahres noch einmal nach Australien und radel dann durchs Outback.“ Sein ursprünglicher Plan, den amerikanischen Kontinent von Nord nach Süd zu durchqueren, sei nun für ihn schwierig zu realisieren. „In Alaska muss ich wegen der Temperaturen im Juni oder Juli starten. Ob ich das noch einmal angehe, weiß ich nicht.“ In jedem Fall wolle ein Neustart gut überlegt sein. „Ich bin da aber im Moment ganz entspannt, ich habe keine großen Ansprüche.“

„Man sieht die Welt anders“

Im Juni 2016 war Tobias von Kamp-Lintfort zuerst nach Polen zum Weltjugendtag geradelt und hatte von dort aus seine Weltreise über Süd- und Osteuropa, Asien bis nach Australien gestartet. Am besten gefallen

Tobias Bausch auf einer Sommerrodelbahn in Teheran am Tochal.
Tobias Bausch auf einer Sommerrodelbahn in Teheran am Tochal. © Privat

hat es ihm im Iran – „wegen der unglaublichen Gastfreundschaft“ – auch Taiwan steht ganz oben auf der Liste. „Taiwan war seit Europa das erste Land mit Radwegen auch außerhalb der Städte und landesweit ausgeschilderten Radwegen.“

Die vier Jahre seiner entschleunigten Reise hätten ihn verändert, sagt er: „Man sieht die Welt anders, hat ein besseres Verständnis für Menschen und andere Kulturen. Die allermeisten Menschen auf der Welt wollen einfach nur ein friedliches Leben führen.“ Das geordnete Leben in Kamp-Lintfort habe er während der ganzen Zeit nicht vermisst. „Ich wollte mich ja schon vorher nicht in den Zwang begeben, immer eine geregelte Arbeit zu haben. Ich werde nicht für ewig hier bleiben.“

Gestern (Freitag) hat Tobias Bausch seinen 29. Geburtstag gefeiert. Eine Party mit all den Freunden und Bekannten, die er vier Jahre lang nicht gesehen hat, durfte es wegen der Corona-Epidemie nicht geben. „Mal schauen, was kommt“, sagt Tobias, „ich bin mittlerweile sehr spontan.“