Essen. Eine besondere Aktion zum Tag der Organspende bietet Jasmin Riedl in ihrem Tattoo- und Piercing-Studio „Manufacturium“ in der Essener City an.

Vor rund einem Jahr hat Jasmin Riedl ihr Tattoo- und Piercing-Studio „Manufacturium“ in der kleinen Passage an der Limbecker Straße 15 eröffnet. Die 35-Jährige hofft für den Tag der Organspende, Samstag, 1. Juni, auf viele Besucherinnen und Besucher, die sich über das Thema informieren und sich ein kostenloses Organspende-Tattoo stechen lassen wollen. „Damit signalisiert man seine Bereitschaft zur Organspende“, sagt Riedl. Bindend sei das Tattoo ohne entsprechenden Organspende-Ausweis aber nicht.

Essener Tattoo-Studio will am Tag der Organspende informieren

Das Organspende-Tattoo gibt es in vielen Studios deutschlandweit kostenlos, unabhängig vom Tag der Organspende. Und auch bei Jasmin Riedl kann man es sich im Prinzip jederzeit stechen lassen. Dennoch setzt die Betreiberin auf den Aktionstag, um Aufmerksamkeit für die Sache zu erzeugen.

Jasmin Riedl betreibt ihr Tattoo-Studio „Manufacturium“ in der Essener City seit rund einem Jahr.
Jasmin Riedl betreibt ihr Tattoo-Studio „Manufacturium“ in der Essener City seit rund einem Jahr. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener
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„Dieses Thema liegt mir wirklich sehr am Herzen“, sagt die 35-Jährige. „Es gibt in Deutschland immer noch viel zu wenige Organspender, was unter anderem daran liegt, dass hier die Zustimmungsregelung gilt und nicht, wie anderswo, die Widerspruchsregelung“, ergänzt Dirk Bußler (55), Betreiber des Cafés Konsumreform, Aktivist für die nördliche Innenstadt und Lebensgefährte von Jasmin Riedl.

Ein Organspende-Tattoo besteht aus einem Kreis und zwei versetzten Halbkreisen. In der einfachen Variante wird es in der Regel kostenlos gestochen. Wer es groß, farbig oder ausgeschmückt haben will, muss gegebenenfalls zuzahlen. Die Aktion geht auf die gemeinnützige Organisation „Junge Helden“ zurück, die damit auf den Mangel an Spenderorganen aufmerksam machen will. Bei „Manufacturium“ ist das Team jedenfalls vorbereitet, wenn der Andrang am Tag der Organspende groß sein sollte.

Das Organspende-Tattoo besteht aus einem Kreis und zwei Halbkreisen.
Das Organspende-Tattoo besteht aus einem Kreis und zwei Halbkreisen. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Das Tattoo sei vor allem Anlass, miteinander ins Gespräch zu kommen. „Keiner muss Angst haben, dass ihm nur wegen des Tattoos gleich die Organe entnommen werden. Das ist keine Willenserklärung. Aber für Angehörige kann es im Ernstfall durchaus eine wichtige Entscheidungshilfe sein“, verweist Bußler auf den klassischen Organspende-Ausweis, der am Aktionstag auch im Studio erhältlich sein werde, und die Registrierung im entsprechenden Bundesregister.

Organspende-Tattoos werden meist kostenlos gestochen

Ein- bis zweimal pro Woche wünsche sich jemand ein solches Tattoo. Ansonsten geht es im Tagesgeschäft eher um andere Motive, so Riedl. Die gelernte Pferdewirtin lebt mit ihrem Tattoo-Studio ihr künstlerisches Talent aus. Schon als Jugendliche besserte sie ihr Taschengeld durch Porträts von Familienangehörigen und Mitschülern auf, zeichnete Haustierporträts und lernte später das Tätowieren in einem Studio.

Die Plätze im Studio werden an Tattoo-Künstler vermietet.
Die Plätze im Studio werden an Tattoo-Künstler vermietet. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Den Schritt, sich mit „Manufacturium“ in den Räumen eines ehemaligen Friseursalons selbstständig zu machen, hat sie nicht bereut, obwohl die Konkurrenz mit einer Handvoll Tattoo-Studios in direkter Nachbarschaft zwischen Kopstadt- und Kennedyplatz groß ist.

Auf 480 Quadratmetern arbeitet Riedl mit fünf Leuten, darunter auch ein Piercer, zusammen. Sie hat sich auf Cover-Ups (Überdeckungen), Fineline (filigrane Linien) und Anime-Motive (aus japanischen Zeichentrickfilmen) spezialisiert. Die Tätowiererinnen, neben dem Piercer gibt es bei „Manufacturium“ nur einen männlichen Tattoo-Künstler, mieten die Plätze für 250 Euro pro Woche an und arbeiten dann mit eigenem Material und auf eigene Kosten.

Die Tattoo-Künstler können die Plätze im Essener Studio anmieten

„Der Stundensatz von Tätowierern liegt in der Regel bei 80 bis 100 Euro, oft auch darüber. Für ein entsprechend aufwendiges Tattoo braucht man auch schon mal sechs oder mehr Stunden“, erklärt Dirk Bußler, der selbst als Piercer gearbeitet hat. „Als Nichttätowierter bin ich der absolute Exot in der Szene.“ Er wolle sich aber nicht auf ein bestimmtes Erscheinungsbild festlegen lassen.

„Mir ist wichtig, dass die, die hier arbeiten, das selbstständig und auf eigene Rechnung tun und nicht einen Großteil ihrer Einnahmen an das Studio abgeben müssen und das Studio dann auch noch mit ihnen und ihrer Arbeit werben kann. Ich bin da geprägt von meinen Erfahrungen aus der Vergangenheit“, erläutert Jasmin Riedl ihr Konzept. Ihr sei wichtig, dass den Tätowierern mehr Geld bleibe, ihre Leistung anerkannt werde.

Tattoo-Artist „Mütze“ (r.) sticht Sabine Maria Böhm (l.) das Organspende-Tattoo. Mitte: Studio-Betreiberin Jasmin Riedl.
Tattoo-Artist „Mütze“ (r.) sticht Sabine Maria Böhm (l.) das Organspende-Tattoo. Mitte: Studio-Betreiberin Jasmin Riedl. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

„Es kann nicht sein, dass ein Studio zum Beispiel minderwertige Nadeln oder Farben für die Tätowierer bestellt, um am Material zu sparen und so mehr zu verdienen. Das geht schließlich auch zulasten der Kunden“, berichtet die Betreiberin von eigenen schlechten Erfahrungen in der Szene.

Da die Plätze monatlich angemietet würden, könnten sich die Künstler theoretisch schnell umorientieren. „Aber aktuell sind alle Plätze besetzt, und keiner will gehen, glaube ich“, sagt Riedl und bekommt zustimmendes Nicken aus dem Kreis ihres Teams.

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Seit 2022 sind bestimmte Farbpigmente in der EU nicht mehr zugelassen. An die neuen Farben habe man sich erst gewöhnen müssen, so Tätowierer „Mütze“ (37), der nur bei seinem Künstlernamen genannt werden möchte. Mit den alten Farben habe man viele Jahre Erfahrungen gehabt, die neuen reagierten zum Teil anders mit der Haut. „Wenn dann Lila statt Blau zu sehen ist, ist das natürlich nicht so toll.“ Inzwischen habe es sich aber eingespielt und man wisse, was funktioniere.

Dirk Bußler führt das „Café Konsumreform“ und unterstützt seine Freundin im Tattoo-Studio.
Dirk Bußler führt das „Café Konsumreform“ und unterstützt seine Freundin im Tattoo-Studio. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Jasmin Riedl geht es bei Tattoos nicht nur um die Aussage, sondern auch um die Ästhetik. „Tattoos, auch in der Öffentlichkeit sichtbare, sind längst in der bürgerlichen Gesellschaft angekommen. Viele wollen ihren Mitmenschen mit einem Tattoo etwas mitteilen“, sagt Dirk Bußler, der aber gerade jungen Menschen auf jeden Fall von Gesichtstattoos abraten würde.

Tattoos haben oft etwas mit der eigenen Lebensgeschichte zu tun

Die früher eher männlich dominierte Branche sei weiblicher und damit filigraner geworden, auch in Bezug auf die Motive, beobachtet er. „Ich rate übrigens davon ab, ein Motiv wie Rose zu googlen und dann mit einem der Vorschläge ins Studio zu kommen.“ So entstehe kein individuelles Motiv. „Das Tattoo sollte zur eigenen Lebensgeschichte passen, egal, ob es für etwas Positives oder Negatives steht. Wenn man keiner Mode folgt, wird man das Tattoo später wahrscheinlich nicht bereuen“, meint Bußler. In den 1990er Jahren seien zum Beispiel die sogenannten Arschgeweihe in Mode gewesen. „Und die bereuen heute fast alle.“

Tattoo-Studio „Manufacturium“ an der Limbecker Straße 15 liegt zwischen Kennedy- und Kopstadtplatz.
Tattoo-Studio „Manufacturium“ an der Limbecker Straße 15 liegt zwischen Kennedy- und Kopstadtplatz. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Die Kundinnen von Jasmin Riedl sind zwischen 18 und 80 Jahre alt. „Eine der ältesten kam mit ihrer Tochter, beide ließen sich einen Schmetterling und ein Piercing als Zeichen der Verbundenheit stechen“, erinnert sie sich. Seltsamerweise würden kämen viele Kunden recht unvorbereitet, informierten sich nicht vorab über den Stil des Tätowierers. Sie selbst entwerfe das gewünschte Motiv schon mal am Tablett, bevor sie sich mit dem Kunden treffe und es weiter ausarbeite, bis es seinen Vorstellungen entspreche.

„Ich gebe den Entwurf bewusst nicht vorher heraus, sonst wird er zu Hause mit Familie und Freunden diskutiert. Es soll es ja das Tattoo des Kunden beziehungsweise der Kundin werden und nicht das seines Umfelds“, erklärt sie.

Das Tätowieren ist eine Mischung aus Handwerk und Kunst

Das Studio „Manufacturium“ – der Name steht für die Kombination aus Handwerk und Kunst – hat montags bis samstags von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Bei Bedarf können aber auch Termine zu anderen Zeiten vereinbart werden.

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