Essen-Altenessen. Das Problem ist der Stadt bekannt, die Lösung lässt auf sich warten. An der Karlschule müssen die Lehrer seit Monaten improvisieren.
Mats Droll (9) hat einen Wunsch: Er möchte wieder richtigen Sportunterricht haben. Jede Woche Dienstag, fünfte und sechste Stunde. Denn der findet an der Essener Karlschule schon seit Monaten nur noch sporadisch statt. Weil die Altenessener Grundschule keine eigene Halle hat, müssen die Kinder zum Sportunterricht in die etwa zwei Kilometer entfernte Halle der Emscherschule gebracht werden. Dafür zuständig ist das Essener Busunternehmen Mesenhohl, beauftragt von der Ruhrbahn als städtischer Verkehrsgesellschaft. Doch die Mesenhohl-Busse, kritisieren Eltern, Lehrer, Schulpflegschaft und Schulleitung übereinstimmend, „fahren einfach nicht“.
„Man kann an einer Hand abzählen, wie oft die Kinder in diesem Schuljahr vom Bus abgeholt worden sind“, sagt die Schulpflegschaftsvorsitzende Stephanie Droll, deren zwei Kinder die Karlschule besuchen.
Probleme mit Bustransfer zum Sportunterricht sind der Stadt Essen seit Langem bekannt
Seit etwa eineinhalb Jahren spiele sich jede Woche das Gleiche ab, erzählt Mutter Jennifer Wechsler: Nach der vierten Stunde warten um die 30 Kinder am Schultor auf den Bus, der weiter vorne, an der Wilhelm-Nieswandt-Allee halten soll. Wenn der Bus, wie so oft, nicht auftauche, rufe man als nächstes beim Unternehmen an. „Dann sagen sie, dass sie kommen, kommen aber nicht, oder es geht gar nicht erst jemand ans Telefon“, berichtet Sportlehrer Jan Buchholz.
In der Vergangenheit hatten sich bereits viele Schulen in unterschiedlichen Stadtteilen und auch in den Nachbarstädten über die Firma beschwert.
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Der Stadt Essen ist die Situation also bekannt. Als einer von vielen hatte Lehrer Tim Schwarze sie im August 2023 auf die Problematik aufmerksam gemacht: In seiner bisherigen Laufbahn habe er in Bezug auf Bustransfer „selten solche unhaltbaren Zustände“ wie an der Karlschule erlebt, schrieb er. Der Vater Matthias Neufeld wandte sich im November ebenfalls mit einer schriftlichen Beschwerde an die Stadt: Die Lage verschlechtere sich kontinuierlich. Man fordere, dass „die Stadt jetzt auf ein anderes Unternehmen umsteigt“.
Geändert habe sich seitdem nichts: „Die vierte Klasse hatte seit den Herbstferien noch nicht einmal Sport in der Halle“, sagt Schulleiterin Christiane Gühmann.
Essener Bus-Unternehmen klagt über Personalnot und hohen Krankenstand
Mesenhohl-Sprecher Alexander Winter beteuert auf Anfrage, spontan nichts zu einzelnen Ausfällen sagen zu können. Dazu müsse er zunächst Rücksprache mit der Disposition halten. Grundsätzlich aber gelte, was er auch in der Vergangenheit bereits gesagt habe: Man habe mit Personalknappheit und Krankmeldungen zu kämpfen, „wie andere Verkehrsgesellschaften auch“, und müsse den Plan jeden Tag aufs Neue „zusammenstricken“. Verspätungen seien oft dem starken Verkehr „in den Hauptverkehrszeiten zwischen 8 und 9, 11 und 12 sowie 13 und 14 Uhr“ geschuldet. Auch könne es vorkommen, dass Schulkinder verspätet zum Bus kämen, und sich daraufhin der gesamte Zeitplan verschieben würde.
Die Stadt allerdings hatte auf die Beschwerden eingeräumt, dass es mit einem Bus-Unternehmen „massive Probleme“ gebe, und bedauert, dass die Schule davon betroffen sei: „Die monierten Fehlleistungen, die seit einiger Zeit bestehen“ würden weit über das nachvollziehbare Maß hinausgehen. Man hoffe, sich langfristig von besagtem Unternehmen „distanzieren“ zu können.
Als Teilerfolg wird in dem Schreiben vom Januar 2024 angegeben, dass man ein anderes Unternehmen für den Transfer zur Schwimmhalle habe beauftragen können. Irritation bei den Betroffenen: Denn das Schwimmbad liegt genau gegenüber der Karlschule.
Eltern und Lehrer der Karlschule fordern eine schnelle Lösung von der Stadt Essen
Hinsichtlich des Sportunterrichts regt die Stadt an, nach Möglichkeit den ÖPNV zu nutzen. Das wiederum gestalte sich im Hinblick auf die Beaufsichtigung und Sicherheit der Kinder schwierig, sagt die Schulleiterin. Auch die An- und Abreise würde dadurch länger, die ohnehin knappe Sportzeit noch kürzer.
Eltern, Lehrer und Schulleitung fordern die Stadt deshalb auf, endlich tätig zu werden: Die ganze Situation sei aus vielen Gründen nicht mehr hinnehmbar: „Für etwa die Hälfte der Kinder ist der Sportunterricht das Einzige, was sie an Sport machen, und schon deshalb wichtig“. Hinzu kommt, was Lehrer naturgemäß umtreibt: Wie solle man eine Note vergeben, wenn kein Unterricht stattfinde?
Denn aus der Not heraus behelfen die Sportlehrer sich mit Improvisation: Mal gehe man in den Park, mal bleibe man auf dem Schulhof. Doch der asphaltierte und sandige Boden eigne sich eben nur bedingt für Sport, sagt Jan Buchholz. „Mit Sport nach Lehrplan hat das nichts zu tun.“
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