Kreis Wesel. Mutlos, mit Lücken, kein Mehrwert: Zur Wolfsverordnung des Umweltministeriums gibt es viel Kritik - und einige Positionen werden deutlich.
Die Ausweisung des Wolfsgebiets, Förderrichtlinie, Herdenschutzmaßnahmen: Seit 2018 hat das NRW-Umweltministerium um die inzwischen zurückgetretene Ministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) für die Menschen im rechtsrheinischen Kreis Wesel eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Knapp vier Jahre später lebt hier nicht mehr nur ein Wolf, sondern ein Rudel; Zäune werden übersprungen, es gibt viele Wolfssichtungen und auch Ponys werden gerissen. Die Menschen im Wolfsgebiet, allen voran Weidetierhalter, stellen sich weiter viele Fragen – mit ihnen muss sich dann auch das neue Umweltministerium auseinandersetzen, das sich nach der Wahl in wenigen Wochen formieren wird.
Genauso wie mit der kürzlich noch beschlossenen Wolfsverordnung, zu der es weiter viel Kritik gibt. Mutig sei etwas anderes, in ihr stehe nicht viel drin, sie sei keine Lösung – das sagte etwa Stefan Steinkühler vom Gahlener Bürgerforum, der am vergangenen Freitag eine Diskussionsrunde zum Wolf in Dorsten moderierte. Dabei sollte die Wolfsverordnung „den Umgang mit unerwünschtem oder problematischem Wolfsverhalten für Verwaltung sowie betroffene Bürgerinnen und Bürger vereinfachen“, wie Ursula Heinen-Esser noch in ihrem Anschreiben an den Landtagspräsidenten zuletzt ausführte.
René Schneider: Verordnung hat „viele Lücken“ - Kritik an fehlendem Mut
Norwich Rüße, umweltpolitischer Sprecher der Grünen, findet die Verordnung zwar „nicht so schlecht“, er sehe sie als Signal, sie komme für ihn aber „viel zu spät“, nun solle sich der nächste darum kümmern. Laut René Schneider (SPD) hat die Verordnung viele Lücken. Er verweist an dieser Stelle auf den Antrag seiner Partei, der die Probleme der betroffenen Tierhalter aus seiner Sicht – mit präventiven Herdenschutzmaßnahmen unter anderem für alle Weidetierhalter – sehr gut gelöst hätte, aber im gleichen Zuge mit der Ankündigung einer Wolfsverordnung abgewiesen worden sei. „Wenn ich vorgebe, wir wollen den Wolf, dann muss ich zumindest die Menschen im Wolfsgebiet in die Lage versetzen, sich zu schützen.“ Einige der politischen Vertreter kritisierten den fehlenden Mut im Umgang mit dem Rudel.
Selbst aus den Reihen der regierenden CDU wurde Kritik laut: „Wir sind nicht zufrieden mit dieser Verordnung“, sagt Rainer Deppe, der für die Partei im Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Naturschutz und Verbraucherschutz tätig ist. Das Ministerium habe gesagt: Mehr sei von rechtlicher Seite nicht drin. „Wir müssen uns an das halten, was durch EU- und Bundesrecht vorgeschrieben ist.“ Seine Partei warne vor der niedersächsischen Verordnung, da diese beklagt werde. In dem Bundesland gab es bereits Abschüsse von Wölfen. Als wichtig aber befindet Deppe, dass die Verantwortung für einen Abschuss nicht mehr beim Kreis, sondern beim Ministerium liegt: „Das kann ich keinem Landrat oder einem Leiter der Unteren Naturschutzbehörde zumuten.“
Charlotte Quik (CDU): „Ich sehe das auch nur als ersten Schritt“
Ein weiterer Einwand von Stefan Steinkühler zur Verordnung: „Was hat die Vergrämung des Wolfes darin zu suchen?“ Sie sei nicht praktikabel. Rainer Deppe erläuterte darauf, dass der Abschuss nicht als einzige Maßnahme aufgeführt werden dürfe. „Wir brauchen die Bestätigung, dass der Wolf einen günstigen Erhaltungszustand hat.“
Auch die CDU-Landtagsabgeordnete Charlotte Quik, die sich erneut deutlich für den Abschuss des Rudels aussprach, sagte zur Wolfsverordnung: „Ich sehe das auch nur als ersten Schritt.“ Eigentlich habe sie sich dafür einsetzen wollen, dass der Deichschutz Teil dieser werde. Dass es nicht dazu gekommen sei, bedauere sie.
An Charlotte Quik gewandt, kritisierte Elke Langenbrink (Die Grünen): Es sei nicht geliefert worden. Der Ansicht ist auch die Kreisbauernschaft Wesel. Deren Vorsitzender, Johannes Leuchtenberg, hatte in der vergangenen Woche im Gespräch mit dieser Redaktion gefordert, dass ein neues Umwelt- und Landwirtschaftsministerium „mehr Mumm“ im Umgang mit dem Wolf haben sollte.
Auch wenn Elke Langenbrinks Parteikollege Norwich Rüße der Meinung war, dass sich der Wolf nicht als Wahlkampf-Thema eignet – kurz vor der Landtagswahl geht es auch um die verschiedenen Positionen in der Debatte. Denn schließlich wird es die zukünftige Landesregierung sein, die auf den weiteren Umgang mit dem Wolf in der Region maßgeblich Einfluss nimmt.