Moers/Neukirchen-Vluyn. In Moers und Neukirchen-Vluyn kamen Busse erneut mit mehr als 30 Minuten Verspätung oder auch gar nicht an. Niag sucht weiter Personal.
Es ist ein Donnerstag, so um die Mittagszeit. Christiane Loeh wartet an der Haltestelle Markt in Repelen auf die Buslinie 911 aus Kamp-Lintfort. „Mehr als eine halbe Stunde stand ich da, aber der Bus kam nicht. Gar nicht“, sagt sie. Nur einen Tag später ergeht es ihr ähnlich: „An der Haltestelle Ernst-Holla-Straße in Moers musste ich eine halbe Stunde auf den Bus Richtung Zentrum warten.“ Und am Samstag steht sie gemeinsam mit weiteren Fahrgästen von 12.50 bis 13.30 Uhr an der Haltestelle Augustastraße in Moers und will zum Kö, doch dieses Mal fahren gleich zwei Busse nicht planmäßig. „Was ist los mit der Niag, seit sie privatisiert ist?“, fragt Christiane Loeh – und nicht nur sie.
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Auch Heike Wachtendonk aus Neukirchen-Vluyn fragt in einem Brief an die Redaktion: „Was ist bei der Niag los?“ Sie sei auf den Öffentlichen Personennahverkehr angewiesen und darauf, dass dieser seiner Hauptaufgabe nachkomme. „Doch dieser Auftrag wird in letzter Zeit nicht mehr zu 100 Prozent erfüllt“, so die Neukirchen-Vluynerin. Fast täglich erlebe sie Verspätungen und Busausfälle. „Ich höre auch, wie andere Fahrgäste schimpfen über diese Missstände. Solche Zustände gab es unter der alten Führung der Niag nicht“, ist sie überzeugt.
Peter Himken hat als langjähriger Nahverkehrsnutzer „so langsam die Nase voll“. In einem „Offenen Brief an Vorstand und Aufsichtsrat der Niederrheinischen Verkehrsbetriebe AG“ schreibt er über die Verspätungen und Ausfälle von Busverbindungen: „Für die Verspätungen habe ich wegen der zahlreichen Baustellen ein gewisses Verständnis. Dass aber ein nach Fahrplan angekündigter Bus gar nicht erscheint, macht mich sauer.“ Vor allem, weil „das nicht nur einmal, sondern in der letzten Zeit immer häufiger“, geschieht. Besonders schlimm sei es für „ältere oder gehbehinderte Menschen, an einer Haltestelle ohne Sitzgelegenheit oder Unterstellmöglichkeit“ warten zu müssen, so Peter Himken.
Für das Dienstleistungsunternehmen gilt der Beförderungsauftrag
„Dass wir als Dienstleistungsunternehmen unseren Beförderungsauftrag erfüllen wollen, gilt“, sagt Niag-Betriebsleiter Tobias Jakubowski, auf die Kritik der Fahrgäste angesprochen. Auch seien Verspätungen und Ausfälle nicht Ergebnis eines etwaigen Führungsproblems. Tatsächlich gebe es ein allgemeines Beförderungsproblem, das nicht nur bei der Niag, sondern auch bei anderen Unternehmen zu Tage trete. Dafür verantwortlich seien vor allem infrastrukturelle Schwierigkeiten, so Jakubowski. „Wir haben einen Puffer eingebaut, aber die Planungen sind schwierig, weil wir manchmal morgens nicht wissen, was uns später am Tag erwartet, wo beispielsweise neue Baustellen auftauchen oder aus anderen Gründen Umwege gefahren werden müssen“, sagt der Niag-Betriebsleiter. Bei manchen Linien fahre man derzeit nur von einer Baumaßnahme zur nächsten.
Natürlich habe die Niag auch ein Personalproblem, räumt Tobias Jakubowski ein. Es sei schwierig, Busfahrer zu finden oder Auszubildende für den Beruf. „Aber wir haben eigene Beschwerdestellen eingerichtet, an die sich unsere Fahrgäste bei Problemen wenden können.“
Ein Anrufbeantworter als Gesprächspartner
Heike Wachtendonk aus Neukirchen-Vluyn hat bei einer solchen angerufen: „Nachdem man mich mehrmals an eine andere Stelle verwiesen hat, landete ich auf einem Anrufbeantworter, wo ich meine Daten hinterlassen musste. Und seitdem passierte nichts mehr.“ Da er jetzt nicht wisse, ob sie beim Kundencenter oder beim -service angerufen habe, so der Betriebsleiter, könne er nicht sagen, wo das Problem gelegen habe: „Einfacher ist eine Beschwerde über unsere Homepage, denn die E-Mail-Eingänge haben wir gut im Griff.“ Auf die infrastrukturellen Probleme habe man allerdings keinen Einfluss. Und unter Personalmangel hätten derzeit leider alle Beförderungsunternehmen in der Region zu leiden. „Aber wir suchen weiter neue Fahrer und bilden auch aus.“
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Für die Niag-Kunden ist das alles andere als zufriedenstellend: „So kann man mit Kunden nicht umgehen“, sagt Christiane Loeh. Viele Fahrgäste fühlten sich betrogen, weiß auch Heike Wachtendonk, „weil sie Geld für Leistungen bezahlen, die sie nicht erhalten.“ Wie Peter Hinken weiß, lassen viele Fahrgäste „den Frust am Personal aus“. Doch das gebe sein Bestes. Der Führungsriege der Niag rät er daher: „Um das zu verstehen, sollten Sie vielleicht einmal für vier Wochen Ihre Vorstands- beziehungsweise Aufsichtsratssessel mit dem Fahrersitz in einem Ihrer Busse eintauschen. Erst danach werden Sie die Situation bei Ihrem Unternehmen und den Frust Ihrer Fahrgäste verstehen.“