Kreis Kleve. Das Klever Krankenhaus und die KV sind zufrieden mit dem Start des neuen ambulanten Notdienstes im Kreis. Die Notaufnahmen werden entlastet.
Seit nun zwei Wochen sind die drei neuen zentralen Notdienstpraxen im Kreis Kleve die richtigen Anlaufstellen für Patienten mit akuten, aber nicht lebensbedrohlichen Beschwerden – außerhalb der regulären Öffnungszeiten der Hausarztpraxen. Noch muss sich manches einspielen, doch insgesamt zeigten sich die Verantwortlichen zufrieden, als die NRZ nach ersten Erfahrungen fragte. Eine konkrete Verbesserung für das regionale Gesundheitssystem zeichnet sich bereits jetzt deutlich ab: Die Zentralen Notaufnahmen in den Krankenhäusern werden entlastet.
Öffnungszeiten der Klever Notdienstpraxen
Die Allgemeinärztliche Notdienstpraxis im St.-Antonius-Hospital Kleve hat diese Öffnungszeiten: Montag, Dienstag und Donnerstag von 19 bis 22 Uhr; Mittwoch und Freitag von 13 bis 22 Uhr; Samstag, Sonntag, gesetzliche Feiertage, 24. und 31. Dezember sowie Rosenmontag von 9 bis 22 Uhr.Die Kinderärztliche Notdienstpraxis im St.-Antonius-Hospital hat aktuell diese Öffnungszeiten: Samstag, Sonntag, gesetzliche Feiertage von 14 bis 18 Uhr. Zwischen 1. Oktober und 31. März ist sie Samstag, Sonntag, an gesetzlichen Feiertagen, am 24. und 31. Dezember sowie Rosenmontag von 10 bis 18 Uhr offen.
„Aus unserer Sicht ist der Start in das neue ambulante Notdienstsystem im Kreis in Summe rund gelaufen“, sagt Christoph Schneider, stellvertretender Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, die die beiden Allgemeinärztlichen Notdienstpraxen und die Kinderärztliche Notdienstpraxis in Kooperation mit dem St.-Antonius-Hospital Kleve und dem St.-Clemens-Hospital Geldern betreibt. Die Notdienstpraxis in Geldern haben laut KV-Angaben bereits wenige Tage nach dem Start, am ersten Betriebswochenende der Einrichtung, über 150 Patientinnen und Patienten aufgesucht. „Es ist zu vermuten, dass auch die Notdienstpraxen in Kleve ähnliche Patientendimension aufweisen konnten“, so Schneider. Konkrete Zahlen dazu bereitet die KV derzeit auf.
Kürzere Wartezeiten für Patienten
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„Unser Eindruck ist, dass auch die Patientinnen und Patienten das neue System dankbar annehmen – sie profitieren ja nicht nur durch die neue zentrale Anlaufstelle, sondern in der Regel auch durch deutlich reduzierte Wartezeiten“, sagt Christian Weßels, Sprecher der Katholischen Karl-Leisner-Trägergesellschaft (KKLE), zu der das St.-Antonius-Hospital in Kleve gehört.
Der Umbau von acht traditionell gewachsenen Notdienstbezirken auf nur noch zwei (Nord und Süd) ist für den Kreis Kleve ein „wirklicher Paradigmenwechsel“, wie Dr. Harald Meißen, Vorsitzender der KV-Kreisstelle Kleve, bei der Vorstellung der jahrelang vorbereiteten Strukturreform feststellte. Damit wird eine Vorgabe der Bundes- und Landespolitik umgesetzt. Kleve war bis dato der einzige Kreis im ganzen Rheinland ohne Portalpraxen. Dort leisten die niedergelassenen Mediziner nun ihre Bereitschaftsdienste.
Für die Hospitäler in Kleve und Geldern sind die in den Krankenhäusern eingerichteten Notdienstpraxen nicht nur wegen der räumlichen Nähe relevant. Vor allem das zuletzt immer größer gewordene Problem der überlaufenen Zentralen Notaufnahmen sollen die neuen Stellen lösen. „Die Kolleginnen und Kollegen in unseren Notfallambulanzen – Erwachsene wie Kinder – spüren die Entlastung bei den Bagatellfällen deutlich und können sich somit auf die Versorgung echter Notfälle konzentrieren“, stellt KKLE-Sprecher Weßels fest. Philipp Kehmeier, Regionaldirektor des St.-Antonius-Hospital, sieht „für uns vor allem zu den Stoßzeiten eine wahnsinnige Entlastung“.
Mehr Verständnis füreinander entwickeln
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Kehmeier hatte die Hausärzte kurz vor dem Start des neuen Notdienstsystems ins Krankenhaus eingeladen, um die Allgemeinärztliche Notdienstpraxis zu zeigen. Zwei Untersuchungsräume und ein Wartebereich wurden in unmittelbarer Nähe zur Zentralen Notaufnahme eingerichtet. „Der neu strukturierte Notdienst hilft dem Klinikbereich und den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten im besten Fall, sich gegenseitig viel besser zu verstehen. Wir erhalten einen Eindruck vom Praxisalltag, der in einer Hausarztpraxis oft herrscht. Und die Kollegen sehen deutlich besser, warum und wie wir im Notfallbereich handeln“, so Philipp Kehmeier.
Dem Klever Hausarzt Dr. Michael Pelzer fällt ein erstes Fazit noch schwer. „Die Sitzdienste in den beiden Notdienstpraxen sind bei Anfangsschwierigkeiten wohl kein Zuckerschlecken, aber bislang machbar. Sie scheinen die Ambulanzen erwartungsgemäß zu entlasten“, sagt Dr. Pelzer. Er hatte im letzten Jahr eine Petition gestartet, um die Niedergelassenen in die Neuplanung des Notdiensts einzubeziehen. Der auch als Notarzt tätige Mediziner legt bei einer Schwäche des neuen Systems weiter den Finger in die Wunde: Im großen Flächenkreis Kleve sitzen die Hausärzte, die für Rund-um-die-Uhr-Fahrdienste eingeteilt sind, mitunter sehr lange hinter dem Steuer, um die Patienten zu Hause zu besuchen.
Auch das Fehlen einer zweiten Kinderärztlichen Notdienstpraxis für den Südkreis ist ein Problem. Die Zusammenarbeit mit den Kinderärztinnen und Kinderärzten, die ihre Dienste in der Notdienstpraxis im Gebäude der Klever Kinderstation leisten, sei gleichwohl sehr eng, stellt Krankenhausmanager Kehmeier fest. „Viele haben bereits im St.-Antonius-Hospital gearbeitet und kennen unser Haus gut. Da gibt es viele Berührungspunkte.“
Emmericher Krankenhaus erneuert Angebot an KV
Das Emmericher St. Willibrord-Spital wurde bei der Einrichtung der Notdienstpraxen übergangen. Das Krankenhaus hatte ein sogenanntes „Ein-Tresen-Modell“ angeboten, das die KV jedoch abgelehnt habe, stellt Dr. Jochen Heger, Ärztlicher Direktor des St. Willibrord-Spitals, fest. Jeder Krankenhaus-Patient wäre je nach Dringlichkeit der Behandlung entweder an die Notdienstpraxis im Spital oder an die Notfallambulanz verwiesen worden. „Unser Angebot zu einem Ein-Tresen-Modell besteht weiterhin“, betont Jürgen Gerhorst im Namen der Geschäftsführung.
Das Emmericher Krankenhaus stellt klar: „Selbstverständlich kann jeder, der außerhalb der regulären Praxiszeiten wegen akuter gesundheitlicher Probleme Hilfe sucht, die Zentrale Notaufnahme des St. Willibrord-Spitals aufsuchen.“
Noch gebe es keine merkliche Änderung beim Patientenzulauf, sagt Jörg Möllers, stellvertretender Leiter der Zentralen Notaufnahme (ZNA). „Weil aber die Entfernungen im Kreis Kleve zum Teil sehr groß sind – zum Beispiel von Elten nach Kleve –, geht das ZNA-Personal davon aus, dass die Leute auch künftig eher ins St. Willibrord-Spital kommen werden als sich zur zentralen Notdienstpraxis aufzumachen. Insofern ist die Situation für die Menschen im rechtsrheinischen Teil des Kreises Kleve sicherlich unglücklich“, meint Möllers.