Kreis Wesel. Es ist eine riesige Aufgabe, die Svenja Reinert Anfang des Jahres übernommen hat. Hier erklärt die Immobiliendezernentin, was sie ändern möchte.

Rund sechs Monate nach ihrem Amtsantritt als neue Immobiliendezernentin im Kreis Wesel ist das die wichtigste Erkenntnis: „Ich bereue nichts“, sagt Svenja Reinert im Gespräch mit der Redaktion. Diese Überzeugung ist wichtig, denn der Aufgabenberg war und ist groß und hätte manch andere womöglich dazu gebracht, die Amtsübernahme noch einmal zu überdenken. 91 Millionen Euro Investitionsstau, dazu mehrere laufende und anstehende Großprojekte mit mehreren mal größeren, mal kleineren Problemen übernahm Reinert Anfang des Jahres. Und nachdem sie sich zunächst einen konkreten Überblick verschafft hat, geht sie die Baustellen in der zweiten Jahreshälfte nun an.

Wie Svenja Reinert den Investitionsstau im Kreis Wesel in den Griff bekommen will

Es beginnt damit, dass Svenja Reinert die Großprojekte des Kreises aus dem Fachdienst 65 herauszieht und ihrem eigenen Arbeitsbereich zuschlägt. Der Berufsschulcampus Moers, die Berufskollegs Wesel und Dinslaken sowie die Neustrukturierung der Förderschulen des Kreises gehen damit direkt über ihren Schreibtisch. Das sei wichtig, so die Dezernentin: „Der Fachdienst muss arbeiten können, ohne an weitere Projekte gebunden zu sein.“ Die Anbindung direkt an das Vorstandsmitglied führe dazu, dass Zuständigkeiten und Verantwortung klar definiert seien. Zur Unterstützung hat der Kreis eine Projektmanagementstelle ausgeschrieben, die in der zweiten Jahreshälfte besetzt werden soll.

Alle Projekte bekommen messbare Controllingdaten, anhand derer der Fortschritt und etwaige Schwierigkeiten erkennbar werden. Das sei eine Erkenntnis aus den Problemen, die in Moers aufgetreten seien, so Reinert. Neben Corona und dem Angriff Russlands auf die Ukraine, die Personalengpässe, gerissene Lieferketten, die höhere Materialkosten auslösten, habe es in den vergangenen rund zehn Jahren mehrere Personalwechsel gegeben. Die Arbeit sei durch viele Hände gegangen, eine durchgängige Struktur habe es nicht gegeben. „Nicht alle arbeiten gleich“, sagt Svenja Reinert und will es nicht als Vorwurf verstanden wissen. Dadurch habe es aber auch „keinen roten Faden“ in der Planung gegeben. „Die Planung selber hat gut stattgefunden. Aber dort, wo ein Personalwechsel stattfindet, erfolgt auch immer ein Wissensverlust“, so Reinert. Dies könne bei so einem komplexen Bauvorhaben zu Verzögerungen führen.

Für den roten Faden bei den Großprojekten sollen zukünftig Teams zuständig sein, die sich aus einer Projektleitung, zwei Projektingenieurinnen oder -ingenieuren, einer Verwaltungsstelle und einer technischen Assistenz bilden sollen. Der Förderschulkomplex hat einen höheren Personalaufwand, dort sind vier Projektingenieursstellen vorgesehen. Mehrere Stellen habe man bereits besetzen können.

Da der Berufsschulcampus Moers so gut wie fertig sei, habe man freiwerdende Kapazitäten nutzen können, aber externe Bewerbungen habe es ebenfalls gegeben, auch von Architekten und Ingenieuren, so Reinert. Die Bewerbungen landeten zwar nicht massenweise auf dem Schreibtisch, „aber wir bekommen noch gute Leute“, sagt die Dezernentin, die damit auch den Beweis erbracht sieht, dass die Kreisverwaltung trotz starker Konkurrenz aus der freien Wirtschaft noch immer ein attraktiver Arbeitgeber ist.

Ende des Jahres soll die Struktur für die Großprojekte stehen. Ein Posten, der den Kreis Wesel und vor allem Dezernentin Svenja Reinert dauerhaft begleiten wird, ist der Investitionsstau. 91 Millionen stehen hier zu Buche. Dies sei ein rein rechnerischer Wert, um darzustellen, was hätte investiert werden müssen, erklärt die Dezernentin. Man werde priorisieren müssen, sagt Reinert. Manches auf der Liste werde sich auch durch einzelne Projekte überholen, so Reinert mit Blick auf die Förderschulen. Aber klar sei bereits: Die Abarbeitung der Liste „wird Jahrzehnte dauern“.

>>>Instandhaltungskosten<<<
Laut aktueller Rechnung wird für die Instandhaltung öffentlicher Gebäude jährlich 1,5 Prozent des gesamten Wiederbeschaffungswertes empfohlen. Beim Kreis Wesel würde das bei einem Nettoneubauwert (NNBW) von 626 Millionen Euro jährliche Instandhaltungsaufwendungen in Höhe von 9,4 Millionen Euro bedeuten. Bislang liegt man laut Kreis bei jährlichen Instandhaltungskosten von rund 2,4 Millionen Euro.