Kleve/Goch. Im Verfahren um das FKK van Goch gehen nun Staatsanwaltschaft und Verteidigung aufeinander los. Sind Zeugen zur Falschaussage angestiftet worden?

Der Ton im Prozess gegen das Betreiberehepaar des Saunaclubs „FKK van Goch“ wird rauer. Im Raum steht weiter der Vorwurf der Steuerhinterziehung und des Vorenthaltens von Sozialabgaben zwischen 2010 und 2016 in Höhe von 1,9 Millionen Euro. Am Freitagvormittag gerieten die Verteidiger heftig mit der Staatsanwaltschaft aneinander. Im Streit geht es um die Zeugenaussage einer 31-jährigen Rumänin, die ebenfalls als Prostituierte in dem Saunaclub arbeitete und bereits am Mittwoch ausgesagt hatte.

Die Rumänin hatte erklärt, es habe keine verbindliche Preisliste in dem Bordell gegeben – und so den 56-jährigen Inhaber und dessen 59-jähriger Ehefrau entlastet. Immerhin spielt diese Liste mit Blick auf eine mögliche Scheinselbstständigkeit der Prostituierten eine wichtige Rolle. Nun aber sagten Finanzbeamtinnen, die am Mittwoch ebenfalls vor Ort waren, vor dem Landgericht aus, sie hätten verdächtige Unterhaltungen der Zeugin mit den Verteidigern und den Beschuldigten beobachtet. „Die Zeugin ist zielstrebig zur Angeklagten gelaufen und hat sie umarmt. Danach haben sie zusammen die Pause verbracht und sind zusammen wieder in den Saal gekommen“, sagte die Finanzbeamtin aus. Der Staatsanwalt Hendrik Timmer kündigte an, gegen die Verteidigung daher ein Strafverfahren wegen einer möglichen Anstiftung zur Falschaussage anzuregen.

Verfahren wegen falscher Vorwürfe?

Die Verteidiger des Betreiberehepaars reagierten empört. „Das Gespräch der Zeugin mit der Angeklagten war eines zwischen Arbeitskollegen“, sagte einer der Anwälte. Dass man gemeinsam gen Gerichtssaal gelaufen sei, sei allein darauf zurückzuführen, dass man „zur gleichen Zeit am gleichen Ort“ habe erscheinen müssen. Die Verteidigung entgegnete Hendrik Timmer wiederum, ein Verfahren wegen falscher Verdächtigung anzuregen. Diesem sehe der Klever Staatsanwalt, so erklärte er, „mit Gelassenheit“ entgegen.

Nach dem hitzigen Zoff wollte der Vorsitzende Richter Christian Henckel weitere Zeugen vernehmen. Erneut waren geladene Prostituierte aber nicht erschienen. Deren Anschriften seien nicht mehr aktuell, das Einwohnermeldeamt habe ebenfalls nicht weiterhelfen können.

Eine 29-jährige Prostituierte aus Wesel aber sagte aus. Die Deutsche, die mittlerweile als Integrationshelferin arbeitet, habe vor einigen Jahren „immer mal wieder“ in dem FKK-Club gearbeitet, wie sie schilderte. Zur Prostitution sei sie wie folgt gekommen: „Bei einer Party war ich immer ganz locker. Da dachte ich irgendwann: Das mache ich zu Geld.“ Auf das Etablissement „FKK van Goch“ sei sie durch eine Zeitungsanzeige gestoßen. Auch in München und Wien war sie im horizontalen Gewerbe tätig, an der Benzstraße nannte sie sich „Sarah“.

Pro Tag, an dem sie in Goch gearbeitet habe, habe sie 30 Euro an die Betreiber zahlen müssen, um die Räumlichkeiten zu nutzen. „Die Preise habe ich aber mit den Kunden selbst verhandelt.“

Zwar habe es eine Preisliste im Saunaclub gegeben, diese hätte aber nur Mindestpreise ausgewiesen. „Ich habe meistens mehr genommen. Je nachdem, wie ich bei der Arbeit Gas gegeben habe“, sagte sie. Zwar habe es einen Plan gegeben, wann welche Dirne vor Ort sei. „Feste Zeiten waren das aber nicht. Und wenn ich nicht konnte oder verspätet war, habe ich nur aus Anstand Bescheid gegeben.“