Hamminkeln. Hamminkeln bereitet die Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte vor. Es gibt aber noch reichlich zu tun.
Hier, genau hier liegt das Königreich der Radfahrer. 164 Quadratkilometer groß, schön flach, jede Menge grüne Natur in allen Richtungen. Fast schon kaiserliche Bedingungen, sollte man meinen. Doch in der flächengrößten Kommune im Kreis Wesel ist längst nicht alles Gold, was da vielleicht aufs erste glänzt. Denn die große Gesamtfläche geht in der Stadt mit den sieben Dörfern nicht gleich einher mit einem vorbildlichen städtischen Radwegenetz. Denn viele Straßen in und rund um Hamminkeln sind Bundes- und Landesstraßen - und da hat Straßen NRW als Baulastträger die Hoheit.
Der geplante Radweg in Mehrhoog beispielsweise steht auf Platz 140 der Vorhabenliste, pro Jahr werden etwa sieben bis acht gebaut. „Da kann man sich ausrechnen, wann wir an der Reihe sind“, sagt Peter Zelmer, Vorsitzender des ADFC Hamminkeln, der die Entwicklung als örtlicher Fahrradclub und Organisator zahlreicher Touren natürlich kritisch beäugt. „Wir müssen mehr Druck machen. Auch hier in Hamminkeln wurde früher fürs Auto geplant - und die Bereitschaft, zu Lasten der Autofahrer etwas zu verändern, ist noch nicht da.“
Helfen könnte dabei sicherlich die geplante Aufnahme Hamminkelns in die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS). Die Mitgliedsstädte profitieren von den Erfahrungen der AG, es erschließen sich daneben auch finanzielle Fördermöglichkeiten des Landes. Ende April gab es zusammen mit einer Delegation der AGFS, der Verwaltung und des ADFC eine erste Vorort-Besichtigung. Neben einigen positiven Aspekten wurde auch reichlich Kritik laut - wie an den zahlreichen Umlaufschranken, die den Radverkehr behindern, oder auch den Ampelschaltungen. Nach der Überarbeitung des Antrags und des Maßnahmenkatalogs folgt später die sogenannte Hauptbereisung auch mit Beteiligung des NRW-Innenministeriums.
Einige positive Entwicklungen
Aber auch nach der Aufnahme - der Prozess kann sich bis zu drei Jahre hinziehen - ist die Stadt nicht plötzlich im Radfahrer-Paradies, das weiß Peter Zelmer aus eigener Erfahrung. In Wesel hatte er Mitte der 90er Jahre den Prozess begleitet. „Die Stadt ist auf jeden Fall fahrradfreundlicher geworden, aber bis alle Maßnahmen umgesetzt sind, geht noch ein Jahrzehnt ins Land.“ Ohnehin seien die Städte wegen der Fläche und Bevölkerungsdichte (Wesel hat die dreifache Dichte) kaum vergleichbar.
Es gibt aber auch schon einige positive Aspekte in Hamminkeln: Die Radwege in Mehrhoog und Dingden, teilweise in Brünen, die jüngst sanierte Kastanienstraße, dann die überdachten Fahrradunterstände am Bahnhof Mehrhoog sowie an der Gesamtschule und auch die innerstädtischen Tempo 30-Zonen. „Das ist besser als ein Radweg, da wird der Radfahrer viel besser wahrgenommen - und viele beneiden uns dafür“, so Zelmer, der als ADFC-Tourenleiter NRW auch viele Städte kennt. „Es ist im Vergleich schon recht gut hier, wir stöhnen da auf hohem Niveau.“
Natürlich gebe es auch Problemzonen - wie den Bruchweg. Den würden viele Autofahrer als Ausweichstrecke zur B 473 nutzen. „Da hat der Autofahrer eigentlich nix drauf verloren“, findet Peter Zelmer. „Mit Pollern könnte man ihn für Autofahrer unattraktiv und für Radfahrer attraktiv machen. Aber das will man wohl nicht.“
Ein wenig sieht der ADFC-Chef da auch die Verwaltung in der Pflicht: „Nicht nur reagieren, sondern auch mal agieren.“ Im besten Falle wie man es in den Niederlanden gemacht hat: Neben den Autostraßen finden sich vielerorts Straßen für den langsamen Verkehr, für Radfahrer und Trecker. „Ein konsequenter Weg“, auch wenn das auch mal zu Lasten von Grundbesitz ging. Ansonsten hat Peter Zelmer im Verhalten von Autofahrern gegenüber Radfahrern einen positiven Trend ausgemacht: „Man merkt schon, dass sie hier sehr rücksichtsvoll mit den Radfahrern umgehen.“
In Kürze ist übrigens auch endlich die ADFC-Geschäftsstelle im Schloss Ringenberg fertig. Ein weiterer, wenn auch kleiner Mosaikstein auf dem Weg zu einem Königreich für Radfahrer.