Kreis Wesel. Die EU hat angekündigt, den Schutzstatus des Wolfs zu überprüfen. Was Naturschützer und Landwirte im Kreis Wesel zur aktuellen Situation sagen.
Der Wolf ist durch EU-Recht streng geschützt – noch. Denn die Wolfsdebatte hat in den vergangenen Wochen an Fahrt aufgenommen, dem Tier scheint es politisch zunehmend an den Kragen zu gehen. Eine Regelung, um den Abschuss einzelner Problem-Wölfe zu ermöglichen, gibt es bereits, aus Sicht von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sind sie aber zu kompliziert. Zugleich kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an, den strengen Schutzstatus, der eine Bejagung verbietet, zu überprüfen. Und Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) sagte, es müsse auch möglich sein, ganze Rudel zu „entnehmen“ – also zu töten.
Laut der Deutschen Presse-Agentur will sich Bundesumweltministerin Lemke kommende Woche zu konkreten Vorschlägen äußern. Dann können die Vorhaben bei der Umweltministerkonferenz von Bund und Ländern Ende November diskutiert werden.
Landwirte im Kreis Wesel hoffen, dass auf Diskussion Taten folgen
Nachdem ein Gutachter den Abschuss von auffälligen Wölfen wie der lernfähigen Wölfin Gloria als „grundsätzlich zulässig“ bezeichnet hat, fordert Landesumweltminister Oliver Krischer (Grüne) „praxisgerechtere Regelungen im Umgang mit problematischen Wölfen“. Dass auf EU-Ebene die Stimmung zum Nachteil der Wölfe kippt, hat Ursula von der Leyen so formuliert: „Die Konzentration von Wolfsrudeln in einigen europäischen Regionen ist zu einer echten Gefahr für Nutztiere und potenziell auch für den Menschen geworden. Ich fordere die lokalen und nationalen Behörden nachdrücklich auf, Maßnahmen zu ergreifen. Die heute geltenden EU-Regeln sehen solche Befugnisse ausdrücklich vor.“ Daten zu den Wolfsbeständen aus ganz Europa werden zunächst gesammelt.
„Ich hoffe, dass sich etwas zugunsten der Tierhalter tut, sonst hören die stillschweigend auf, damit ist dem Naturschutz nicht geholfen“, sagt Johannes Leuchtenberg, Vorsitzender der Kreisbauernschaft, zur Debatte. Dass Taten folgen, wünscht sich auch Maik Dünow, Vorsitzender der Schafhalter im Kreis: Es sei schön, dass politisch diskutiert werde, aber es sei in der Praxis damit noch lange nicht angekommen, „die Diskussion hätte schon eher geführt werden müssen“. Der Wolf werde bleiben, Dünow fordert daher einen funktionierenden Herdenschutz, der auch finanziert werden müsse.
Nabu Kreis Wesel: Tötung hätte eine fatale Signalwirkung
Erst kürzlich hat die NRW-Landesregierung das ehemalige Wolfsgebiet Schermbeck umbenannt und ausgeweitet (siehe Grafik), mehr Tierhalter können nun Förderungen beantragen – darüber hinaus habe sich nicht viel geändert, so Dünow. Zäune reichten nicht. Als besonders effektiven Schutz haben sich für ihn und andere Halter im Streifgebiet Herdenschutzhunde erwiesen, doch hier werden Anschaffung und Ausbildung nur unter bestimmten Voraussetzungen gefördert: „Warum wird nicht daran gearbeitet, was funktioniert?“ Herdenschutz oder Abschuss, im Moment erkenne er kein System des Umweltministeriums, so Dünow.
Denn der Minister hat kürzlich auch angekündigt, dass gegen Tiere, die geschickt Herdenschutzmaßnahmen überwinden, etwas unternommen werden soll. Wenn damit die Tötung von Gloria gemeint sei, „erscheint uns das zum jetzigen Zeitpunkt unlogisch und hätte fatale Signalwirkung“, wird Frank Boßerhoff, der stellvertretende Nabu-Vorsitzender im Kreis, in der aktuellen Ausgabe der Wolfsmail der im Wolfsgebiet ansässigen Nabu-Gruppen zitiert.
Weiter kein Nachweis von Gloria - Was das Lanuv dazu sagt
Die Naturschützer begrüßen darin, dass der Minister das Thema anpacken möchte, unterstützen zudem, dass es für berechtigte Einzelfälle rechtssichere Lösungen geben muss, verweisen aber auch auf das Rechtsgutachten, welches zeige, dass in knapp drei Viertel der Nutztierrisse Herdenschutz nicht vorhanden oder unzureichend gewesen sei. Das Landesumweltamt (Lanuv) hat seine Auffassung bekräftigt, Nutztierrisse könnten kein Kriterium sein für den Abschuss eines Wolfes. Mit dem Töten von Nutztieren zeige der Wolf aus Sicht des Menschen ein „unerwünschtes“, aber „kein unnatürliches oder auffälliges Verhalten“. Das Töten von Beutetieren diene dem Nahrungserwerb. „Abhilfe schaffen effektive Herdenschutzmaßnahmen, wie zum Beispiel Elektrozäune und Herdenschutzhunde, bei deren Anschaffung das Land NRW die Tierhaltungen finanziell unterstützt.“