Essen. In der Essener Innenstadt fand ein umstrittenes „Smoke In“ zum Start des neuen Gesetzes statt. Geraucht werden durfte Cannabis aber nicht.
Sehr überschaubar war die Anzahl der Teilnehmer an der Demonstration mit anschließendem „Smoke In“ zur Teil-Legalisierung von Cannabis in der Essener Innenstadt. Ein Dutzend Leute, darunter mehrere Vertreter der Partei „Die Linke“, waren zum Kopstadtplatz gekommen – beobachtet von Ordnungshütern in vier Polizeifahrzeugen, die darauf achteten, dass während der angemeldeten Demo keine Joints geraucht wurden.
Nach kurzen Reden von Demo-Organisator Dirk Bußler und René Maxim, stellvertretender Kreissprecher der Linken, die das am Ostermontag, 1. April, in Kraft getretene Gesetz als „Schritt in die richtige Richtung“ bewerten, war die Demo beendet. Die Polizeiwagen verließen den Platz, zwei Joints wurden entzündet.
Cannabis-Demo in Essen war nur schwach besucht
Eigentlich hatte sich Dirk Bußler den Ablauf anders vorgestellt: Die Veranstaltung unter dem Motto „Gebt das Hanf frei!“ sollte mit gemeinsamem Kiffen über die Bühne gehen. Daraus wurde nichts: Die Polizei hatte die Demonstration auf dem Kopstadtplatz genehmigt, allerdings mit der Auflage, kein Cannabis während der Veranstaltung zu konsumieren.
„Wir werden uns an die Empfehlung der Polizei halten, erst die Demonstration beenden und dann gemeinsam einen Joint rauchen“, hatte Bußler, Betreiber des „Café Konsumreform“, im Vorfeld betont.
Es sei jedoch schade, dass Essen da wohl die Ausnahme sei. In anderen Städten, zum Beispiel Berlin, Dortmund oder Köln, hätten ähnliche Veranstaltungen ohne Probleme mit den Ordnungsbehörden durchgeführt werden können. Bußler zeigte sich enttäuscht über das Kiff-Verbot während der Demo, denn genau dieses sei als „elementarer Bestandteil der Versammlung und politisches Statement“ gedacht gewesen.
Organisator hatte 200 Leute angemeldet, nur ein Dutzend kamen
Dass nur wenige Teilnehmerinnen und Teilnehmer gekommen waren, Bußler hatte sicherheitshalber 200 angemeldet, schob der Organisator auf die repressive Stimmung, die seiner Ansicht nach zu dem Thema in Essen herrsche. „In Berlin haben um Mitternacht 1500 Leute die Teil-Legalisierung von Cannabis gefeiert“, so Bußler.
Er verstehe aber, dass Menschen, die das Gesetz eigentlich begrüßten, sich scheuten, sich öffentlich bei einer solchen Veranstaltung zu zeigen. „Viele haben einfach Angst vor beruflichen Nachteilen, wenn man sie dabei sieht“, vermutet Bußler, der nach eigener Aussage weder Cannabis noch Alkohol konsumiert.
Ihm gehe es vor allem darum, Konsumenten von Cannabis-Produkten zu entkriminalisieren. Das Suchtpotenzial sei seiner Ansicht nach nicht sehr hoch, und wer süchtig sei, brauche Hilfe, nicht Strafe. Das sieht Franz (56) aus Rüttenscheid ähnlich. Er ist nach eigener Aussage im Alter von 15 Jahren in Bayern im Jugendgefängnis gelandet, weil er zehn Gramm Haschisch besessen habe. „Das soll anderen nicht mehr passieren“, findet er und setzt sich deshalb seit 30 Jahren für die Legalisierung von Cannabis ein. „Ein langer Weg“, sagt er und freut sich über das neue Gesetz.
Teilnehmer begrüßen das neue Gesetz als Teilerfolg
Unter den Teilnehmern der Veranstaltung war auch der langjährige Linken-Politiker Wolfgang Freye, Sprecher des Kreisverbandes Essen. „Klar ist, dass der Kopstadtplatz, wo die heutige Kundgebung stattfindet, zu den Bereichen in der Innenstadt gehört, wo ab heute Cannabis konsumiert werden darf“, so Wolfgang Freye. „Insofern ist es nicht so entscheidend, ob das ,Smoke In‘ während oder nach der Kundgebung stattfindet. Wir werden uns weiter für eine liberale Drogenpolitik der Stadt Essen einsetzen, die nicht auf überholte Verbote setzt.“ Allerdings seien die Regelungen des neuen Gesetzes überbürokratisiert und teilweise schwer zu handhaben.
Die Polizei hatte im Vorfeld argumentiert, dass gemeinsames Rauchen kein Versammlungszweck und Cannabis erst ab 18 Jahren freigegeben sei, es aber keine Altersbegrenzung für die Demonstration gebe. So könne nicht ausgeschlossen werden, dass jüngere Teilnehmer dabei seien.
Organisator Bußler hatte über die Osterfeiertage noch versucht, eine Eilentscheidung gegen die Auflagen beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zu erwirken, hatte aber nach eigenen Angaben keine Rückmeldung erhalten. „Auf mein Fax kam keine Antwort und anrufen kann man da nicht“, erklärt Bußler, dem das neue Cannabisgesetz noch nicht weit genug geht.
Bußler plädiert dafür, den Verkauf von Cannabisprodukten freizugeben, um Gelegenheitskonsumenten, wie er sie nennt, nicht dazu zu zwingen, Mitglied in den sogenannten Anbauvereinigungen zu werden, um legal Cannabis für den Eigenbedarf anbauen zu können.
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