Kreis Wesel. Das Jobcenter Kreis Wesel hat Bilanz gezogen und auf 2022 geblickt. Es gibt ein paar Neuerungen. Wie viele vom Teilhabechancengesetz profitieren.

Für das Jobcenter Kreis Wesel war 2021 trotz der Pandemie ein gutes Jahr, resümiert Geschäftsführer Michael Müller: Das Jobcenter hat die Aufgabe, erwerbsfähige Menschen aus dem Hartz IV-Bezug in die Arbeitswelt zu integrieren. Anders als 2020, als vieles wegen der Pandemie nicht ging, habe man nach dem harten Lockdown schrittweise zurück zum Normalbetrieb gefunden. Eines allerdings bleibt auch künftig aus der Pandemiezeit: Freien Zugang zum Jobcenter ohne Termin gibt es nicht mehr.

„Manche, die im Jahr 2020 in den Leistungsbezug gekommen sind, hatten wir noch nie gesehen“, sagt Müller über die Auswirkungen von Corona. Es sei wichtig gewesen, sich wieder persönlich mit den Kunden zu treffen. Neu seit 2021 ist, dass Bedarfsgemeinschaften - also Familien - von einer Integrationsfachkraft gemeinsam betreut werden: Bis dahin ging es nach Buchstaben, Patchworkfamilien mit unterschiedlichen Nachnamen hatten es mit verschiedenen Sachbearbeitern zu tun. Auch wurden Unter-25-Jährige gesondert betreut. Das System ist ein wenig lebensnaher geworden, gemeinsame Gespräche sind nun an der Tagesordnung. „Wir erwarten, dass das in 2022 und 23 beginnt, Früchte zu tragen“, so Müller.

Es gibt reichlich zu tun: In 2021 hat das Jobcenter im Jahresdurchschnitt 16.228 Bedarfsgemeinschaften kreisweit betreut - die Zahl ist rückläufig. Im Vorjahr waren es 16.782, 2018/19 gar 17.033. Insgesamt waren damit rund 33.112 Menschen im Zeitraum von Dezember 2020 bis November 2021 im System, von denen 22.444 als erwerbsfähig gelten. Es sind Menschen, die bereits lange ohne Arbeit sind und von der Grundsicherung leben müssen. 90,723 Millionen Euro zahlte das Jobcenter Stand Dezember 2021 an Leistungen zum Lebensunterhalt, knapp 64,4 Millionen an Kosten der Unterkunft. Mehr als 4800 Personen konnten trotz der Pandemie in den Arbeitsmarkt integriert werden – sie bekamen entweder eine Anstellung oder absolvierten eine Qualifikation.

Lohnzuschuss und intensive Begleitung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Das Teilhabechancengesetz gibt dem Jobcenter unterschiedliche Instrumente in die Hand um Langzeitarbeitslose, also solche die länger als ein Jahr ohne Erwerbstätigkeit sind, wieder in Arbeit zu bringen. Da wär die Möglichkeit, sogenannte arbeitsmarktferne Menschen, die mindestens sechs der vergangenen sieben Jahre Arbeitslosengeld II bezogen haben, anzustellen. Ihre Arbeitgeber erhalten einen Lohnkostenzuschuss von bis zu 100 Prozent für maximal fünf Jahre.

Unternehmen, die Personen einstellen, die mehr als zwei Jahre arbeitslos waren, erhalten im ersten Jahr einen Lohnkostenzuschuss von 75 Prozent, im zweiten 50 Prozent. Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen stehen den Angestellten offen.

Weil Langzeitarbeitslose sich häufig nicht von heute auf morgen wieder in der Arbeitswelt zurecht finden, benötigen sie Unterstützung. „Eine enge Begleitung durch Coaches ist wichtig. Wir gehen raus zu den Arbeitgebern, halten den Kontakt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer“, erläutert Müller. Auch bei Problemen in der Familie oder mit der Alltagsorganisation stehen sie den ehemaligen Langzeitarbeitslosen bei. Das Prinzip haben die Fachleute auch bei Vermittlungen jenseits des Teilhabechancengesetzes eingeführt. „Ein halbes Jahr lang betreuen wir unsere Kunden weiter. Es geht darum, nachhaltige Arbeitsverhältnisse zu bekommen“, sagt Müller.

Aktuell werden rund 280 Arbeitsverhältnisse von ehemals langzeitarbeitslosen Menschen auf fünf Jahre gefördert, 75 auf zwei Jahre.