Essen-Altenessen. In Altenessen bringt eine Arbeitsgruppe Immobilieneigentümer und Geschäftsinhaber zusammen. Sie erleben Erfolge, aber auch Rückschläge.
Fürs Erste nehmen sie sich die Altenessener Straße vor: Auf eineinhalb Kilometern haben sie 16 Ladenlokale identifiziert, um die sich kümmern wollen. Sie, das sind die Mitglieder der AG Altenessen Bauen und Wohnen – engagierte Menschen aus dem Stadtteil, die sich im Rahmen der Altenessen-Konferenz mit einem Ziel zusammengetan haben: den Stadtteil zu beleben, indem sie Leerstand bekämpfen.
Am ehemaligen Schuhhaus Hoppe beginnt der kleine Rundgang, bei dem Mitglieder der AG einen Teil dessen zeigen wollen, was sie schon erreicht haben, und von ihren Plänen für die Zukunft berichten.
Suche nach Immobilien-Eigentümern in Altenessen ist nicht immer leicht
An der Altenessener Straße liegen zahlreiche Wohn- und Geschäftshäuser. Oben wird gewohnt, die untere Etage dient dem Geschäftsbetrieb. So war das zumindest mal. Die Zeiten, in denen in jedem Schaufenster auch Waren lagen, sind lange vorbei. Ein leeres Schaufenster aber wirkt öde und trist. Und je mehr es davon gibt, desto öder und trister wirkt die ganze Häuserzeile, die Straße, der Stadtteil.
„Leerstand, Sicherheit und Image haben immer etwas miteinander zu tun“, sagt Volker Höwel, den das Thema Leerstand nach eigener Aussage „gepackt“ hat. Als Immobilienmakler bringt er eine gewisse Expertise mit, doch auch die anderen Mitglieder der AG haben ihre Netzwerke und Ideen. „Uns alle verbindet, dass wir die zukünftige Entwicklung von Altenessen mitgestalten wollen“, sagt Marita Kemper.
Ihr „Leerstandskataster“ ist der Arbeitsauftrag, den sie sich selbst gegeben haben. Zunächst versuchen sie herauszufinden, wem die leerstehenden Ladenlokale gehören. Das kann einfach sein, erfordert manchmal aber auch eine größere Recherche: Klingeln, rumfragen, Kontakt suchen. Manche Eigentümer seien älter, hätten fremden Menschen gegenüber Vorbehalte, oder Scheu, erzählt Höwel. Und einige wenige hätten schlicht kein Interesse daran, wie es mit ihrem Gebäude weitergehe. „Warum auch immer.“
Ein solcher Problemfall sei die Immobilie an der Ecke Altenessener Straße / Karlstraße, einst die Adresse des Herrenausstatters Pröse, heute ein heruntergekommenes Gebäude. Kabel hängen aus der beschädigten Verkleidung, der Gehweg darunter ist voller Taubendreck. Hier komme man leider nicht weiter, doch mit den allermeisten Eigentümern mache man gute Erfahrungen, sagt Höwel.
Natürlich eigne sich nicht jedes Ladenlokal auch für jedes Geschäft, erklärt Marita Kemper. Trotzdem könne man auch auf nicht genutzten Gewerbeflächen für ein schöneres Erscheinungsbild sorgen: So ist das Schuhhaus-Hoppe-Schaufenster zum Ausstellungsraum geworden. Die Initiative „AugenBlick.mal.Altenessen“ zeigt hier die Arbeiten verschiedener Kunstprojekte, oder informiert über das aktuelle Sommerprogramm. Im Schaufenster nebenan wirbt ein lokaler Imker für seinen Honig.
Ehemalige Bankfiliale in Altenessen wurde nach Leerstand zur Bildungsakademie
Idealerweise aber findet sich für eine leerstehende Fläche auch ein neues Geschäft. Gelungen sei das etwa im Fall der früheren Deutsche-Bank-Filiale an der Altenessener Straße 388. Seit April 2024 nutzt die Akademie für Bildung und Soziales (ABS) die Räumlichkeiten. Weil ursprünglich eingeplante Fördermittel ausblieben, und die Akademie wegen ihres alten Standortes derzeit doppelte Miete zahlt, müsse man jetzt „versuchen, dieses Jahr zu überleben“, sagt Geschäftsführer Yilmaz Gültekin. Ab dem nächsten Jahr würde die Doppelbelastung wegfallen: „Dann kommen wir klar“. Der Vermieter habe einen Mietnachlass angeboten und die Akademie sogar anderen Mietern vorgezogen, weil er die Bildungsarbeit im Stadtteil habe unterstützen wollen.
Ein weiterer Erfolg, den die AG-Mitglieder präsentieren, ist derzeit noch eine Baustelle: In den Räumen einer Spielhalle, die lange leerstand, soll bald ein neues Café eröffnet werden. Dessen künftiger Betreiber Edon Gashi hat den Immobilieneigentümer Frank Baumeister, der ebenfalls Mitglied der AG Bauen und Wohnen ist, zufällig getroffen. Es sei lange sein Traum gewesen, ein Café zu eröffnen, erzählt Gashi. Auch Baumeister hat lange auf den „passenden Mieter“ gewartet, sagt er. Einige Anfragen habe es gegeben, „die haben aber nicht hierher gepasst“.
Das Café an der Altenessener Straße 422 soll nach Gashis Plänen in wenigen Monaten eröffenen, und ein Ort sein, an dem sich „junge Leute, aber auch Familien mit Kindern“ wohlfühlen. Eine Spielecke soll es geben, den „besten Kaffee in ganz Essen“, sowie ein besonderes Eis. Die Möbel sind bereits bestellt.
Arbeitsgruppe auf Altenessen-Konferenz entstanden
Auf der Altenessen-Konferenz lautete Ende 2022 das Schwerpunktthema „Bauen und Wohnen – wie leben wir morgen?“ 20 Interessierte, die an diesem Tag über Bauvorhaben im Stadtteil und die Quartiersentwicklung sprachen, entschlossen sich dazu, das Thema in der AG Bauen und Wohnen weiter zu verfolgen.
Heute gehören der Gruppe etwa 15 Personen an. Die Inhalte hätten sich weiterentwickelt, sagen die Mitglieder. Sie treffen sich alle vier Wochen und werden vom Institut für Stadtteilentwicklung, Sozialraumorientierte Arbeit und Beratung (ISSAB) unterstützt.
In der Nähe, an der Altenessener Straße 440 soll der ehemaligen Sparkassen-Filiale bald das neue Kindergesundheitszentrum folgen. An der Altenessener Straße 405 hat ein Sanitätshaus die Räume übernommen, die früher die Commerzbank genutzt hat. „Das Sanitätshaus hat zwar nur seinen Standort innerhalb des Stadtteils gewechselt, sich aber vergrößert und ist damit präsenter geworden“, so Marita Kemper.
Stadtteilmoderatorin: Arbeitsgruppe sensibilisiert auch andere für das Thema Leerstand
Nicht immer erfolge die Vermittlung über die AG, aber durch deren Arbeit sei eine Dynamik entstanden: Viele Menschen seien für das Problem sensibilisiert worden und würden sehen, dass sich auch etwas bewegen könne, sagt die Stadtteilmoderatorin Katharina Hieber.
„Der inhabergeführte Einzelhandel hat es mormentan überall schwer“, räumt Volker Höwel ein, hinzu komme die vergleichsweise schwache Kaufkraft im Stadtteil. Die Voraussetzungen für Neueröffnungen seien demnach nicht die allerbesten. „Aber der Stadtteil ist attraktiv, Gründer und Geschäftsinhaber müssen sich nur trauen.“ Die Gruppenmitglieder jedenfalls würden Interessenten gern unterstützen.
Wird Altenessen am Ende das neue Rüttenscheid? Abwehrendes Gelächter. Und doch werden sie nicht müde, die Stärken und das Potential ihres Stadtteils zu loben. Die Mieten immerhin dürften günstiger sein als in Rüttenscheid.
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