Weeze. . Die Mud Masters auf dem Airport-Gelände in Weeze locken in diesem Jahr mehr als 25.000 Unerschrockene an, die sich durch den Matsch kämpfen.
Ein freies Wochenende bietet viele Möglichkeiten. Den Wocheneinkauf erledigen, Gartenarbeit oder einfach entspannt auf dem Sofa lümmeln. Oder aber man kämpft sich durch eine kilometerlange, kräftezehrende Strecke aus Dreck, Wasser und sogar Stromschlägen. Dafür haben sich zumindest die Teilnehmer des Mud Masters Obstacle Run entschieden.
Einer der größten Extrem-Hindernisläufe Europas
Es ist Samstag, 11.30 Uhr, und Tausende Menschen zieht es auf das weitläufige Gelände des Flughafens in Weeze. Stände sind aufgebaut, basslastige Lieder wummern aus unterschiedlichen Richtungen, und ganz leicht legt sich Essensduft in die Luft. Manches erinnert an ein Stadtfest.
Die schlammverdreckten Menschen in Sportkleidung, die unaufhörlich durch markierte Bereiche joggen, sind aber wohl kaum auf dem Weg zu einem Frühlingsmarkt mit selbst geschnitzten Deko-Artikeln. Sie lassen keinen Zweifel daran, worum es hier eigentlich geht: einen der größten Extrem-Hindernisläufe Europas.
Ursprung im Militärtraining
Bei der Startlinie gibt es eine Sammelfläche. Im 20-Minuten-Takt werden die Startgruppen aufgerufen. Benannt sind diese nach dem internationalen Buchstabieralphabet, dem Nato-Alphabet: Alpha, Bravo, Charlie.
Mud Masters 2019 in Weeze hat begonnen
Wer es bis dahin nicht gemerkt hat, sollte spätestens jetzt wissen: Niemand ist hier, um ein bisschen im Schlamm zu spielen. Der Parcours ist hart, schließlich hat die Sportart ihre Wurzeln im Militärtraining. Deshalb ist auch Teamwork gefragt. „Teilnahme auf eigene Gefahr“, verkündet ein großer Aufsteller in dem markanten Corporate-Design der Veranstaltung: plakative, gelbe Versalien auf schwarzem Grund. Ein anderes Hinweisschild weist den Start als Ende der Komfortzone aus.
Klever Teilnehmer sind Wiederholungstäter
Trotzdem ist die Stimmung unter den Teilnehmern gut, euphorisch gar – entweder, weil ihnen der Lauf noch bevor steht oder weil sie ihn schon hinter sich haben. Doch noch sind es die Wenigsten, die ausgepowert, schlammverkrustet und mit stolzem Blick ihr lachsrosafarbenes Finisher-Shirt tragen dürfen – textiler Beweis für das Bezwingen der Strecke.
Von Blut, Schweiß und Tränen ist noch nicht viel zu sehen. Auch die Gruppe um Julian Binn (26) und Lucia Jansen (29) aus Kleve wartet noch auf ihren Start. Bei dem Extrem-Hindernislauf, der seit 2014 auf dem Weezer Flughafengelände ausgetragen wird, haben beide schon öfter mitgemacht.
Joggen und Krafttraining zur Vorbereitung
In diesem Jahr starten sie mit einer Gruppe aus ihrem Tischtennisverein, der DJK Kleve, darunter auch Isabell Ströher. „Wir dachten, wenn wir alle zusammen mitmachen, macht das bestimmt Spaß“, erzählt die 17-Jährige. Sie ist noch ein Neuling in der Obstacle-Run-Szene. Um Weihnachten herum hatte sie sich dazu entschlossen, dieses Jahr bei den Mud Masters mitzulaufen. Besonders trainiert hat die Jugendliche dafür nicht, sagt sie.
Im Gegensatz zu Parkour-Profi Julian Binn. Er sei relativ viel joggen gewesen. Auch Krafttraining sei hilfreich, um bei dem Lauf bis ins Ziel zu kommen. „Man braucht Griffkraft“, ergänzt Lucia Jansen, aber auch Power in den Armen, dem Rücken, den Beinen. Ihr Tipp: „Auf unebenen Strecken laufen“, beispielsweise im Klever Reichswald.
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Es ist 12 Uhr. In zehn Minuten geht es für die Tischtennis-Freunde und die vielen weiteren Teilnehmer in ihrer Einheit „India“ los. Zwölf Kilometer haben sich die sieben Klever vorgenommen, am besten in unter vier Stunden. Aber um Zeit geht es hier nicht, sondern darum, es bis ins Ziel zu schaffen.
Keiner will über die „Pussy Lane“
Von einer Bühne neben dem Start aus ruft ein sonnenbebrillter Motivator die „India“-Leidensgenossen zum Warm-up auf. „Seid ihr so hart wie Marines?“, will er von ihnen wissen. Die Reaktion der Starter – verhalten. Aber auf die „Pussy Lane“, die etwas leichtere Strecke, möchte kaum jemand. Der Animateur appelliert an die Soldaten in ihnen: „Ihr seid eine Familie, lasst bitte niemanden zurück!“
Hüpfen auf der Stelle, Seilspringen mit imaginärem Seil, Jumping Jacks und Kniebeugen als Partnerübung – die angehenden Mud Masters bringen ihre Körper auf Temperatur. Laut zählen sie den Countdown herunter. Das Signal ertönt und es passiert – zunächst wenig. Der Grund: Gleich am Start gilt es, das erste Hindernis zu überwinden. Eine gut 1,50 Meter hohe Holzwand. Das hält die Großgruppe erst einmal auf.
Bäuchlings durch den Modder robben
Während „India“ noch startet, kommen Teilnehmer der vorherigen Einheiten bereits ins Ziel. Der Parcours endet, wie er beginnt: mit einem Hindernis. In diesem Fall der Quarterpipe – einer halben Halfpipe, die es hoch zu rennen gilt. Den Teilnehmern, die hier ins Ziel kommen, steht der Matsch nicht nur sprichwörtlich bis zum Hals. Sie sind nass, dreckig, ausgelaugt. Aber Freunde ziehen einander hoch, das Publikum feuert an.
Außerhalb des Start- und Zielbereichs ist weniger los. Hier steht die sportliche Leistung im Fokus. Keine Musik übertönt das Schnaufen und Stöhnen der Teilnehmer, wenn sie riesige Traktorreifen über eine Strecke wuchten oder ihren Körper nur mit den Armen, über ein Hindernis quälen müssen. An anderer Stelle robben die Kandidaten bäuchlings durch den Modder. Spätestens hier verstehen die Zuschauer den Titel „Mud Masters“.
Stromhindernis stellt kein Problem für die Klever dar
Gegen 14.45 Uhr erreicht die Gruppe um Julian Binn und Lucia Jansen geschlossen das Ziel – nach gut zweieinhalb Stunden, das selbst gesetzte Zeitlimit also weit unterboten. „Wider Erwarten waren alle gut in Form“, resümiert Binn einige Zeit später, mittlerweile geduscht und wieder bei Kräften. Vor allem die etwa zwei bis drei Meter hohen Wände im Wald hatte den Sieben zu schaffen gemacht. „Da war es schwierig ohne Hilfe hochzukommen“, gesteht Binn. Den Sizzler, eine Art Kriechtunnel mit herunterhängenden Stromkabeln, fanden die Klever hingegen nicht problematisch – auch wenn ein Samstag auf der Couch etwas anderes ist.
>> NÄCHSTE MUD MASTERS SCHON IM HERBST
Auch am kommenden Wochenende wird der Weezer Flughafen wieder zum großen Schlammparcours – dann aber in der „Family Edition“. Insgesamt haben sich für die zwei Veranstaltungswochenende mehr als 25.000 Teilnehmer angemeldet.
Über den Sommer folgen Mud-Masters-Events in den niederländischen Städten Scheveningen (29. Juni) und Biddinghuizen (21. und 22. September).
Die nächste Ausgabe der Mud Masters in Weeze gibt es ebenfalls schon bald: Am 28. und 29. September diesen Jahres. Damit bekommt das Event einen neuen Turnus – zukünftig soll es auch in Weeze immer im Spätsommer abgehalten werden. „Das Betreten des Geländes im September ist nach Meinung von Ökologen besser für die natürliche Entwicklung des Gebiets“, heißt es als Begründung auf der offiziellen Homepage der Mud Masters.