Kreis Wesel. Für Radtouren in der Freizeit gibt es im Kreis Wesel schöne Strecken. Beim alltäglichen Gebrauch gibt es noch Probleme. Der Kreis arbeitet daran.
Der Fahrradtourismus ist in den vergangenen Jahren immer weiter gewachsen. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat dem Drahtesel eine Art Comeback beschert. Der Kreis Wesel ist bemüht, sein Angebot an touristischen Radrouten auszubauen und den Service zu verbessern, etwa mit dem Knotenpunktsystem. 132 Knotenpunktstandorte mit Informationstafeln des Regionalverbands Ruhr und der kreisangehörigen Kommunen verbinden derzeit insgesamt 570 Kilometer Radwege miteinander; sie sollen Orientierung geben und die Routenplanung vereinfachen.
Doch nicht nur die langen, touristisch ausgelegten Radstrecken im Kreis sind reizvoll. Ebenso gibt es kürzere Touren, die vor allem nach Feierabend sehr gut gefahren werden können. ADFC-Ortsverbände im Kreis Wesel stellen hier einige reizvolle Strecken vor, die einen wunderschönen Blick auf die niederrheinische Landschaft bieten, lohnenswerte Ziele haben und nicht länger als 50 Kilometer sind.
Für die touristische Erschließung der Radwege im Kreis gibt es Lob von den ADFC-Verbänden, vor allem für die Erweiterung des Knotenpunktsystems. Was sie unterdessen vermissen, ist eine alltagstaugliche Infrastruktur.
Gerade in diesem Zusammenhang bleibe fraglich, „welchen Stellenwert der Radverkehr im Kreis Wesel gerade im Rahmen einer Verkehrswende hat“, sagt der Vorsitzende des ADFC Moers/Neukirchen-Vluyn, Karl-Heinz Degen. In seinen Augen ist der Kreis Wesel kein zusammenhängender Fahrradkreis, sondern „eher eine Ansammlung einzelner Kommunen, die im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die jeweilige Radverkehrsinfrastruktur nach ihren finanziellen Möglichkeiten und auch nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten“. Dies führe zu erheblichen Qualitätsunterschieden zwischen den Kommunen, so Degen weiter.
Grundvoraussetzung für Wesel, um als einheitlicher Fahrradkreis wahrgenommen zu werden, sei ein durchgängiges Radwegenetz, sagt der Chef des ADFC-Ortsverbands Moers/Neukirchen-Vluyn. Sein Dinslaken-Voerder Amtskollege Peter Diederichs wird dazu konkret: Zum Beispiel gebe es noch immer keinen Radschnellweg von Wesel nach Dinslaken. Stattdessen werde „eine ,Umgehungsstraße’ durchs Erholungsgebiet gebaut“, so Diederichs mit Blick auf die geplante Landstraße 4n zwischen Hünxe und Voerde, die am Strandbad Tenderingssee entlangführen würde.
Karl-Heinz Degen vermisst ganz generell konsequente Bemühungen des Kreises, den Ausbau voranzutreiben und vorhandene Lücken zu schließen. „Der Kreis Wesel ist meines Erachtens in der Vergangenheit als Akteur in der Radverkehrspolitik kaum in Erscheinung getreten.“
Allerdings hat der Kreistag im vergangenen Jahr das neue Straßen- und Radwegeprogramm 2022 bis 2032 auf den Weg gebracht. Darin sind Handlungsempfehlungen für drei verschiedene Radwegkategorien formuliert, die man „so weit wie möglich umsetzen“ werde, schreibt der Kreis Wesel auf Anfrage der Redaktion. Dazu sei man mit dem Landesbetrieb Straßen NRW und den Kommunen als jeweilige Baulastträger im Austausch.
So soll zwischen Alpen und Rheinberg-Millingen im Zuge der Fahrbahnsanierung der Alpener Straße (K31) auch der Radweg verbreitert werden. Außerdem ist eine Radschnellverbindung geplant, wenn auch nicht zwischen Dinslaken und Wesel. Anfang 2021 habe man zusammen mit den beiden Kommunen eine Machbarkeitsstudie für eine Radschnellverbindung zwischen Kamp-Lintfort und Moers als Fortsetzung des Radschnellweges Ruhr (RS 1) in Auftrag gegeben, so der Kreis.
„Alle Ausbaumaßnahmen, die der Kreis Wesel in seiner Zuständigkeit umsetzen kann“, würden sukzessive umgesetzt, schreibt die Kreisverwaltung weiter. Zur Umsetzung der Maßnahmen habe man eine zusätzliche Stelle eingerichtet. Allerdings lässt sich der Kreis ein Hintertürchen offen: „Die Durchführbarkeit der einzelnen Baumaßnahmen ist von verschiedenen Faktoren abhängig, welche nicht alle von Seiten des Kreises beeinflusst werden können.“ Zum Beispiel könnten Verkehrsverlagerungen innerhalb des Straßennetzes oder Änderungen von Planungsrichtlinien eintreten, die derzeit noch nicht vorhersehbar seien.