Kreis Wesel. Seitdem sich Gloria im Kreis Wesel niedergelassen hat, ist die Zahl der Schafhaltungen zurückgegangen. Doch nicht nur der Wolf bereitet Sorgen.

Weidende Schafe auf einer Wiese - ein typisches Bild am Niederrhein, speziell am Deich ist es häufig zu sehen. Doch es nicht allein die Angst vor dem Wolf, die diesen Anblick bedroht. Es sind auch große Nachwuchssorgen, welche die Schafhalter umtreiben. Der Altersschnitt liege bei 65 Jahren. Bundesweit gebe es aktuell nur 15 Lehrlinge, sagt Maik Dünow, Vorsitzender der Schafhalter im Kreis Wesel. „Da weiß man, wo die Reise hingeht.“

Mehr als 2000 Tiere weniger im Wolfsgebiet Schermbeck

Die Zahlen, die der Kreis Wesel auf Nachfrage nennt, bestätigen, dass kreisweit immer weniger Schafe gehalten werden. Aktuell gibt es hier den Angaben zufolge 406 Schaf- und 210 Ziegenhaltungen - die Haltungen seien unterschiedlich groß, sie umfassen einzelne bis hin zu tausend Tieren. Die Zahlen seien insgesamt rückläufig, heißt es. Extrem rückläufig aber seien sie im Wolfsgebiet Schermbeck, wo seit Niederlassen des Wolfsrudels mehr als 2000 Tiere weniger gehalten werden als davor. Vor allem kleinere Betriebe haben in den vergangenen Jahren aufgegeben. Gerade bei engen Beziehungen zu den Tieren sei die Angst vor Übergriffen groß. Für viele Halter ist der Aufwand, Herdenschutz zu betreiben, zudem eine Hürde.

Und jetzt sorgen sich nicht nur Schafhalter auf der rechten, sondern auch auf der linken Rheinseite. Im Februar wurden Schafe in Xanten gerissen. Das Lanuv hatte DNA-Spuren eines Rüden aus den Niederlanden bei den toten Tieren gefunden. Da es in den vergangenen Wochen allerdings auch keine weiteren Auffälligkeiten gab, geht das Lanuv derzeit davon aus, dass die Risse zuletzt von einem durchziehenden Tier stammen. Mit einem Video aus Alpen aus dem Januar, das zuletzt vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) geprüft wurde, ließ sich derweil ein Wolf nicht bestätigen. „Die Qualität des Bildmaterials ließ eine eindeutige Identifizierung nicht zu“, heißt es dazu vom Lanuv „Die Qualität des Bildmaterials ließ eine eindeutige Identifizierung nicht zu“, heißt es dazu vom Lanuv.

Video in Alpen: Bildqualität schlecht - Wolf wurde nicht bestätigt

Zwar sind die Voraussetzung für die Ansiedlung hier andere als im Wolfsgebiet Schermbeck, wo Wölfin Gloria und ihr Rudel viel Waldfläche vorfinden können, wie etwa der stellvertretende Nabu-Vorsitzende Christian Chwallek kürzlich erläutert hat. Trotzdem erwartet Maik Dünow auf Dauer, dass sich auch linksrheinisch ein Wolf niederlassen könnte. Weil Schafhalter rund um Xanten zur sogenannten Pufferzone um das Wolfsgebiet Schermbeck zählen, können sie zwar bei der Landwirtschaftskammer NRW Hilfen für Herdenschutzzäune beantragen. Maik Dünow kritisiert aber, dass sie nicht bei der Anschaffung von Herdenschutzhunden unterstützt werden. Damit macht er bei seinen Schafherden gute Erfahrung zum Schutz vor dem Wolf. Dünow gibt allerdings zu bedenken, dass es eine Vorlaufzeit von mindestens zwei Jahren brauche, bis die Hunde in der Lage sind, die Herden zu bewachen.

Schäfermeister Maik Dünow macht mit seinen Pyränen-Berghunden gute Erfahrungen, um seine Herden vor dem Wolf zu schützen.
Schäfermeister Maik Dünow macht mit seinen Pyränen-Berghunden gute Erfahrungen, um seine Herden vor dem Wolf zu schützen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Neben dem Wolf nennt der Kreis aber auch fehlende Nachfolger bei den Tierhaltungen als Grund für die zurückgegangenen Zahlen, „der Ausstieg wird vorgezogen“. Mit Blick auf den Wolf und die Nachwuchssorgen seiner Zunft betont Dünow: „Wenn die Schafhaltung am Niederrhein wegbricht, haben wir ein echtes Problem.“ Er spielt damit auch auf die Bedeutung der Tiere etwa für den Hochwasser- sowie den Naturschutz an. „Die Beweidung hat den Vorteil, dass Flächen offengehalten werden“, erläutert Thomas Trail von der Biologischen Station im Kreis Wesel. „Es gibt Arten, die brauchen solche Flächen.“ Einige Insekten- und Pflanzenarten fallen darunter, auch manche Vögel profitierten, als Beispiele nennt er den Ziegenmelker und den Baumpieper.

Der Kreis betont auf Nachfrage: „Eine ständige Beweidung der Deiche ist unerlässlich für eine stabile Grasnarbe, die wiederum notwendig für einen effektiven Hochwasserschutz ist.“ Dafür sei die Beweidung durch Schafe alternativlos.