Kreis Wesel. Politiker diskutieren über den Abschuss problematischer Wölfe. Kreisjäger Schulte sieht viele Unklarheiten: So schnell werde sich keiner finden.

  • Auf Bundes- und Landesebene wird derzeit viel über den Abschuss von „problematischen“ Wölfen diskutiert.
  • Die Debatte über den Wolf wird seit Langem sehr emotional geführt. Jäger erleben Anfeindungen.
  • Werner Schulte, stellvertretender Vorsitzender der Kreisjägerschaft Wesel, sieht aktuelle keine Rechtssicherheit und fordert im Fall eines Abschusses: „Die Anonymität muss von offizieller Seite gewahrt bleiben.“

Wie genau Deutschland und die Bundesländer künftig mit dem Wolf umgehen, ist noch nicht final geklärt. Die politische Richtung aber scheint klar: Der Abschuss von „problematischen“ Tieren soll erleichtert werden. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat sich dazu in der vergangenen Woche positioniert. Zugleich hat das NRW-Umweltministerium einen neuen Entwurf zur Wolfsverordnung erarbeitet, der die Möglichkeit zur Abschussgenehmigung konkretisieren soll.

In der Theorie wird viel über den Abschuss gesprochen, doch wer wäre eigentlich vorgesehen, um ihn durchzuführen? Unter der Überschrift „Geeignete Personen“ sieht die aktuell gültige NRW-Wolfsverordnung jemanden, der „über artenschutz-, tierschutz-, waffen- und jagdrechtliche Kenntnisse verfügt“. Geeignet dafür sei etwa die im entsprechenden Bezirk „jagdausübungsberechtigte Person“, im Einzelfall oder grundsätzlich bestimmt werden müsste sie von der zuständigen unteren Naturschutzbehörden, also vom Kreis. Und sie müsste ihr Einverständnis geben.

Emotionale Diskussion zum Wolf: Was der Kreisjäger fordert

Mit Blick auf die aktuelle Rechtslage kein einfaches Unterfangen. Werner Schulte ist stellvertretender Vorsitzender der Weseler Kreisjägerschaft und verfolgt die Diskussionen rund um den Wolf schon seit vielen Jahren. Vermutlich falle die Wahl auf den zuständigen Revierpächter oder den Staatsförster, vermutet er. Allerdings: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand gerne den Wolf schießt, da wird sich so schnell keiner finden.“ Aktuell gebe es überhaupt keine Rechtssicherheit, „es droht eine Prozessflut“, so Schulte im Gespräch mit dieser Redaktion. In einer neuen Konkretisierung der Wolfsverordnung sieht Schulte keinen Mehrwert: „Auch in der aktuellen sind wirtschaftliche Schäden und das zweifache Überwinden aufgeführt, es braucht jetzt keine dritte Verordnung, sondern eine klare Handhabung.“

Bekannterweise wird die Diskussion um den Wolf seit Jahren emotional diskutiert. Anfeindungen fänden bereits heute schon statt, wenn auch nicht personenbezogen sondern gegen die Jägerschaft im Allgemeinen, sagt der Kreisjäger und verweist auf die Community in den sozialen Netzwerken. Es gebe das Vorurteil, „die wollen alle den Wolf abknallen“. Seine Forderung: „Die Anonymität muss von offizieller Seite gewahrt bleiben.“ Angesichts der aufgeheizten Diskussion sei das sonst fatal.

Kreisjäger Werner Schulte: Wolf sollte ins Jagdrecht überführt werden

Dem Vorschlag von Bundesumweltministerin Lemke zufolge könnte eine Abschussgenehmigung erteilt werden, wenn ein Wolf in bestimmten durch die Bundesländer definierten Regionen mit vermehrten Rissen Schutzzäune überwindet und Weidetiere reißt. Geschossen werden könne das Tier laut Umweltministerin dann in den darauffolgenden 21 Tagen in einem Umkreis von 1000 Metern um die Rissstelle, weil anzunehmen sei, dass das Tier dort wieder auftaucht. Eine DNA-Probe brauche es in diesem Fall vorher nicht.

Doch was, wenn der falsche Wolf erschossen wird? Und: „Was ist an Tag 22? Bei 1010 Metern?“, Werner Schulte sieht hier noch viele Unklarheiten. Als Beispiel nennt er den letzten großen Nutztierriss in Dinslaken, an der Stadtgrenze zu Oberhausen. 500 Meter dieses Umkreises seien städtisch, hier könnten Jäger nicht schießen, so Schulte.

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Aus Sicht des Kreisjägers und Landwirts sei es eine Möglichkeit, den Schutzstatus des Wolfs zu senken und ihn ins Jagdrecht zu überführen, um Rechtssicherheit zu schaffen. Dann könne das Tier in Gebieten mit vielen Nutztierrissen ganz normal bejagt, in anderen Regionen allerdings auch ganzjährig nicht geschossen werden. „Regelungen und Bejagungspläne gibt es für jede andere Wildtierart auch“, sagt Schulte. Er sieht einen günstigen Erhaltungszustand des Wolfs in Deutschland, eine „stark steigende Population“.

Nabu im Wolfsgebiet Westmünsterland: „Noch keine akzeptable Lösung“

Die Ortsgruppen des Naturschutzbunds (Nabu) im Wolfsgebiet Westmünsterland sehen in den Vorschlägen der Umweltministerin Steffi Lemke – Ende November beraten die Umweltminister der Länder darüber – vernünftige Ansätze, aber „noch keine akzeptable Lösung“.

So zweifeln sie in einer Pressemitteilung an, dass es in dieser Region ein erhöhtes Rissvorkommen gibt, sie verweisen auf den aus ihrer Sicht oft fehlenden Grundschutz, der bei der Genehmigung eines Abschusses eine wichtige Rolle spielen soll. Sowieso wünschten sie sich den empfohlenen Herdenschutz als Maßgabe. Auch fürchten die Nabu-Gruppen Schnellabschüsse der nicht am Riss beteiligten Tiere genauso wie eine missbräuchliche Nutzung des Verfahrens. „Ob Wolfstötungen dieser Art mit Europarecht zu vereinbaren sind, erscheint nach wie vor fraglich, denn der Abschuss eines nicht am Riss beteiligten Wolfes ist auch bei den vorgeschlagenen Schnellabschüssen nicht unwahrscheinlich“, schreibt der Nabu.

Die Forderung, um Akzeptanz für Wölfe zu erhöhen: „Die Beratung ausweiten, zusätzliche Fördermöglichkeiten für Betriebskosten – also beispielsweise den Unterhalt von Zäunen und Herdenschutzhunden – schaffen. Aber auch die beim Zaunbau säumige Tierhalter sanktionieren. Das sind wenige, aber sie sorgen dafür, dass Wölfe das Überwinden von Herdenschutz bei uns weiterhin an mangelhaften Zäunen lernen“, wird Frank Boßerhoff von der Nabu-Kreisgruppe Wesel zitiert.