Kreis Wesel. Gemeinsam bauen die Kreise Wesel und Viersen eine Verwertungsanlage für Biomüll. Warum sie als Vorzeigeprojekt und ein Modell der Zukunft gilt.
Vergärungsanlagen für Bioabfall sind sehr teuer und die alte Anlage im Asdonkshof hat beinahe ausgedient. Was tun? Der Kreis Wesel hat mit dem Kreis Viersen den Bioabfallverband Niederrhein (BAVN) gegründet. Gemeinsam bauen sie nun eine große Bioabfallbehandlungsanlage am Asdonkshof, alles in allem 40 Millionen Euro schwer und hochmodern. Jetzt war Grundsteinlegung – eigentlich sah es eher nach Richtfest aus auf der Baustelle an der Asdonkstraße in Kamp-Lintfort, stellten Landrat Ingo Brohl und sein Kreis Viersener Kollege Andreas Coenen fest. Das Projekt ist deutlich vorangeschritten, die Akteure sind sichtlich stolz darauf.
Auf 67.500 Tonnen Bioabfälle im Jahr ist die neue Anlage ausgelegt, die Anfang 2024 in Betrieb gehen soll. 35.000 davon fallen im Kreis Viersen an, 32.500 im Kreis Wesel. Besonders daran ist die sogenannte Trockenvergärung: Es gibt kein nährstoffreiches Abwasser mehr, das auf landwirtschaftliche Böden aufgebracht oder entsorgt werden müsste. 23.000 Tonnen des Biomaterials wandert in den Fermentierer, Biogas entsteht, wird in Blockheizkraftwerken verstromt und ins Stromnetz eingespeist, rund sechs Millionen Kilowattstunden jährlich. Damit können rund 4000 Menschen ihren Strombedarf decken, für Coenen ein „netter Beifang“. Hauptprodukt der Anlage soll hochwertiger Kompost sein, der in der Landwirtschaft genutzt wird und den Wasserhaushalt der Böden verbessert.
Klimaschutz im Fokus
Mit Blick auf Klima und Umwelt soll diese Bioverwertung auf dem Stand des technisch Möglichen sein: 10.000 Tonnen CO2 sollen jährlich eingespart werden, außerdem tritt in den geschlossenen Systemen kein klimaschädliches Methangas aus. Offenbar hat der Ansatz auch die Bundesregierung überzeugt: Knapp sechs Millionen Euro gab das Bundesumweltministerium im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative dazu.
Um Gas und Kompost zu produzieren, muss viel Bioabfall her. Sollte es eine Pflicht zur Biotonne geben, wie sie diskutiert wird um den Gasengpass zu lindern? Helmut Czichy ist der für Abfall zuständige Dezernent in der Kreisverwaltung und stellvertretender Vorsteher des Bioabfallverbands Niederrhein. Er hält von solchen Plänen nichts, denn der Erfolg der Kompostanlage stehe und falle mit der Qualität des Bioabfalls. „Stellen die Landwirte einmal fest, dass zu viel Kunststoff im Kompost oder der schlecht ist, bedeutet das einen Imageschaden“, sagt er. Da sei ihm lieber, die Leute setzen freiwillig auf die Biotonne. „Dann ist das Material auch ordentlich.“
Was in der braunen Tonne ordentlich ist und was nicht, darüber will der Kreis jetzt stärker informieren. So sind künftig Essensreste durchaus erwünscht: Sie sind energie- und damit hilfreich für die Biogasproduktion. Ein einziger Plastikaufkleber auf einer Wassermelonenschale hingegen kann den Inhalt der ganzen Tonne wertlos machen, erläutert Cornelia Bothen, Sprecherin der Kreis Weseler Abfallgesellschaft. Da ist Information gefragt.
Optimistisch blickten die Akteure bei der Grundsteinlegung in die Zukunft. Landrat Ingo Brohl erklärte, den Kreis Wesel in die Klimaneutralität führen zu wollen, die Anlage sei ein Schritt dahin. Beide Landräte erklärten die interkommunale Zusammenarbeit für einen guten Weg, den man öfter gehen könnte. Was allein nicht zu stemmen ist, geht im Team.