Essen-Altenessen. Der Schwimmunterricht an einer Essener Grundschule fällt regelmäßig aus. Grund: Der Bus, der die Kinder zum Schwimmbad bringen soll, kommt nicht.
Einmal wöchentlich steht für die Drittklässler der Altenessener Hövelschule eine Doppelstunde Schwimmunterricht auf dem Stundenplan. „Die Kinder freuen sich immer total darauf“, weiß Mutter Hanan Khodr. Leider falle die Fahrt zum knapp drei Kilometer entfernten Sportbad am Thurmfeld aber ständig aus, weil der Bus der zuständigen Firma Mesenhohl nicht komme. „Der Spaß wird ihnen genommen und schwimmen lernen sie auch nicht“, so Khodr.
„Nur ein geringer Teil der Fahrten hat in diesem Jahr überhaupt stattgefunden“, bestätigt Schulleiter Felix Busch und betont, wie wichtig es gerade für die Kinder in Altenessen sei, wenigstens das Seepferdchen-Abzeichen in der Schule ablegen zu können. „Viele machen hier erste Wasser-Erfahrungen, können nicht schwimmen.“
Hohe Kinderarmutsquote in Essen – Schwimmkurs für Eltern oft nicht finanzierbar
So erging es auch dem Sohn von Hanan Khodr: In der Coronazeit eingeschult, sollte er in der dritten Klasse sein erstes Abzeichen mit nach Hause bringen. Die Basis habe er gut gelernt, doch dann sei der Bus immer öfter nicht gekommen, der Unterricht sei ausgefallen und ihr Sohn letztlich ohne Abzeichen in die vierte Klasse gekommen. Dort sieht der Lehrplan keinen Schwimmunterricht mehr vor.
Die Kinderarmutsquote ist hoch in Altenessen, etwa die Hälfte der unter 18-Jährigen erhält laut Amt für Statistik existenzsichernde Leistungen. „Viele Eltern haben kein Geld für einen Schwimmkurs, der außerhalb der Schule stattfindet“, erklärt Khodr. Es gebe eventuell Zuschüsse durch das Bildungs- und Teilhabepaket, viele schreckten aber vor der Bürokratie zurück und verließen sich auf die Schule.
Vorwurf: Busunternehmen Mesenhohl meldet sich nicht bei Verspätungen
Die Schule wiederum verlässt sich auf das Busunternehmen. Der Zeitplan ist eng getaktet. In 90 Minuten gilt es, von der Schule ins Wasser und wieder zurück in den Klassenraum zu kommen. „Wenn der Bus eine halbe Stunde zu spät kommt, lohnt sich die Fahrt gar nicht mehr“, erklärt die Altenessener Mutter und ergänzt, dass es gefährlich ist, wenn die Schüler und Schülerinnen so lange an der Straße stehen und auf den Bus warten.
Ungünstig ist auch, wenn der Bus die Schüler nicht pünktlich vom Schwimmbad zurückbringt. Das wirft dann den ganzen weiteren Stundenplan durcheinander. Felix Busch beklagt auch, dass das Busunternehmen bis vor einiger Zeit wenigsten angerufen habe, wenn es zu Verspätungen kam, auch das sei mittlerweile nicht immer der Fall.
Essener Busunternehmen klagt über hohen Krankenstand
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Ebenfalls unzufrieden mit der Situation ist Alexander Winter, Einsatzleiter der zuständigen Meobus-Verkehrsgesellschaft, die die Mesenhohl-Busse auf die Straße schickt. Genau wie andere Verkehrsunternehmen hätte sein Betrieb mit Personalmangel und einem hohen Krankenstand zu kämpfen. Tatsächlich klagte die Ruhrbahn zuletzt ebenfalls darüber, dass sich an manchen Tagen bis zu 20 Prozent der Bus- und Bahnfahrer krank melden. Die Folge: Der Fahrtakt wird ausgedünnt.
Alexander Winter erklärt, dass er früher nur vereinzelt Krankmeldungen erhalten habe – und das oft am Vortag. Derzeit würden ihn häufig sieben bis acht Krankmeldungen kurz vor Dienstbeginn erreichen. „Meine Jungs stricken dann alles zusammen, damit die Schulbustouren noch gefahren werden können“, sagt Winter. Alles, was fahren könne, werde dann rausgejagt, das reiche aber nicht immer. „Natürlich kommt es dann zu Verspätungen.“
Die würden allerdings manchmal auch daraus resultieren, dass die Klasse bei der vorherigen Tour zu spät bereitstehe. Winter betont: „Ich kann den Unmut verstehen, aber die Schulen kennen unsere Situation oft nicht. Wir sind wirklich bestrebt, alle Fahrten zu bedienen.“
Stadt Essen meldet mehrere Beschwerden über Schulbusfahrten
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Auch bei der Stadtspitze sind die Klagen der Hövelschule angekommen. Hanan Khodr hat Post vom Büro des Oberbürgermeisters Thomas Kufen bekommen. Darin wird ihr versichert, dass schon mehrere Beschwerden eingegangen sind. „Nach Kräften sind die Beteiligten bemüht, hier Abhilfe zu schaffen“, heißt es in dem Antwortschreiben auf den Brief, den die Elternpflegschaft der Hövelschule abgeschickt hatte.
Was das im Detail heißt, weiß Stadtsprecher Burkhard Leise. Die Stadt habe die Logistik der Schulbusverkehre zwar vertraglich auf die Ruhrbahn übertragen, werde aber dennoch über Beschwerden informiert. Leise: „In der Vergangenheit häufen sich leider die Beschwerden von Schulen über die beauftragte Firma, insbesondere wegen der Verspätungen oder der Ausfälle von Fahrten und dem damit verbundenen fehlenden nötigen Schwimmunterricht.“
Schüler sollen mit dem ÖPNV zum Schwimmunterricht
Es seien bereits „intensive Gespräche zwischen dem Fachbereich Schule der Stadt Essen und der Ruhrbahn mit der Firma Mesenhohl geführt“ worden, um die Mängel abzustellen und die vertragskonformen Leistungen sicherzustellen. Außerdem werde geprüft, ob ein anderes Busunternehmen die Fahrten übernehmen könne. Das sei allerdings nicht einfach, denn auch dort gebe es kaum freie Kapazitäten.
Außerdem wird nach Angaben von Leise überlegt, ob die Schüler nicht mit dem Linienbus, zum Schwimmunterricht im Thurmfeldbad kommen könnten. Bei diesem Vorschlag winkt Schulleiter Felix Busch ab: „Das ist ein riesiger Organisationsaufwand, der für uns absolut nicht machbar ist.“