Kreis Wesel. Norbert Meesters hat den Vorsitz der Biologischen Station im Kreis Wesel von Klaus Lorenz übernommen. An das Land richtet er klare Forderungen.
Es ist eine Ära, die in der Biologischen Station im Kreis Wesel endet. Nach 17 Jahren gibt Klaus Lorenz den Vorsitz des Vereins, der für die Naturschutzgebiete im Kreis Wesel und in Krefeld zuständig ist, an Norbert Meesters ab. Und der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete ist sich darüber im Klaren, dass er in große Fußstapfen tritt.
Als Klaus Lorenz den Vorsitz der Biologischen Station im Kreis Wesel im Jahr 2005 übernahm, „da hatte der Verein acht Angestellte, weniger als ein Hektar Land, ein Defizit im Jahreshaushalt und ein Bilanzvolumen von 130.000 Euro“, sagte Vorstandsmitglied Heiner Langhoff bei der Verabschiedung seines langjährigen Weggefährten im Naturschutzzentrum am Freybergwerg in Wesel. „2021 waren es 15 Angestellte, 148 Hektar Land, ein ausgeglichener Haushalt und 2,6 Millionen Euro Bilanzvolumen.“
Die Zahlen sprechen für den Erfolg; die Arbeit, die dahinter steckte und weiterhin steckt, ist unterdessen nur erahnbar. Vor allem, weil nach Meinung der Biologischen Station auf politischer Ebene bislang zu wenig getan wurde, um die wichtige Arbeit aller Biologischen Stationen in NRW zu unterstützen und perspektivisch auf sichere Beine zu stellen, vor allem finanziell.
Energiewende und Artenschutz dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden, sagt die Biologische Station im Kreis Wesel
So war die offizielle Verabschiedung ihres langjährigen Vorsitzenden auch die Gelegenheit für die Biologische Station, kurz vor der Landtagswahl am kommenden Sonntag einen Forderungskatalog an eine neue Landesregierung zu formulieren.
Die Forderungen stellte Neuvorstand Norbert Meesters vor. Neben einem generellen Verbot von Pflanzenschutzmitteln und einem umfassenderen Vorkaufsrecht zur Flächensicherung für den Naturschutz fordert die Biologische Station eine deutliche Vergrößerung des Personalbestands für die Schutzgebiete. Im gesamten Kreis Wesel zum Beispiel seien derzeit nur zwei Ranger unterwegs, so Meesters; zu wenig für das gesamte Gebiet.
Auch forderte Meesters hinsichtlich der Energiewende eine tiefergehende Abwägung gegen Naturschutzinteressen. Der Arten- und Biotopschutz dürfe da nicht in den Hintergrund treten, so Meesters, der dabei vor allem die Diskussionen um Windenergieanlagen im Blick hatte. Der Geschäftsführer der Biologischen Station, Klaus Kretschmer, nannte in dem Zusammenhang vor allem die Hohe Heide in Hamminkeln-Dingden. Dort habe man eine Konzentrationsfläche noch verhindert. „Jetzt haben wir Sorge, dass das wieder ein Thema werden könnte.“
Eine bessere Finanzierung ist für den Naturschutz dringen notwendig
Der generelle Flächenverbrauch in NRW ist ein weiterer Diskussionspunkt für die Biologische Station, die unter anderem fordert, vor allem Bauprojekte „von Beginn an ganzheitlich zu planen“ und sämtliche Interessen darin zu vereinen. Dies müsse bereits im Landesentwicklungsplan beginnen, sagt Norbert Meesters: „Man muss in der Landesplanung den geringen Flächenverbrauch mitdenken.“
Eine der größten Forderung der Biologischen Station, nicht nur im Kreis Wesel, ist die nach einer verbesserten Budgetierung. Um Naturschutz und Erholung in Einklang zu bringen, brauche es umfangreiche Maßnahmen zur Besucherinformation und Besucherlenkung. Das Problem: Die Finanzierung der Biologischen Station erfolgt ausschließlich projektbezogen. Mehr als eine dreijährige Sicherheit sei da nicht gegeben, sagt Klaus Kretschmer.
„Dafür leisten wir eine Arbeit, die eigentlich das Land leisten müsste“, sagt Norbert Meesters und ergänzt: „Unsere Leute bekommen weniger Geld als Beschäftigte in vergleichbaren Positionen im öffentlichen Dienst.“ Um den Naturschutz handlungsfähig zu halten und dauerhaft zu sichern, sei eine langfristigere Finanzierung zwingend notwendig.
Klaus Lorenz geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge
Er gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge, sagte Klaus Lorenz (78) bei seinem Abschied. Zwar sei er froh, dass die Biologische Station gesund sei und auf guten Füßen stehe, allerdings hätte er gerne mehr geschafft.
Zum Beispiel den oberstromigen Anschluss der Bislicher Insel an den Rhein, um die Verlandung zu hemmen und die Artenvielfalt zu verbessern. Seit 1998 arbeite man daran, das Land hätte es erfüllen müssen, so Lorenz. Die öffentliche Hand habe aber ihre Pflicht nicht erfüllt. „Eine Schweinerei“, so Lorenz deutlich, „außer blödes Gequatsche“ sei nichts passiert.
Ein weiterer Punkt ist der Kampf gegen das Insektensterben. Da sei es nicht gelungen, entlang der Deiche blühende Vielfalten zu erzeugen. Stattdessen werde noch immer Rasen eingesät, den Schafe kurz hielten.
Der dritte Punkt betrifft die Pflege der Offenland-Biotope, artenreiche Brachflächen, die nicht bewirtschaftet, aber gepflegt werden müssen. Dort sei es bislang nicht gelungen, die Heimat- und Verkehrsvereine einzubeziehen, auch, um eine Beziehung der Bevölkerung zur heimischen Natur herzustellen.