Kreis Kleve/Niederlande. Die Corona-Maßnahmen in NRW und den Niederlanden werden gelockert, die Quarantäne-Pflicht aufgehoben. Was bedeutet das für die Grenzregion?

  • Die Niederlande und NRW lockern ihre Corona-Maßnahmen in den nächsten Wochen
  • An der Grenze werden zum Teil die Kontrollen zurückgefahren, ein Einreiseverbot gibt es nicht
  • NRW hebt die Quarantäne-Pflicht für Rückkehrer aus der EU ab Freitag auf
  • Die wichtigsten Fragen und Antworten für Menschen in der Grenzregion in der Übersicht

Update, 14. Mai, 20.30 Uhr: Nach mehreren Wochen im strengen Lockdown haben Nordrhein-Westfalen und die Niederlande weitreichende Lockerungen der Corona-Maßnahmen beschlossen. Was bedeuten die Veränderungen für die Grenzregion zwischen dem Kreis Kleve und dem Nachbarland? Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zum Coronavirus auf beiden Seiten der Grenze zusammengefasst.

Bleibt die Grenze zu den Niederlanden offen?

Die Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden war während des strengen Lockdowns nie geschlossen – im Gegensatz zu vielen anderen Grenzen in Europa. Sowohl die NRW-Regierung und die Regierung in den Niederlanden haben mehrfach betont, dass auch keine Schließungen geplant sind. Die angekündigten Lockerungen machen es noch unwahrscheinlicher, dass die Grenze geschlossen wird. Es wird aber weiterhin von nicht notwendigen Fahrten in das jeweilige Nachbarland eindringlich abgeraten.

Was ist mit Kontrollen an der Grenze?

Explizite Grenzkontrollen gibt es von deutscher Seite aus nicht – die Bundespolizei Kleve hat jedoch seit Anfang April ihre „Grenzüberwachung“ ausgebaut und setzt dafür auch mehr Personal ein. Auf den Straßen sind mehr Streifenwagen unterwegs und die Beamten schauen verstärkter in Fahrzeuge, außerdem baut die Bundespolizei einzelne Kontrollpunkte auf.

Diese verstärkte Grenzüberwachung bleibt auch vorerst bestehen, erklärte die Bundespolizei in Kleve auf Anfrage dieser Redaktion. Auch könne es zur sporadischen Einrichtung von Kontrollpunkten kommen. Dabei gehe es darum einen Überblick über die Reisebewegungen zu bekommen.

Auf niederländischer Seite ist die Grenz- und Militärpolizei Koninklijke Marechaussee für die Einreisekontrollen zuständig. Sie hatte in den vergangenen Wochen verstärkt Kontrollen durchgeführt, vor allem an den langen Wochenenden rund um Ostern und den 1. Mai – es kam durch die Kontrollen am Maifeiertag zu längeren Staus am Grenzübergang auf der A 40 bei Venlo und Straelen.

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Die Bundespolizei setzt weiterhin auf verstärkte Grenzüberwachung an der deutsch-niederländischen Grenze. (Symbolbild)
Von Anika Bloemers, Madeleine Hesse und Robin Kunte

Vor allem die Sicherheitsregion Limburg-Noord, deren Zuständigkeitsbereich direkt an den Kreis Kleve grenzt, wollte Ausländer mit einer „Entmutigungsstrategie“ von der Einreise abhalten. Ziel der Maßnahmen war es, Grenzgänger vom Einkaufen, von Ausflügen oder gar Urlaub in den Niederlanden abzubringen. Die Polizei sprach bei Kontrollen gezielt die Autofahrer an: Wer keinen „triftigen Grund“ für die Einreise ins Nachbarland hatte, sollte umkehren. Allerdings waren das nur Appelle – ein Einreiseverbot gibt es nicht.

Diese Strategie wird von der Region Limburg-Noord nicht mehr verfolgt, In einem Schreiben der Behörde heißt es, dass von der „Entmutigungsstrategie“ abgerückt werde. „Da nun in Deutschland und in den Niederlanden, Lockerungen der Maßnahmen angekündigt wurden, kann es wieder mehr Grenzverkehr geben“, teilte die Sicherheitsregion mit. Es werde zwar weiterhin „dynamische Patrouillen“ der niederländischen Grenzpolizei geben. Von einer Entmutigungsstrategie könne aber keine Rede mehr sein.

NRW hebt Quarantäne-Regeln ab dem 15. Mai auf

In Nordrhein-Westfalen wird die seit Karfreitag geltende Corona-Einreise-Verordnung aufgehoben: Die Quarantäne-Vorschrift wird ab Freitag, 0 Uhr, aufgehoben, wie die NRW-Staatskanzlei am Donnerstagabend meldete. Die Lockerung betrifft Reiserückkehrer aus EU- und Schengen-Staaten (Island, Norwegen, Liechtenstein und Schweiz) sowie aus Großbritannien.

Zuvor musste jeder, der länger als 72 Stunden im Ausland war, bei der Rückkehr nach Deutschland für zwei Wochen in Quarantäne begeben. Ausnahmen gab es nur für Berufspendler und wenige andere Reisende. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) brachte am Donnerstagabend eine entsprechende Verordnung auf den Weg. Der Bund und die Länder hatten sich zuvor auf dieses Vorgehen geeinigt.

Wie sieht es mit Einkäufen, Ausflügen und Reisen aus?

Da es kein Einreiseverbot gibt, sind auch Fahrten für Ausflüge, zum Einkaufen und für Reisen theoretisch möglich – sowohl die niederländische Regierung als auch die NRW-Regierung raten davon aber weiterhin ab. Die touristische Infrastruktur in den Niederlanden ist ohnehin noch geschlossen, auch wenn einige Regionen wie Zeeland davon bereits abgerückt sind und die niederländische Regierung eine generelle Lockerung für den Tourismus ab dem 1. Juli beschlossen hat – dann sollen alle Unterkünfte wieder öffnen.

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Was heißt das für den kleinen Grenzverkehr? Dürfen Niederländer weiterhin in Deutschland einkaufen oder tanken und andersherum, wie es in vielen Grenzorten Alltag ist? Nach Angaben des Landes NRW zählen Einkäufe „in der Regel“ nicht zu den triftigen Gründen für eine Reise. Bußgelder würden aber nicht drohen, das betonte auch die Bundespolizei.

Wer als Niederländer sofort wieder ausreist, fällt auch nicht unter die Quarantänereglung. „Wir appellieren an die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger, sich auch daran zu halten“, heißt es von Seiten des Landes. Eine Einreisebeschränkungen in die Niederlande gibt es nicht – Fahrten sind also möglich, auch wenn abgeraten wird.

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Die meisten haben sich offenbar in den vergangenen Wochen daran gehalten – auch wenn es Ausnahmen gab. Nach Auskunft der niederländischen Behörden hatte der Grenzverkehr zuletzt um 90 Prozent abgenommen. Laut Euregio-Geschäftsführer Sjaak Kamps ist der grenzüberschreitende Verkehr bisher noch „sehr ruhig“. Die Menschen verhielten sich meist vorbildlich und akzeptierten die Maßnahmen.

Allerdings erwartet auch die Bundespolizei, dass demnächst wieder mehr Menschen über die Grenze fahren – nicht zuletzt, weil auf beiden Seiten mehr Geschäfte geöffnet haben. So öffnet am 11. Mai das besonders bei Deutschen beliebte Outletcenter in Roermond wieder für Besucher.

Fahren grenzüberschreitende Busse und Züge im Regionalverkehr noch?

Ja, Züge von Abellio und die Busse der Niag fahren weiterhin über die Grenze. Zwischenzeitlich gab es wegen der Corona-Maßnahmen einen eingeschränkten Fahrplan, mittlerweile gilt aber wieder überwiegend der Regelfahrplan.

Wie stark ist die Grenzregion auf niederländischer Seite vom Coronavirus betroffen?

Insgesamt gibt es in den Niederlanden rund 42. 000 bestätigte Infektionen – über 5300 Menschen sind an den Folgen der Erkrankung gestorben (Stand Freitag, 8. Mai). Ein Schwerpunkt liegt dabei in der Provinz Noord-Brabant. Aber auch Nachbargemeinden zum Kreis Kleve wie Berg en Dal, Gennep oder Zevenaar haben einen recht hohen Anteil von Corona-Patienten, gemessen an ihrer Einwohnerzahl. Die Zahl der Neuinfektionen hat sich aber zuletzt deutlich verlangsamt, das ist ein Grund dafür, warum die Niederlande angekündigt haben, ihre Maßnahmen schneller als geplant zu lockern.

Welche Coronamaßnahmen gelten in den Niederlanden?

Zwei Monate nach dem „intelligenten Lockdown“ lockern die Niederlande die Corona-Maßnahmen. Ab dem 11. Mai dürfen Friseure, Kosmetiksalons und Massagepraxen wieder öffnen. Das kündigte Ministerpräsident Mark Rutte am 6. Mai an. Ab 1. Juni dürfen demnach Restaurants, Cafés, Museen, Kinos und Theater unter bestimmten Bedingungen den Betrieb wieder aufnehmen und es werden alle Schulen wieder geöffnet. Die Regierung macht Mundschutzmasken im öffentlichen Nahverkehr verpflichtend.

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Ab dem 1. Juli sind Lockerungen für den Tourismus geplant. Dann dürfen Campingplätze und Ferienparks wieder die Tore öffnen. Restaurants, Cafés und Theater dürfen dann bis zu 100 Besucher empfangen. Sportarten mit direktem Körperkontakt wie Fußball sollen erst ab 1. September erlaubt werden. Golf, Schwimmen oder Tennis aber sind bereits ab der kommenden Woche wieder gestattet.

Die Maßnahmen werden schneller als geplant gelockert. Nach Auffassung der Regierung ist das möglich, da die Zahl der Neuinfektionen schneller zurück gehe als erwartet. Mehr Details zu den Lockerungen in den Niederlanden, können Sie in diesem Artikel nachlesen.

Trotz Lockerung gilt vorerst weiterhin: Es dürfen sich nicht mehr als zwei Personen zusammen in der Öffentlichkeit aufhalten, Menschen müssen mindestens anderthalb Meter Abstand halten. In Autos dürfen maximal zwei Personen sitzen, wenn sie nicht aus der eigenen Familie stammen. Die Regeln werden von der Polizei kontrolliert und es drohen Bußgelder.

Wie arbeiten NRW und die Niederlande zusammen?

Die Behörden aus NRW, Belgien und den Niederlanden stimmen sich seit dem 20. März dreimal pro Woche in einer „Task Force Corona“ ab. Anfängliche Überlegungen in Den Haag, mit der umstrittenen Variante der „Herdenimmunität“ das Corona-Virus zu bekämpfen, wurden dort nicht weiterverfolgt. Die Niederländer verfolgten „die gleiche Strategie wie Nordrhein-Westfalen“, betont NRW-Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner. NRW unterstützte die Niederlande auch bei der Aufnahme von Patienten, da es hier mehr Intensivbetten gibt.

Angesichts der Lockerungen in Nordrhein-Westfalen hatte Ministerpräsident Armin Laschet angekündigt, zeitnah mit den Ministerpräsidenten der Niederlande und Belgiens ins Gespräch zu kommen, um eine gemeinsame Linie für den Tourismus zu finden. (rku, geb, tobi, mh, dpa)