Kreis Wesel. Coronaflaute, Fachkräftemangel, zu schlechte Bewerber? Die Berufskollegs im Kreis Wesel verzeichnen einen Schülerschwund. Suchen nach Gründen.
Es gibt weniger Schüler an den Berufskollegs im Kreis Wesel – das zeigte sich jüngst im Ausschuss für Schule, Kultur, Sport und Integration des Kreises Wesel beim Bericht der Schulleitungen. Diese Entwicklung betrifft demnach alle Berufskollegs, allerdings in unterschiedlichem Maß. 9812 Schülerinnen und Schüler lernten, Stichtag 15. Oktober 2022, an den Berufskollegs, knapp die Hälfte davon in der dualen Ausbildung, die andere Hälfte in Vollzeit- oder Teilzeitbildungsgängen. Somit besuchten 3,26 Prozent weniger Schülerinnen und Schüler die Kollegs als noch 2021, im Zehnjahresvergleich aber sind es 15,39 Prozent weniger.
Im Vergleich zum Vorjahr gab es nur im Bereich der beruflichen Vorbereitung kreisweit mehr Schüler, knapp vier Prozent. Gelitten hat die Nachfrage in der dualen Ausbildung (minus 1,43 Prozent), in der Berufsfachschule waren knapp drei Prozent weniger Schüler, in der höheren Berufsfachschule fast acht Prozent, sogar fast elf Prozent im beruflichen Gymnasium.
Wesel verzeichnet mehr Nachfrage im Dualen System
Ein Blick auf die einzelnen Kollegs zeigt: In Wesel gibt es im Schuljahr 22/23 noch 2924 Schülerinnen und Schüler, im Vorjahr waren es 3218 – im Zehnjahresvergleich verlor das Berufskolleg knapp 9,5 Prozent. Die Schulleitung stellt fest, dass in Wesel wieder mehr Azubis duale Ausbildungsgänge besuchen und führt das auf eine nach Corona erhöhte Bereitschaft der Betriebe zurück, auszubilden. Dagegen ist das Interesse an Vollzeitbildungsgängen, die Schüler sind nur am Kolleg, nicht in den Betrieben, und dem beruflichem Gymnasium rückläufig – eine klare Ursache dafür kann das Berufskolleg Wesel nicht ausmachen, will die Entwicklung aber im Blick behalten.
Dinslaken zählte am Stichtag 1900 Lernende am Berufskolleg, 75 weniger als im Vorjahr und 37 Prozent weniger als noch vor zehn Jahren. Weil die Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin kaum noch Interessenten hat, zuletzt gab es in der Unterstufe noch sieben Auszubildende, wird der Bildungsgang auslaufen.
Probleme nach den Corona-Jahren: Zahlreiche Schüler gaben auf
Das Hermann-Gmeiner-Berufskolleg Moers hat aktuell 1126 Schüler, 52 weniger als im Vorjahr, allerdings hat dieses Berufskolleg im Zehnjahresvergleich um 13,28 Prozent zulegen können. Hier kommt die Schulleitung zu einer anderen Einschätzung als die Kollegen aus Wesel: Die Betriebe litten offensichtlich noch immer unter den Folgen der Pandemie, zudem habe die Beliebtheit der Friseurausbildung und der zum Hauswirtschafter gelitten, am Standort Moers – und damit am ganzen Niederrhein – müsse die Hauswirtschaftsausbildung mangels Interesse wohl eingestellt werden. Und die Pandemiejahre haben tiefe Spuren hinterlassen, mehr Azubis als sonst gaben auf, obwohl man versucht habe, sie aufzufangen.
Für das Mercator-Berufskolleg, ebenfalls in Moers, haben sich im Schuljahr 2022/23 insgesamt 2072 Schüler entschieden, zehn weniger als im Vorjahr und im Vergleich zu 2012/13 ein Minus von gut 13,5 Prozent. Schließlich sieht die Statistik für das Berufskolleg für Technik Moers so aus: 1740 Jugendliche besuchen es aktuell, ein Minus von 50 zum Vorjahr und gut 8,6 Prozent weniger als vor zehn Jahren. Die Schulleitung sieht die Ursache für einen Rückgang in der dualen Ausbildung eher darin, dass Betriebe keine passenden Bewerber für ihre Ausbildungsplätze finden. Wegen der rückläufigen Schülerzahlen werden derzeit nur alle zwei Jahre neue Klassen der Unterstufen gebildet.
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