Kreis Wesel. Jahrelang forderten Tierschützer eine Kastrationspflicht für freilaufende Katzen. 2019 kam sie - bloß ein Papiertiger oder wirksamer Tierschutz?

Seit Mai 2019 müssen freilaufende Katzen im Kreis Wesel kastriert, gekennzeichnet – also gechippt - und registriert sein. Seinerzeit hat der Kreistag die Katzenschutzverordnung beschlossen mit dem Ziel, das Elend der ungewollten, häufig kranken Tiere zu mindern und die Population verwilderter Hauskatzen einzudämmen. Auch, damit Tierschützer Katzen einfangen und kastrieren lassen können - das war zuvor rechtlich unsicher. Vorreiter in Sachen Katzenschutz waren die Städte Voerde und Dinslaken, die diese Regelungen bereits zuvor erlassen hatten.

Was hat die kreisweite Verordnung gebracht? Zunächst mal Informationen. Erstmals wurden systematisch gefangene und kastrierte Katzen samt Fangort registriert - das war zuvor nicht immer der Fall. Zahlen der Tierschützer und Ordnungsämter liegen dem Kreis auf Anfrage für das zweite Halbjahr 2019, für 2020 und das erste Halbjahr 2021 vor.

1775 Katzen und Kater eingefangen und kastriert

1775 verwilderte Samtpfoten sind in den zwei Jahren im Kreis Wesel kastriert worden - zwar sagt die Statistik nichts über das Geschlecht, da eine Katze aber zwei bis drei Mal im Jahr sechs und mehr Junge haben kann, dürften viele hundert Nachkommen verhindert worden sein. Spitzenreiter ist Hamminkeln mit in diesem Zeitraum 410 gefangenen Tieren, gefolgt von Kamp-Lintfort mit 333. In einigen Kommunen haben Tierschützer deutlich mehr Kastrationen veranlasst als in den Vorjahren: Alpen (89), Hamminkeln, Moers (271), Rheinberg (112) und Schermbeck (79). Die Zahlen komplett: In Wesel wurden 115 Katzen gefangen, Hünxe 111, Voerde 92, Sonsbeck 45, Xanten 33, Dinslaken 29 und Neukirchen-Vluyn 16.

Einen weiteren Vorteil nennt Wesels Tierheimleiterin Gabi Wettläufer: „Wir müssen nicht mehr mit den Leuten diskutieren, Gesetz ist Gesetz.“ Immer wieder mal werden Freigänger im Tierheim abgegeben, die von ihren Besitzern vermisst werden. „Wenn sie sie abholen, geben wir ihnen ein Schreiben mit: Innerhalb von vier Wochen müssen sie nachweisen, dass die Katze kastriert und registriert ist und wir sonst Anzeige beim Veterinäramt erstatten“, erläutert sie. Das sei nie notwendig geworden. „Die Verordnung wird Früchte tragen, das wird in ein- bis zwei Jahren sichtbar sein.“

In Freiheit geborene Hauskatzen wie diese sind nicht vermittelbar. Durch die Katzenverordnung haben Tierschützer die Möglichkeit, sie nach der Kastration am Fangort wieder auszusetzen - nicht immer ist das dort gewünscht.
In Freiheit geborene Hauskatzen wie diese sind nicht vermittelbar. Durch die Katzenverordnung haben Tierschützer die Möglichkeit, sie nach der Kastration am Fangort wieder auszusetzen - nicht immer ist das dort gewünscht. © Unbekannt | Tierheim Wesel

Der Kreis verhängt hohe Bußgelder, bekommt aber nur wenige Halter zu fassen

Wer seinen Freigänger nicht kastriert, muss mit empfindlichen Bußen rechnen. Zwar sind die 5000 vom Kreis jährlich bereitgestellten Euro im Haushalt nicht wieder hereingekommen. Immerhin verhängte der Kreis zwei Mal ein Bußgeld in Höhe von je 1000 Euro.

An diesem Punkt sieht Kathrin Novotny vom Tierschutzverein Moers die Umsetzung der Verordnung kritisch: Es reiche nicht aus, verwilderte Katzen zu kastrieren. „Das Problem sind die unkastrierten Freigängerkater, die ein Zuhause haben“, sagt sie. Katerhalter seien nachlässiger als Katzenhalter, „die Kater bringen ja auch keine Arbeit mit nach Hause. Da heißt es dann ‘das ist doch Natur’.“ Ämter müssten hier gezielt vorgehen, sonst sei das Problem nicht zu lösen. Und: Die Kastrationspflicht muss flächendeckend sein, fordert sie. Der Tierschutzverein Moers ist auch für Krefeld zuständig, das keine solche Verordnung hat.

An sieben Hotspots haben die Tierschützer laut Kreis in Zusammenarbeit mit der Verwaltung Fang- und Kastrationsaktionen gestartet. Ein Problem seien nach wie vor Bauernhöfe - in drei Fällen hatten sich die Katzen an den Höfen stark vermehrt.