Kreis Wesel. Windkraft von der Nordsee für den Niederrhein: Warum die Suche nach geeigneten Flächen für das Projekt Windader-West so aufwendig ist.
Mit Windkraft erzeugter Strom im Nordseeraum soll unter anderem auch an den Niederrhein transportiert und hier verteilt werden. Nutznießer wären dann in Zukunft allein durch die Leitung nach Wesel zwei Millionen Menschen. Der Strom wird zwar ins gesamte Netz eingespeist, aber natürlich profitiert dann auch die Region davon. Doch davor steht zunächst die aufwendige Suche nach geeigneten Flächen für das Projekt – für die Verlegung der Erdkabel beispielsweise. Wie kompliziert und langwierig dieses Verfahren ist, hat sich kürzlich wieder im Umwelt- und Planungsausschuss gezeigt, als Mitarbeitende des Übertragungsnetzbetreibers Amprion den Stand zum Offshore-Projekt Windader-West erläutert haben.
Zum Hintergrund: Es geht darum, Strom aus den Offshore-Windparks vor den Nordseeinseln Baltrum, Langeoog und Norderney über vier Erdkabeltrassen vom Festland in Niedersachsen aus zum Umspannwerk am Niederrhein nach Wesel, sowie nach Kusenhorst (bei Marl), Rommerskirchen im Rhein-Kreis-Neuss und Oberzier (Kreis Düren) zu transportieren. Linus Dahm, Projektsprecher von Amprion, verweist auf die Novellierung des Windenergie-auf-See-Gesetzes. Bis 2035 sollen Windparks so viel elektrische Leistung bereitstellen wie mehr als 50 große Kohlekraftwerke, schreibt Amprion auf seiner Internetseite.
Welche Rheinunterquerung? Kreis Wesel favorisiert ihn bei Rees
Doch bis dahin ist es nicht nur für die Erdkabel ein langer Weg von der Nordsee aus Richtung NRW. Da ein Ziel definitiv das Umspannwerk in Obrighoven sein wird, verläuft mindestens eine Trasse durch den Kreis. Sie könnte dann entweder in Wesel enden – oder aber bei Voerde den Rhein unterqueren und weiter auf die andere Rheinseite des Kreises führen. Alternativ würde eine Trasse durch den Kreis Kleve und bei Rees unter dem Rhein verlaufen. Das wird noch Sache der zuständigen Behörden sein. Linus Dahm stellt fest: „Wir haben noch keine festgelegte Trasse.“
A-Nord, Zeelink, die Wasserstoffleitung DoHa – Windader West gesellt sich im Kreis Wesel zu weiteren in Planung befindlichen Projekten: Der für den Vorstandsbereich zuständige Dezernent Helmut Czichy hat eine Karte mit in den Ausschuss (siehe Grafik) gebracht, die das verdeutlichen soll. „Wir tragen jetzt schon einen erheblichen Anteil an der Energiewende“, betont Czichy. Aus Sicht des Kreises Wesel sei die Trassenführung mit der Rheinquerung bei Rees daher die bevorzugte. Rainer Gardemann (CDU) weist auf das Trassenbündelungsgebot hin. Zwar läuft ein Abschnitt der Planung im Kreis Wesel entsprechend nahe der Zeelink-Leitung, doch bei Schermbeck gingen die Trassen noch auseinander.
Darüber weitergehend entscheiden muss letztlich auch die Bezirksregierung Düsseldorf. Entsprechende Unterlagen sollen im kommenden April eingereicht werden, für die sogenannte Raumverträglichkeitsprüfung, „früher das Raumordnungsverfahren“, ordnet Dahm ein. Ein exakter Trassenverlauf stehe aber nicht vor Dezember 2027 oder Anfang 2028 fest. Zunächst werde ein etwas größer gefasster Korridor bestimmt – ein 670 Meter breiter Streifen. Diese Breite sei nötig, weil auf diesem Streifen Raum für Arbeiten sein müsse, im Endeffekt werde nur ein Zehntel bearbeitet. Schlussendlich bleibe ein etwa 40 Meter breiter Schutzstreifen, auf dem nicht tiefer gehend gebaut oder tiefer gepflanzt werden dürfe, um im Zweifel einen Zugang zur unterirdischen Leitung zu gewährleisten. Landwirtschaft sei aber durchaus möglich, so Dahm im Nachgang.
Amprion-Projektsprecher: 2032 soll der Strom fließen
Darüber hinaus bleibt noch die Suche nach einem geeigneten Standort für den sogenannten Konverter. Dieser wandele Gleichstrom in Wechselstrom um, „das was aus unserer Steckdose kommt“. Mehrere Flächen stehen laut Amprion-Projektteam zur Auswahl: Bevorzugt betrachtet werde eine 14,5 Hektar große Fläche in Wesel nahe des Umspannwerks, geklärt werden müsse noch die Lage im Überschwemmungsgebiet. Auch ein weiterer Standort am Tanklager in Bucholtwelmen könnte sich anbieten. Noch sei aber nichts entschieden, betont Dahm.
Bundeswehrgelände, Naturschutzgebiete, Siedlungsbereiche – das mache es den Projektplanern schwer, geeignete Flächen zu finden. Auch in einem festgelegten Korridor gebe es noch einiges zu beachten. „Wir versuchen, Waldfläche zu umgehen, weil entsprechend wieder aufgeforstet werden muss“, erläutert Dahm.
Nicht immer sei der kürzeste Korridor aber auch der sinnvollste. Oft geeignet seien landwirtschaftliche Flächen. Wie Amprion zum Thema Enteignung stehe, will Gabriele Wegner (SPD) in der Ausschusssitzung noch wissen. „Wir versuchen immer, Rechtsschritte zu umgehen.“ Eigentümer wie Nutzer würden einen Ausgleich erhalten. Dahm betont aber auch: Fix sei der Zeitpunkt der Inbetriebnahme, „2032 soll der Strom fließen“.