Kleve. . Die arme Bevölkerung lebte an der Stadtmauer in Hütten. In den Stadttoren wurden Waren gewogen, Geld gewechselt, Zoll auf Zucker und Bier gezahlt

Die Stadtmauer ist in zwei Etappen gebaut worden, im 13. Jahrhundert um den Heideberg und im 14. Jahrhundert um den Kirchberg und ein „Kamp“ genanntes Feld westlich der Hagschen Straße. Mit der Erweiterung wurde die sogenannte Mittelmauer, die heute noch zwischen der Stechbahn und dem Grünen Heideberg zu sehen ist, als Stadtmauer überflüssig.

Kleve zählte zu dieser Zeit etwa 1730 Bewohner

Kleve zählte zu dieser Zeit etwa 1730 Bewohner, die in gut 200 Häusern lebten. Während am Großen Markt Handel treibende Bürger und Handwerker lebten, wurde der soziale Status in Richtung Stadtmauer immer niedriger. Die arme Bevölkerung lebte unmittelbar an der Stadtmauer in ihren Hütten. In den Stadttoren wurden Waren gewogen, Geld gewechselt und Abgaben auf eingeführte Waren wie Zucker und Bier erhoben. Alle Vorgänge wurden von den Torschreibern dokumentiert.

Stadtmauer Kleve , Heideberger Mauer
Stadtmauer Kleve , Heideberger Mauer © privat

Sie hatten außerdem die Aufgabe, Bettler und Landstreicher zurückzuweisen. Für die Torschreiber gab es in der Regel einen kleinen Raum im Stadttor. Das eher unscheinbare Kavariner Tor war ein einfacher, rechteckiger Torturm, zu schmal für ein Torschreiberhaus. Daher befand sich dieses unmittelbar vor dem Turm an der Stelle, wo heute der zu Beginn des 20. Jh. angebaute linke Teil von Haus Koekkoek steht.

Die Stadt auf dem Heideberg war nur durch drei Stadttore zu passieren: Kavariner, Heideberger und Süd- bzw. Mitteltor. Dieses lag in der schmalen Schlucht zwischen Burg- und Heideberg. Hier befand sich im 15. Jh. das Rathaus, nach 1500 die städtische Waage.

Glocke läutete auch, wenn Verurteilter gerichtet wurde

Im Obergeschoss gab es einen Arrestraum, im Dach hing die städtische Brandglocke, die sich vor der Stadterweiterung oben am Kloppberg (Klockberg) befunden hatte. Diese wurde nicht nur geläutet, wenn ein Brand ausgebrochen war, sondern auch, wenn ein Verurteilter zum Richtplatz geführt wurde, wie die Glockeninschrift verriet: „Ick heyt boose gramme griet / Als ick slaa, so slaa ick met verdriet / Slaa ick aan eenen kant / So is er mordt of brant / Slaa ik aan beide zyden / So wil de onderdaan tegens den Landsheer stryden.“

Blick auf die ummauerte Altstadt: rechts unterhalb des Schwanenturms das Heideberger Tor, links davon das Schollenrondell, rechts davon der Rabenturm.
Blick auf die ummauerte Altstadt: rechts unterhalb des Schwanenturms das Heideberger Tor, links davon das Schollenrondell, rechts davon der Rabenturm. © privat

Im Kavariner Tor waren Geldwechsler tätig. Schon 1342 besaß Herman Kauwersin hier ein Haus. Kauwersin ist gleichzusetzen mit Cahorsin, aus dem südfranzösischen Cahors stammend. Für 1361 lässt sich das „porta lombardorum“ für das Kavarinertor belegen, Lombarden waren auf das Geldgeschäft spezialisierte christliche Kaufleute aus Italien, die sich auch in Cahors niedergelassen und die Stadt zum Hauptsitz der südfranzösischen Geldwechsler machten. Nach „Kauwersin“ wurde das Tor spätestens 1399 Kawerinse port genannt.

In Bogenschussweite

Zwischen den Toren standen, in der Regel in Bogenschussweite voneinander entfernt, zahlreiche Türme und Rondelle wie der Netelenhorst. Durch ihre gewölbten Ausbuchtungen in der Mauer konnten auch diejenigen Stellen außerhalb der Stadt im Blick gehalten werden, die von den Stadttoren aus nicht sichtbar waren.

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Der Rabenturm war einer der schlanken Rundtürme, der etwa dort stand, wo eine von der Stechbahn kommende Treppe auf die Rahmstraße stößt. Hier trafen die Mittelmauer und die Heideberger Mauer in einem scharfen Knick aufeinander, wodurch sich vom Wehrgang ein weites Feld außerhalb der Stadtmauer bewachen ließ.

Etwa an der Stelle, wo die Straße Schollenrondell auf die Stadtmauer führt, stand ein weiteres Bollwerk, benannt nach einer Familie Scoellen, die an diesem „Rondeel“ wohnte. Unterhalb des Schweinemarktes stand ein Turm, auf dessen Fundamenten heute Koekkoeks Belvedere steht. Statt eines Wallgrabens gab es hier einen wassergeführten Graben, der bis zum Kermisdahl reichte.

Noch um die Jahrhundertwende vom 14. zum 15. Jahrhundert endete die Stadtumwallung am Netelenhorst, der Altrhein bot genügend Schutz. Dann aber wurde der Spoykanal gegraben, erst danach entstand auch hier eine schützende Stadtmauer, das Brücktor wurde gebaut. Das Wassertor ist älter, hatte zunächst jedoch keine Funktion als Stadttor.

Lohmühle stand dort im 15. Jahrhundert

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Die neustädtische Mauer wurde nach der Stadterweiterung 1341 am Rabenturm an der heutigen Rahmstraße angeschlossen und führte über die Stechbahn hinweg die heutige Straße Hagsche Poort entlang bis zum Stadttor gleichen Namens. An der höchsten Stelle stand ein Stadtturm, auf dem ab Mitte des 15. Jahrhunderts eine Lohmühle stand. Heute ist an dieser Stelle der Altbau des Herz-Jesu-Klosters zu finden.

Das Aussehen des Hagschen Tores ist gut überliefert. Das Haupttor war ein schlanker, rechteckiger Turm mit Satteldach und Dachreiter, das Vortor wurde von zwei zierlichen Rundtürmen flankiert. Über die Nassauer Mauer ging es weiter um die Stiftsimmunität bis an den Hang des Kermisdalberges heran. Hier führte eine Quermauer (Dwarsmuur) den Hang runter bis zum Wasser.