Kreis Wesel. Das Handwerk im Kreis Wesel ist stark und im Vergleich mit Städten und Kreisen der Metropole Ruhr ganz vorne dabei. Das zeigt eine neue Analyse.

Die wirtschaftlichen Herausforderungen im Kreis Wesel sind groß. Das zeigten zuletzt Zahlen zu den Innovationsprofilen, die dem Kreis im Vergleich zu niederrheinischen Nachbarn einen Rückstand in verschiedenen Wirtschaftsbereichen bescheinigten. Nun aber hat der Regionalverband Ruhr eine Standort- und Potenzialanalyse vorgelegt, in der das Kreis Weseler Handwerk in verschiedenen Kategorien vordere Plätze belegt.

Die Analyse soll das Fundament für den Masterplan bilden, den der RVR gemeinsam mit den drei Handwerkskammern Dortmund, Düsseldorf und Münster erarbeitet. Und glaubt man den Zahlen, dann trägt das Handwerk im Kreis Wesel die Bezeichnung „Wirtschaftsmacht von Nebenan“ durchaus zu Recht. Die Daten zur Analyse stammen zum großen Teil von der Handwerkszählung 2020, sie zeugen aber von der grundsätzlichen Stärke, die das Handwerk zwischen Moers und Hamminkeln, Sonsbeck und Dinslaken besitzt. Zumal die Zahlen laut aktuellen Statistiken von IT.NRW im Folgejahr weiter gestiegen sind.

Handwerk im Kreis Wesel: starke Zahlen, aber Unwägbarkeiten in der Zukunft

Nach den Daten der RVR-Potenzialanalyse liegt der Kreis Wesel mit 2811 Handwerksbetrieben auf Platz 3, hinter dem Kreis Recklinghausen und der Stadt Essen. Beim Umsatz belegt er mit rund 4,2 Millionen Euro den zweiten Platz. Unangefochtener Spitzenreiter ist der Kreis Wesel allerdings dann, wenn man den Umsatz auf die Einwohnerzahl verteilt. Demnach liegt der Kreis Wesel mit einem Umsatz von 9071 Euro pro Einwohnerin und Einwohner auf Platz Eins, gefolgt von der Stadt Bottrop mit 8448 Euro.

Der Umsatz ist laut Analytikern der Bevölkerungsdichte im Kreis Wesel sowie die vorteilhafte Lage beiderseits des Rheins und der starken wirtschaftlichen Verflechtungen in die Niederlande zu verdanken. Dem stimmt der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Holger Benninghoff, zu. Hinzu komme eine gute Produktivität, „die Menschen hier sind fleißig“. Die Verkehrsanbindung durch die zahlreichen Autobahnen sei ebenfalls gut, gleichzeitig habe der Kreis Wesel seine ländliche Prägung erhalten und verfüge im Vergleich mit den Ruhrgebietsstädten noch immer über vermarktbare Flächen, wenn auch nicht mehr viel.

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Neben den harten Standortfaktoren sieht Benninghoff aber auch die regionalen Vorteile in den weicheren Merkmalen. So gebe es einen hohen Organisationsgrad durch zahlreiche Vereine in den Kommunen. „Alle sind untereinander vernetzt“, sagt der Geschäftsführer, „diese Struktur hilft, dass viele Dinge gut laufen.“ Und: „Die Leute sind zuverlässig.“ Alles in allem könne man sagen: „Wir sind hier nicht abgehängt.“

Analyse als Grundlage

Mit dem Masterplan Mittelstand und Handwerk, der gemeinsam mit den Handwerkskammern Düsseldorf, Münster und Dortmund entsteht, möchte der RVR die Stärken bennen und die derzeit grundsätztlich positive Entwicklung des Handwerks in der Metropole Ruhr weiter begleiten. Die Standort- und Potenzialanalyse dient als Grundlage. „Die Daten zeigen ein überdurchschnittliches Wachstum der Betriebszahlen und somit den Bedeutungsgewinn des Handwerks als wichtigen Stabilitätsanker der regionalen Wirtschaft“, heißt es in einer RVR-Pressemitteilung. „Die Analyse bestätigt, dass wir gemeinsam daran arbeiten müssen, die Leistungsfähigkeit des Handwerks auch zukünftig zu sichern. Die Ergebnisse fließen unmittelbar in den Masterplan für das Handwerk in der Metropole Ruhr ein.“

Die positiven Zahlen täuschen allerdings nicht darüber hinweg, dass der Kreis Wesel ebenso wie die anderen Kreise und Kommunen der Metropole Ruhr mit Fachkräftemangel, Demografie und Nachwuchssorgen zu kämpfen haben. Das sehen auch die Statistiker so. Die Großstädte sind in dem Fall den Kreisen gegenüber im Vorteil, weil sie mehr jüngere Leute anziehen und auch mehr ausbilden.

„Die Kreise der Metropole Ruhr verzeichnen dagegen überdurchschnittliche Werte und erwarten zudem eine stärker negative Entwicklung der Bevölkerungszahlen bis 2050“, heißt es in der Analyse. „Insgesamt stellt es für die Metropole Ruhr also eine große Herausforderung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten dar, bestehende Strukturen und die Anzahl zur Verfügung stehender Fachkräfte auch nur stabil zu halten.“ Eher – und besonders in den Kreisen – sei mit rückläufigen Zahlen von Fachkräften und damit auch Betrieben zu rechnen.

Eine Einschätzung, die das Kommunalprofil von IT.NRW für den Kreis Wesel untermauert. Demnach sind 227.368 Menschen und damit nur etwas weniger als die Hälfte der Gesamtbevölkerung bereits jetzt älter als 50 Jahre.