Essen. Weil die Deckenverkleidung des Tunnels demoliert ist, haben sich dort 300 Tauben eingenistet - mit grausamen Folgen für Mensch und Tier.
Radfahrer, die den Gildehoftunnel auf der breiten Biker-Spur in Richtung Rathaus Essen durchfahren, kennen das Elend der Stadttauben: Tote Jungvögel liegen plattgefahren auf dem Asphalt, Teile der Radspur sind von einer dicken glitschigen Schicht Tauben-Kot überzogen und von der Decke des Tunnels hängen abgerissene Flügel herab - der Gestank aus Dreck und Verwesung ist an manchen Tagen erbärmlich. „Ich hole beinahe täglich angefahrene Stadttauben von der Straße“, berichtet der junge Tierretter Dustin Tanallari. „Seit etwas mehr als drei Jahren sehe ich das tägliche Taubenelend dort.“
Die Ursache des Problems ist einfach zu benennen. Es ist die kaputte und an mehreren Stellen offene Deckenverkleidung am Ende des Tunnels zum Varnhorstkreisel hin. Geschätzt 300 Tauben haben in dem riesigen Hohlraum der Deckenverkleidung mittlerweile Unterschlupf gefunden. Doch von Sicherheit kann hier keine Rede sein. Täglich fallen junge Vögel viel zu früh aus der Deckenverkleidung auf den Asphalt.
Tauben in Essen: Der junge Essener Tierretter Dustin Tanallari spricht vom „Horrortunnel“
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Dustin Tanallari, von Beruf Dachdecker und ehrenamtlicher Tierretter, ist regelmäßig vor Ort, um zu retten, was zu retten ist. Die meisten Tauben werden von der Blechlawine überrollt, aber etliche retten sich nach links oder
rechts an den Rand der zweispurigen Straße, die zu den am meistbefahrenen in der Essener Innenstadt zählt. „Ich sichere diese Tiere und pflege sie gesund“, berichtet Tanallari. Für ihn ist der Essener Gildehoftunnel ein „Horrortunnel“, einer mit bereits überregionaler Negativ-Bekanntheit. Tierschützer sprächen angeblich vom „schlimmsten Tunnel in Nordrhein-Westfalen“. Jungtiere, die diesen Horror überlebt haben, werden anderswo in betreuten Taubenhäusern untergebracht und großgezogen.
Schon seit Jahren machen sich Tierschützer und Taubenfreunde wie Dustin Tanallari dafür stark, in unmittelbarer Nähe des Gildehofs ein Taubenhaus zu errichten. „Ein Platz bietet sich beispielsweise hinter dem Gildehof an, auf einer grünen ungenutzten Wiese, abseits von Menschen und Autos an.“
Gildehoftunnel in Essen: In einem Hohlraum leben rund 300 Stadttauben
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Auch die Stadt Essen sieht inzwischen Handlungsbedarf. Um die Deckenverkleidung im Gildehoftunnel sanieren und dichtmachen zu können, müssten allerdings zuerst die etwa 300 dort lebenden Stadttauben umgesiedelt werden. Man sei zurzeit dabei, einen geeigneten Standort für ein Taubenhaus in der Nähe zu finden, berichtet eine Stadtsprecherin. Sobald dieser gefunden sei, könne die Umsiedlung in Angriff genommen werden.
Dustin Tanallari macht aus seiner Ungeduld kein Hehl. Es habe schon etliche Gesprächsrunden zwischen den Tierschützern des Vereins Stadttauben und der Stadtverwaltung gegeben. „Leider wird man immer wieder aufs Neue vertröstet“, sagt er. Seine Festplatten und sein Handy sind voller gruseliger Bilder des Taubenelends im Gildehoftunnel. Auf einem Foto ist ein ausgehungertes krankes Taubenbaby zu sehen, das aus der Deckenverkleidung gefallen wurde und von ihm gerettet wurde. Das nächste Bild zeigt vier Jungtauben. „Die sind von mir kurz nach Mitternacht im Gildehoftunnel gerettet worden, auch sie sind zuvor aus der Deckenverkleidung gefallen und konnten sich auf den Radweg retten.“
Solange sich grundlegend nichts ändere, sagt er trotzig, werde er weitermachen. Seine düstere Befürchtung: „Solange nichts passiert, wird es noch Hunderte tote Tauben geben, Tausende gerettete Tauben und Dutzende Unfälle.“
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