Essen. Ohne Fotos wäre der Mythos Krupp kaum denkbar. Eine Ausstellung auf dem Hügel zeigt, dass auch der Nachwuchs dabei eine Rolle zu spielen hatte.

Die Fotografie war noch nicht lange entdeckt, als Alfred Krupp schon begann, sie für die Selbstdarstellung des Unternehmens und der Familie zu nutzen. Rasch folgte eine Flut an teils hochprofessionellen Bildern, die den Mythos entscheidend beförderten, der sich bald um den Namen Krupp wob. Die Nachfahren des eigentlichen Unternehmensgründers gingen diesen Weg weiter, Enkelin Bertha Krupp und ihr Mann Gustav holten dann sehr gerne auch ihre große und bildhübsche Kinderschar vor die Kamera. Eine Auswahl von Familienbildern ist ab sofort im Rahmen einer kleinen Sonderschau in der Villa Hügel zu sehen.

Der Aufwand, den die Familie Krupp mit Fotos betrieb, war außergewöhnlich

Man kann kaum anders, als von Kinderbildern berührt zu sein, das gilt erst recht, wenn die Kinder so kunstvoll und „niedlich“ inszeniert sind wie hier. Der Aufwand, den die Familie Krupp dabei betrieb, ging weit über das hinaus, was in wohlhabenden Familien in den Jahrzehnten vor und nach 1900 allgemein üblich war. Schon der vor 30 Jahren erstmals erschienene und immer noch lesenswerte Bildband „Bilder von Krupp“ konnte in diesem Punkt aus dem Vollen schöpfen.

Gustav und Bertha Krupp nehmen 1912 im Hügelpark ihren fünfjährigen Sohn Alfried in die Mitte.  
Gustav und Bertha Krupp nehmen 1912 im Hügelpark ihren fünfjährigen Sohn Alfried in die Mitte.  

Viele der rund 30 gezeigten Original-Fotos hat man deshalb schon hie und da mal gesehen, trotzdem lohnt es sich, bei einem Besuch auf Villa Hügel den Wegweisern zu der Ausstellung zu folgen. Durch die Art der fotografischen Inszenierung ergeben sich mitunter auch Eindrücke ganz eigener Art: Wenn Bertha und Gustav Krupp hoch zu Ross und kerzengerade im Sattel den kleinen, recht schüchtern dreinblickenen Alfried Krupp auf seinem Pony wie zwei übermächtige Wächter betrachten, dann bekommt man eine Ahnung, weshalb Alfrieds Leben bei allem Reichtum nicht immer leicht war.

Viele Bilder lassen eher an eine Königsfamilie denken

Überhaupt lassen viele Bilder mehr an eine Königs- als eine Industriellenfamilie denken, wozu die Schloss-Kulisse der Villa Hügel und des Parks natürlich beiträgt. Der Stolz auf das Dynastische ist bei den „Windsors von Essen“ jedenfalls unübersehbar, und wie in Großbritannien bei den echten Windsors hat jedes Familienmitglied seine zugewiesene Rolle einzunehmen. Unbeschwert war da nichts. „Alles, was die Kindern taten, wurde beobachtet“, weiß Manuela Fellner-Feldhaus, stellvertretende Leiterin des Historischen Archivs Krupp. Und auch auf dem Hügel in Bredeney durfte der Thronfolger noch lange nicht, was den jüngeren Geschwistern vielleicht mal nachgesehen wurde.

1911: Alfried und sein jüngerer Bruder Claus, der anscheinend immer schon etwas kecker war.
1911: Alfried und sein jüngerer Bruder Claus, der anscheinend immer schon etwas kecker war.

Etwas gedämpft wurde das Royale dann im Spielzimmer, wie ein großformatiges Foto im Ausstellungsraum zeigt, das interessante Details enthüllt. Neben Schaukelpferden und Puppen gab es eine kindgerechte Werkbank und eine Leiste mit allerlei Werkzeugen. Man wusste bei Krupps am Ende anscheinend doch, woher man kam und auf was der Reichtum gründete.

Die wichtigen repräsentativen Bilder stammten von beauftragten Profis, doch die Familie fotografierte auch selbst. „Margarethe Krupp war eine begeisterte Fotoamateurin“, sagt Ute Kleinmann, Kuratorin der Ausstellung. Ihr sind die Kinderbilder ihrer Töchter Bertha und Barbara zu verdanken, deren Leben sie ab 1890 fotografisch begleitete. Das älteste Bild ist aus dem Jahr 1860. Es zeigt Alfreds Sohn Friedrich Alfred Krupp, ein eher zarter und oft kränkelnder Junge.

Bertha und Gustav Krupp von Bohlen und Halbach mit ihrem ersten Sohn Alfried im Taufkleid im Jahr 1907.
Bertha und Gustav Krupp von Bohlen und Halbach mit ihrem ersten Sohn Alfried im Taufkleid im Jahr 1907.

Rund 8000 der 2,5 Millionen Fotos im Historischen Archiv Krupp sind Familienfotos, hier gab es für die Ausstellungsmacher also die Qual der Wahl. Vor diesem Hintergrund ist es bedauerlich, dass aus räumlichen Gründen nur 30 Originale zu sehen sind. Als kleines Plus können nicht nur einige der voluminösen Fotoalben unter Vitrinenglas besichtigt werden, aus einem Album wurden außerdem über 500 weitere Fotos gescannt, die auf einem Laptop im Ausstellungsraum digital einsehbar sind.

Schließlich ist auch der Ausstellungsraum selbst durchaus sehenswert. Es handelt sich um das ehemalige Ankleidezimmer von Bertha Krupp, Wände und Decke sind mit neobarocken Dekorations-Elementen überzogen und ergänzen insoweit das Stil-Kuddelmuddel der Villa Hügel.

Friedrich Alfred Krupp, Sohn von Alfred Krupp, als Sechsjähriger im Jahr 1860.
Friedrich Alfred Krupp, Sohn von Alfred Krupp, als Sechsjähriger im Jahr 1860.

Öffnungszeiten: Die Ausstellung „Kinderbilder - Fotografien der Familie Krupp“ ist ab sofort von Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt kostet 5 Euro pro Person (gültig für die gesamte Villa Hügel und den Park). Weitere Informationen: www.villahuegel.de/ausstellung

Die Ein-Raum-Ausstellung „Kinderbilder - Fotografien der Familie Krupp“ ist eröffnet. Manuela Fellner-Feldhaus, stellvertretende Leiterin des Historischen Archivs Krupp (Mitte) erläutert das Konzept.
Die Ein-Raum-Ausstellung „Kinderbilder - Fotografien der Familie Krupp“ ist eröffnet. Manuela Fellner-Feldhaus, stellvertretende Leiterin des Historischen Archivs Krupp (Mitte) erläutert das Konzept. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

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