Kreis Wesel. Die Krankenkasse AOK hat ihren aktuellen Gesundheitsreport für den Kreis Wesel vorgestellt: Sorge um Ärzteversorgung, deutliche Corona-Folgen.

Wer zum Hausarzt oder der Hausärztin muss, freut sich in der Regel, wenn der Weg dorthin kurz ist. Insofern ist diese Zahl beruhigend: 88,2 Prozent der Menschen im Kreis Wesel erreichen ihren niedergelassenen Allgemeinmediziner in einem Radius von zehn Kilometern. Damit liegt der Kreis zwar minimal unter dem Durchschnitt im Versorgungsgebiet der AOK Rheinland/Hamburg, steht aber etwas besser da als andere ländlich geprägte Regionen wie zum Beispiel der Nachbarkreis Kleve. Das geht aus dem aktuellen Gesundheitsreport hervor, den die Krankenkasse jetzt vorgestellt hat.

Trotz dieser auf den ersten Blick guten Zahl, schauen die AOK-Vertreter mit sorgenvoller Miene in die Zukunft. In einigen Teilen des Kreises drohe in den nächsten Jahren eine Unterversorgung bei den Hausärzten, mahnt Manrico Preissel, der Leiter der hiesigen Regionaldirektion. Betroffen seien insbesondere Neukirchen-Vluyn, Xanten und Rheinberg. „Bei den Hausärzten ist der Versorgungsgrad optimal, wenn das Verhältnis von einem Hausarzt je 1600 Einwohner gegeben ist“, erklärt Preissel.

Laut den aktuellen Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein wird diese Quote in Voerde, Neukirchen-Vluyn sowie im Bereich Xanten/Sonsbeck bereits unterschritten. Das Problem wird sich nach Auffassung der AOK in den kommenden Jahren verschärfen, weil viele Ärzte und Ärztinnen in den Ruhestand gehen. Es müssten deshalb unbedingt weitere Fördermaßnahmen eingeleitet werden, damit sich mehr Ärzte in diesen Städten und Gemeinden niederlassen, betont Preissel.

Kreis Wesel: So sieht es bei der Facharztversorgung aus

Bei der Versorgung durch Fachärzte liegt der Kreis Wesel zwar ebenfalls unter dem AOK-Schnitt, aber wiederum sieht es hier besser aus als in vergleichbaren Regionen. 77 Prozent der Menschen bekommen eine allgemeine fachärztliche Versorgung im Umkreis von zehn Kilometern. „Die Fachmediziner im Kreis Wesel können nicht nur die eigene Wohnbevölkerung vollständig versorgen, sie versorgen auch Menschen in den angrenzenden Gebieten mit“, sagt Thomas Kortmann, Leiter der AOK-Geschäftsstelle. Das gelte vor allem für Patientinnen und Patienten aus den Kreisen Kleve und Viersen sowie aus Duisburg.

Eine Unterversorgung droht hier im Kreis allerdings in der Neurologie. Nur noch rund 60 Prozent finden einen entsprechenden Spezialisten oder eine Spezialisten innerhalb von zehn Kilometern, mehr als 30 Prozent der Menschen fahren für neurologische Behandlungen (wegen Krankheiten des Nervensystems wie zum Beispiel Alzheimer, Parkinson oder Multiple Sklerose) über die Kreisgrenzen hinaus.

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Die AOK schaut in ihrem Gesundheitsreport nicht nur auf die Krankenversorgung, sondern hat erstmals umfangreiche Daten ausgewertet, aus denen sich die Folgen der Corona-Pandemie ableiten lassen. Untersucht wurde dabei das erste Pandemie-Jahr 2020. Zurückgegangen sind beispielsweise die Früherkennungsuntersuchungen für Krebserkrankungen. Etwas mehr als jede dritte Versicherte ab 20 Jahren ging zur Vorsorge – das waren vier Prozent weniger als im Schnitt der letzten drei Jahre vor dem Ausbruch der Pandemie.

Bei den Männern sieht es noch deutlich schlechter aus, hier waren nur 16,1 Prozent der Versicherten im Jahr 2020 bei der Krebsvorsorge – das waren neun Prozent weniger. Der Kreis Wesel liegt damit auf dem vorletzten Platz im Verbreitungsgebiet der AOK Rheinland/Hamburg: Mehr Vorsorgemuffel gibt es nur noch in Duisburg. Regionaldirektor Manrico Preissel fürchtet, dass sich die Auswirkungen erst in den nächsten Jahren zeigen werden. „Es ist zu erwarten, dass die Zahl der Krebsbefunde in den nächsten Jahren steigen wird“, sagt Preissel. „Wir appellieren deshalb, unbedingt zur Vorsorge zu gehen.“ Erst vor einigen Tagen hat die Krankenkasse eine deutschlandweite Kampagne dazu gestartet.

Ein anderer Corona-Effekt zeigt sich beim Schutz vor der Grippe: 2020 ist die Zahl der Menschen, die sich gegen die Viren haben impfen lassen, um satte 21 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen. Vor allem bei älteren Menschen war die Nachfrage groß, so ließ sich bei den 60 bis 69-Jährigen mehr als jeder Fünfte eine Spritze gegen die Grippe setzen.

Hintergrund: So entstehen die Daten des AOK-Gesundheitsreportes

Die für den Gesundheitsreport ausgewerteten Zahlen stammen in der Regel aus den Abrechnungsdaten der Versicherten. Die AOK Rheinland/Hamburg versichert nach eigenen Angaben im Kreis Wesel rund 90 000 Menschen – das entspricht einem Marktanteil von gut 22 Prozent. Die Erhebungen der Krankenkasse haben also eine entsprechende Aussagekraft über die Gesundheitsversorgung im Kreisgebiet.