Kreis Kleve. . In den so genannten „Polen-Häusern“ wohnen bis zu 20 Personen gleichzeitig. Die Nachbarn fühlen sich von Verwaltung und Politik allein gelassen.
Den Anwohnern des Spielbergs in Donsbrüggen kommt es vor wie ein Kampf gegen Windmühlen. Seit drei Jahren erleben sie, wie sich die Bewohner eines Hauses in unmittelbarer Nachbarschaft die Klinke in die Hand geben. In zwei Drittel der vor allem von innen heruntergekommenen Immobilie bringe eine Zeitarbeitsfirma ihre Mitarbeiter aus Polen unter, berichtet einer der Bürger. „Man muss davon ausgehen, dass die Menschen dort in Schichten schlafen, denn über den Tag und die Nacht verteilt parken immer sechs bis acht verschiedene Autos und ein Kleintransporter auf der Straße.“ Bis zu 20 Personen, so schätzt der Anwohner, leben gleichzeitig in dem Haus, das für eine solche Anzahl nicht ausgelegt sei. Alle Versuche der entnervten Nachbarn, an der Situation etwas zu ändern, blieben erfolglos.
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Das Problem ist nicht neu und längst nicht auf Donsbrüggen begrenzt. Die Große Straße in Kranenburg hat auch deswegen massiv an Attraktivität verloren, und in Emmerich forderte Nachbar Maik Hauptstein Ende des vergangenen Jahres per Ratseingabe schärfere Kontrollen der Wohnsituation der Wanderarbeiter sowie die Klärung steuerrechtlicher Fragen bei der Vermietung von „besetzten Schrottimmobilien“.
38,5 Prozent der Stellen im Kreis sind in der Zeitarbeit
Die SPD-Kreistagsfraktion holte das Thema nun mit einer Anfrage zu „prekären Beschäftigungsverhältnissen von EU-Ausländern im Kreis Kleve“ auf die politische Agenda im Ausschuss für Gesundheit und Soziales. „Die Leiharbeiter werden teilweise menschenunwürdig untergebracht“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gerd Engler. „Als Kreistag und Ausschuss stehen wir in der Pflicht, diese Zustände nicht einfach hinzunehmen.“
Die Zeitarbeitsbranche ist eine bedeutende Größe auf dem Arbeitsmarkt im Kreis Kleve. Mit einem Anteil von 38,5 Prozent verzeichnete der Wirtschaftszweig im November 2018 die meisten gemeldeten Arbeitsstellen. „Ohne statistisch belegbaren Hintergrund wird verstärkt berichtet, dass Arbeitnehmer aus dem EU-Ausland im grenznahen Deutschland wegen des preiswerteren und aufnahmefähigeren Wohnungsmarktes wohnen und von Zeitarbeitsfirmen zur Arbeitsleistung in die Niederlande gefahren werden“, stellt die Kreisverwaltung fest. „Inwieweit die Wohnbedingungen als schlecht zu bewerten sind, entzieht sich der Nachprüfbarkeit und Bewertung der Verwaltung.“ Es lägen keine Anhaltspunkte für schlechte Arbeitsbedingungen in den Niederlanden vor, heißt es weiter.
Landrat: Zuständigkeit liegt bei den Kommunen
Thorsten Rupp, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender, forderte dagegen, dass „wir alle nicht so tun dürfen, als ob wir davon nichts wissen“. Er fragte den Landrat Wolfgang Spreen, ob es Gespräche mit den Bürgermeistern der betroffenen Kommunen gebe. „Wir tauschen uns über vieles aus“, antwortete Spreen. „Diese Frage gehört nicht dazu. Sie liegt eindeutig in der Zuständigkeit der Städte und Gemeinden.“ Peter Poell (CDU) betonte, dass menschenunwürdiges Wohnen nicht als Selbstverständlichkeit gesehen werden dürfe. „Ich kann aber kaum eine Möglichkeit feststellen, wo wir regulierend eingreifen können.“
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„Wir wollen Aufmerksamkeit für das Thema wecken und für die Leiharbeiter eine Lobby schaffen“, stellte Gerd Engler im Nachgang der Ausschusssitzung auf NRZ-Anfrage fest. Auch der DGB-Kreisverband Kleve arbeitet unter anderem im Interregionalen Gewerkschaftsrat grenzüberschreitend an der Frage von Arbeits- und Wohnverhältnissen von Leiharbeitern. „Es ist aber schwierig, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Die meisten haben riesige Angst, ihre Arbeitsplätze zu verlieren“, sagte der Vorsitzende Rolf Wennekers.
Anwohner hoffen auf „häufigere, ernsthafte Kontrollen“
Die Donsbrügger Anwohner, die sich über nächtliche Ruhestörungen, herüber wehenden Cannabisgeruch und eine zugeparkte Anliegerstraße ärgern, hoffen auf „häufigere, ernsthafte Kontrollen“ von Ordnungsamt und Zoll. Alle Gesprächsversuche mit den Leiharbeitern, der Zeitarbeitsfirma und den Ordnungsbehörden hätten bislang nicht zu einer Verbesserung geführt.