Kamp-Lintfort. Der Kamp-Lintforter Frank Reinert setzt die beiden Zechentürme dramatisch in Szene. Das hat etwas mit seinem Blick aus dem Schlafzimmer zu tun.
Mehr Drama geht kaum: Wenn der Kamp-Lintforter Jung’ Frank Reinert „seine“ Zechentürme in Szene setzt, dann zeigt er nicht irgendeinen Himmel im Hintergrund. Dann türmen sich die dunklen Wolken, drängen sich Sonnenstrahlen mit Macht hervor. Und der große Zechenturm von ehemals Friedrich-Heinrich leuchtet noch röter als sonst schon, der grüne zeigt seine gift-grüne Seite. Reinerts Fotografien sind keine Abbildungen der Wirklichkeit. Sie sind seine persönlichen Liebeserklärungen an sein Lieblings-Model: Zechenturm mit Wildgänsen, Zechenturm mit Magnolienblüte, Zechenturm mit Laser-Show.
Dabei ist der 56-Jährige selbst nie eingefahren. Aber seine Großväter waren beim Bergbau. „Meine
Kindheit habe ich in der Altsiedlung verlebt“, erklärt der Fotograf. Und, naja, wer von seinem Schlafzimmerfenster immerzu auf die Türme schaut, den lassen sie eben nicht los. Mal ganz zu schweigen von der Ästhetik dieser Riesen-Bauten, die einen ambitionierten Lichtbildner geradezu ansprechen muss.
Auch interessant
Seit drei Jahren begleitet Frank Reinert den Abbruch und den Neuanfang auf dem Kamp-Lintforter Zechengelände ehrenamtlich für die Stadt. „Mittlerweile darf ich ganz alleine – mit Helm – auf dem Gelände spazieren gehen“, freut sich sich der Musiker vom Niederrhein, der mit Liedern einer ganzen Region ebenfalls Liebeserklärungen macht. Anfangs war das noch so: Die Zeche hat im Dezember 2012 geschlossen. Dann meldeten sich an die 200 Fotografen beim „letzten Bergmann“ Peter Wylenzek, ob sie aufs Gelände durften. „Damals hatte die RAG Fotografierverbot erteilt. Aber fünf habe ich ausgesucht, die durften“, erklärt Wylenzek. Reinert war einer von ihnen.
Auch interessant
Und, klar, als es an die Abstimmung in Kamp-Lintfort ging, ob der Turm erhalten bleiben soll, war er klar dafür. „Ich habe ihn auf Fotos mal wegretuschiert. Das sieht komisch aus“, findet er. In all den Jahren hat er eins allerdings noch nicht geschafft: „Ich war noch nie oben.“ Um so mehr freut er sich, wenn der Aufzug in Betrieb geht, der nicht zuletzt während der Landesgartenschau den Besuchern die 360 Stufen zum Turm mit Aussicht überbrücken soll. Fertig sei der Aufzug voraussichtlich schon in der kommenden Woche, wusste Peter Wylenzek am Montag zu berichten.
Und wenn Reinerts Fotografien ansonsten doch sehr farbenfroh sind: Bei zwei Arbeiten in Schwarz-weiß – entstanden in der schönsten Abbruchphase auf dem Gelände – erzeugt er dann doch so etwas wie „Lost-
Places“-Atmosphäre. Trotz allem: Es sei keine Wehmut, die ihn beim Fotografieren begleite, sagt Reinert. „Ich freue mich, dass das Gelände nun zugänglich ist. Das war ja früher nicht so. Und ich freue mich, wenn alles fertig ist.“ Soviel Sinn für die Moderne muss sein. Und noch einen positiven Aspekt kann er den Veränderungen in der ehemaligen Zechenstadt abgewinnen: „Bergbau war früher nie ein Thema in der Familie. Da ging man hin. Fertig. Erst jetzt unterhalten wir uns in der Familie öfter darüber.“
Etwa 30 seiner Arbeiten, die beinahe allesamt die beiden Türme des ehemaligen Kamp-Lintforter Bergwerks ins Visier nehmen, zeigt Frank Reinert jetzt in der Mediathek. Da hat sich auch der Förderturm von Rossenray zwischen gemogelt, ebenso wie ein Portrait eines Bergmanns mit gegerbtem Gesicht. Wem das nicht reicht: Draußen im Foyer läuft eine Diashow mit 300 weiteren Bildern Reinerts.
Zu sehen bis 31. Januar während der Öffnungszeiten der Mediathek: montags bis freitags 14.30 Uhr bis 18 Uh, dienstags, donnerstags und samstags 10 bis 13 Uhr.