Kreis Wesel. Im Schulausschuss zeichnen die Förderschulen ein intensives Bild ihrer Arbeit und bitten um Hilfe. Die Politik spricht von einem Weckruf.

Es war ein intensives wie eindrucksvolles Bild, das die Leitungsebenen der Förderschulen des Kreises Wesel im vergangenen Schulausschuss zeichneten. In Kurzberichten schilderten sie nacheinander die Situation an ihren Schulen, mal anhand des Gesamtzustandes, mal anhand eines konkreten Beispiels. Auch, wenn die Leitungskräfte unterschiedliche Beispiele lieferten, so einte sie am Ende eines: der dringende Ruf nach Hilfe.

Der Leiter der Schule am Ring in Wesel, Michael Overlöper, steckte den Gesamtrahmen ab. „Wir stehen in den kommenden Jahren massiv unter Druck“, sagte Overlöper. Dem Personalmangel bei Sonderpädagogen, Integrations- und anderen Kräften steht demnach die gestiegene Zahl an Schülerinnen und Schülern entgegen.

Kinder mit unterschiedlichsten Belastungen, physisch wie psychisch, dazu zahlreiche Schülerinnen und Schüler ohne Regelverhalten, ohne Ehrgeiz und ohne Sozialkompetenzen, dafür aber mit drastischen motorischen Defiziten, nannte Michael Overlöper als besondere Herausforderungen. Viele Kinder könnten weder einen Stift noch eine Schere halten, wenn sie zur Schule kämen. Hinzu komme das elterliche Desinteresse.

Zu wenig Personal: Die Förderschulen im Kreis Wesel rufen um Hilfe

„Kann die Förderschule den gesellschaftlichen Veränderungen gerecht werden?“, fragte Overlöper beinahe rhetorisch. Und die Antwort muss wohl nein lauten. Vor allem dann, wenn der Fachkräftemangel nicht zumindest eingedämmt werden kann. „Wir laufen auf allen Ebenen den Menschen hinterher“, so Overlöper. Auch Busfahrerinnen und Busfahrer stünden nicht mehr in ausreichender Zahl zur Verfügung.

Alle Schulleitungen forderten von der Kreispolitik kreative Lösungen für das Personalproblem. Dass der Kreis nichts am Lehrermangel selbst ändern kann, weil das Landesaufgabe ist, wissen die Lehrer natürlich. Doch in allen anderen Bereichen müsse es erfindungsreichere Lösungen geben. Das gelte für Integrationshelfer genauso wie für sozialpädagogische Fachkräfte. Man brauche multiprofessionelle Teams. Helfen könne eine engere Vernetzung zwischen Schulen und Jugendamt, vor allem, um die psychologische Unterstützung zu verbessern.

Außerdem benötige man dringend verlässliche integrative Kita-Plätze, um substanzielle Fähigkeiten zu erlernen, die für den Schulbesuch essenziell seien. Genauso müsse man die Gebäudekonzepte der Förderschulen überdenken, vieles sei veraltet und als Lehr- und Lernort ungeeignet. Beispielsweise fehlten Räume, in denen extrem belastete Schülerinnen und Schüler zur Ruhe kommen könnten. Ein guter Zeitpunkt für diese Forderung, da der Kreis Wesel den Bereich Förderschulen ohnehin neu konzipieren und die Förderschulen in Kamp-Lintfort und Voerde neu bauen möchte.

Generell müsse man „Schule neu denken“, sagte Michael Overlöper, „auch um den Lehrerberuf wieder attraktiv zu machen“.

Die Ausschussmitglieder nahmen die Ausführungen mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Besorgnis zur Kenntnis. „Danke für diesen Weckruf“, sagte etwa Ausschussvorsitzender Arnd Cappell-Höpken (CDU). Richard Stanczyk von der SPD-Fraktion schlug vor, diesen „dramatischen Appell“ auch an die Landtagsabgeordneten weiterzuleiten.

Die Schulleitungen machten dazu deutlich, dass sie nun auch politische Initiative erwarten. Mehrmals bot Michael Overlöper im Namen aller Schulen die Mitarbeit in verschiedenen Gremien an, um die Probleme der Förderschulen jetzt anzugehen.

>>> Förderschulen des Kreises<<<
Der Kreis Wesel ist Schulträger von insgesamt sieben Förderschulen. Dazu gehören vier mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung (GG) in Alpen, Hünxe, Moers und Wesel. Zudem ist der Kreis Träger einer Verbundschule mit den Förderschwerpunkten Sprache (SQ) und Hören und Kommunikation (HK) in Wesel mit zugehörigem Teilstandort in Moers mit dem Förderschwerpunkt Sprache. Darüber hinaus befinden sich die Förderschulen in Voerde und Kamp-Lintfort mit den Förderschwerpunkten Lernen (LE) und Emotionale und soziale Entwicklung (ES) in Trägerschaft des Kreises Wesel.