Kreis Kleve. Neuorganisation der ambulanten Versorgung außerhalb der Praxisöffnungszeiten: Anlaufstellen gibt’s in den Krankenhäusern in Kleve und Geldern.

Die Menschen im Kreis Kleve sollen künftig abends, nachts, am Wochenende oder an Feiertagen bei akuten, aber nicht lebensbedrohlichen Beschwerden zielgerichteter medizinische Hilfe erhalten. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein etabliert zum 1. Juli 2021 insgesamt drei neue zentrale Notdienstpraxen im Kreis Kleve für die ambulante Versorgung außerhalb der regulären Sprechstundenzeiten der Praxen.

Für erwachsene Patienten werden im St.-Antonius-Hospital in Kleve sowie im St.-Clemens-Hospital in Geldern die neuen Anlaufstellen eingerichtet. Zudem wird es ab dem kommenden Monat erstmals im Kreis als dritte neue „Portalpraxis“ auch einen eigenen ambulanten Kinder-Notdienst geben, der in einer speziellen pädiatrischen Notdienstpraxis ebenfalls an das Klever Krankenhaus angegliedert ist. Rechtsrheinisch wird im Kreisgebiet dagegen keine neue Notdienstpraxis eröffnet.

300 niedergelassene Mediziner im Kreis Kleve teilen sich den Notdienst

Dr. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein.
Dr. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Mit den drei neuen zentralen Standorten installieren wir für die Bürger gut erreichbare Anlaufstellen an fixen Standorten, die unmittelbar in die Krankenhaus-Infrastruktur eingebunden sind. Dadurch können Notfälle gezielt die für sie medizinisch notwendige Behandlung erhalten – entweder ambulant durch den Haus- oder Facharzt oder stationär durch das Krankenhaus“, sagte Dr. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein, bei einem digitalen Pressegespräch am Mittwoch. Die Zahl der „Bagatellfälle“ in den Notaufnahmen der Krankenhäuser soll sich dadurch reduzieren. „Auch die bisher notwendige Recherche der Bürger nach der jeweils diensthabenden Arztpraxis in der Region entfällt künftig“, so Bergmann.

Kleve war bislang der einzige Kreis im ganzen Rheinland, in dem es noch keine Portalpraxen gab. Die niedergelassenen Mediziner leisteten den Bereitschaftsdienst aus der eigenen Praxis. „Das ist für den Kreis Kleve ein wirklicher Paradigmenwechsel“, stellte deshalb Dr. Harald Meißen, Vorsitzender der KV-Kreisstelle Kleve, fest. Die Umstrukturierung von bislang acht traditionell gewachsenen Notdienstbezirken auf nur noch zwei (Nord und Süd) werde die extrem ungleich verteilte Belastung der Hausärzte beenden, so Meißen. Dr. Wolfram Althoff, Vorsitzender der Ärztekammer-Kreisstelle für den Kreis Kleve, sprach mit Blick auf dringend gesuchte niederlassungswillige Kollegen von einer „Attraktivitätssteigerung der Arztpraxen“.

Adressen und Öffnungszeiten

Allgemeinärztliche Notdienstpraxis Kleve im St.-Antonius-Hospital, Albersallee 5-7, 47533 Kleve: Öffnungszeiten: Montag, Dienstag und Donnerstag von 19 bis 22 Uhr; Mittwoch und Freitag von 13 bis 22 Uhr; Samstag, Sonntag, gesetzliche Feiertage, 24. und 31. Dezember sowie Rosenmontag von 9 bis 22 Uhr.Kinderärztliche Notdienstpraxis im St.-Antonius-Hospital Kleve: Öffnungszeiten (1. April bis 30. September): Samstag, Sonntag, gesetzliche Feiertage von 14 bis 18 Uhr; Öffnungszeiten (1. Oktober bis 31. März): Samstag, Sonntag, gesetzliche Feiertage, 24. und 31. Dezember sowie Rosenmontag von 10 bis 18 Uhr.Allgemeinärztliche Notdienstpraxis Geldern im St.-Clemens-Hospital, Clemensstraße 6, 47608 Geldern: Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag von 19 bis 22 Uhr; Mittwoch und Freitag von 13 bis 22 Uhr; Samstag, Sonntag, gesetzliche Feiertage, 24. und 31. Dezember sowie Rosenmontag von 9 bis 22 Uhr.

Die Einrichtungen werden von der KV Nordrhein in Kooperation mit den beiden Krankenhäusern in Kleve und Geldern betrieben. Die so mögliche enge Zusammenarbeit zwischen den niedergelassenen Ärzten und Kliniken ist eine Vorgabe der Bundes- und Landespolitik. Insgesamt werden in den Notdienstpraxen künftig rund 300 niedergelassene Mediziner aus dem Kreis Kleve wechselweise ihren Notdienst leisten und von medizinischen Fachangestellten unterstützt.

Verantwortliche des Klever Krankenhauses begrüßen die Entwicklung

Ronald Jelinski ist Leiter der Zentralen Notaufnahme im St.-Antonius-Hospital Kleve.
Ronald Jelinski ist Leiter der Zentralen Notaufnahme im St.-Antonius-Hospital Kleve. © Unbekannt | Andreas Daams

Alle Beteiligten versprechen sich von der jahrelang vorbereiteten Strukturreform eine Qualitätsverbesserung der Akutversorgung im Kreis Kleve. Auch die Verantwortlichen der beteiligten Krankenhäuser begrüßen die Einrichtung der beiden Notdienstpraxen: „Eine positive Entwicklung für die Patienten der Region“, meinte Dr. Ronald Jelinski, ärztlicher Leiter der Zentralen Notaufnahme im St.-Antonius-Hospital Kleve. „Patienten können sicher sein: Im Klever Krankenhaus bin ich auf jeden Fall und zu jeder Zeit richtig.“

Die räumliche Nähe von ambulanter und stationärer Versorgung ermöglicht unter dem Krankenhausdach eine gezielte Behandlung der Patienten. „Und sie verkürzt durch die sinnvolle Entlastung der Krankenhausambulanzen die Wartezeiten für alle Patienten“, ergänzte Dr. Jochen Rübo, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin. „Das ist ein echter Mehrwert, vor allem in den infektgeplagten Wintermonaten.“

Schwere Fälle kommen direkt in den stationären Bereich

Für Christoph Weß, Geschäftsführer des Gelderner St.-Clemens-Hospitals, ist die Freude über die Entscheidung zwiegespalten: „Grundsätzlich begrüße ich die Anbindung der KV-Notfallpraxen an die Krankenhäuser in Geldern und Kleve. Erwachsene Patientinnen und Patienten profitieren von der Lösung, denn für sie werden die Wege zur Behandlung leichter und transparenter. Deshalb ist der jetzt eingeschlagene Weg aus ihrer Sicht ein Gewinn. Das ist sehr gut“, so Weß, der einschränkte: „Noch ausbaufähig ist für mich perspektivisch die Lösung für die Familien und Kinder im Süden des Kreises. Denn was sich für die Erwachsenenmedizin so unproblematisch durchsetzen ließ, gilt ab Juli noch nicht für die Kleinsten in unserer Gesellschaft. Ich würde mir auch für sie in Zukunft ein wohnortnahes Versorgungsangebot in Geldern wünschen.“

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„Der große Vorteil aller Einrichtungen ist, dass sie sowohl für Bürger aus dem Nord- als auch aus dem Südkreis grundsätzlich gut erreichbar sind“, so Harald Meißen. Die rechtsrheinischen Kreisgebiete müssen jedoch ohne eigene Notdienstpraxis auskommen. Werden Patienten aus Emmerich und Rees nicht also weiterhin das St. Willibrord-Spital in Emmerich aufsuchen, weil sie den Weg über den Rhein scheuen? „Diese Argumentation ist uns nicht neu. Erfahrungen aus dem Bergischen und der Eifel zeigen aber, dass es gut funktioniert“, sagte Frank Bergmann auf Nachfrage und verwies zudem auf die verbesserte Koordinierung der Hausbesuche.

Trennung von Sitz- und Fahrdiensten

Denn mit Einführung der Neustruktur wird es darüber hinaus eine Trennung von Sitz- und Fahrdiensten geben, so dass immer jeweils ein diensthabender Arzt die Patienten in den Notdienstpraxen Geldern und Kleve versorgen kann, während andere Mediziner der Region ausschließlich die Hausbesuche im Notdienst durchführen. Bislang behandelt der jeweils Diensthabende die ihn in seiner Praxis aufsuchenden Patienten und übernimmt zusätzlich auch die Hausbesuche. Insbesondere Bettlägerige können notwendige Hausbesuche weiterhin über die Arztrufzentrale NRW unter der kostenlosen Rufnummer 116117 erfragen. „Das ist wegen der Corona-Pandemie keine unbekannte Nummer mehr“, stellte der KVNO-Vorsitzende Frank Bergmann fest.