Essen. Heiko Heßling arbeitet auf der Baustelle in der Essener City, als seine Baggerschaufel auf die Bombe stößt. Sein Tag verlief anders als geplant.
Die Bauarbeiten für die neue oberirdische Straßenbahntrasse in Essen haben begonnen und auch Baggerfahrer Heiko Heßling muss an die Schippe. In seinem Fall ist es eher eine Baggerschaufel und die stieß am Mittwochmorgen auf etwas anderes als Erde und Steine. Es war ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg.
„Ich habe schon beim Schachten gemerkt, dass ich mit der Schaufel nicht auf einen Betonstein gestoßen war“, erzählt der Mann aus Hattingen, dessen Firma im Auftrag der Steag im Bereich der Hollestraße im Zusammenhang mit der Citybahn-Baustelle neue Fernwärmeleitungen verlegt. Um 9 Uhr begann sein Arbeitstag im Bagger. Schaufel für Schaufel beförderte Heßling Material aus dem Erdreich. Und dann? Zuerst habe er die Rundung gesehen, dann die Schaufel gestoppt und einen Kollegen hinzugerufen. Der bestätigt seine Vermutung: „Könnte tatsächlich eine Bombe sein“.
Bombe in Essen: Arbeiten auf Baustelle ruhen am Mittwoch
Wenig später herrscht Klarheit: „Es ist eine amerikanische Fünf-Zentner-Bombe mit Heckaufschlagzünder“, sagt Feuerwerker Frank Stommel vom Kampfmittelräumdienst der Bezirksregierung Düsseldorf, der sich kurz danach „das Schätzken“ wie er gerne sagt, anschaut. Baggerfahrer Heßling ist erleichtert – erleichtert, dass die Bombe still im Erdreich liegt.
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„Das ist mein zweiter Geburtstag“, sagt er und lächelt. Erst am Tag zuvor habe er noch seinen 45. Geburtstag gefeiert und dann das. Es sei das erste Mal in seinem langen Berufsleben als Baggerfahrer, dass er auf eine Bombe gestoßen sei. Was dann passiert, schaut sich Heßling aus direkter Nähe an. Gebaggert wird nicht mehr. Die Arbeiten auf der Baustelle ruhen. Jetzt kommt der Krisenstab der Stadt zusammen, für viele Teilnehmer ist Routine, was in Gang gesetzt werden muss: Sperrbereich abgrenzen, Zeiten festlegen, Evakuierungen klären. Wie viele Anwohner und Anwohnerinnnen sind betroffen (350), wann muss der Hauptbahnhof, wann die A40 gesperrt werden?
Ibis-Hotel muss nach Bombenfund in Essen evakuiert werden
Evakuiert werden muss beispielsweise das nahezu ausgebuchte Ibis-Hotel in direkter Nähe. Gäste werden gebeten, die Zimmer zu verlassen und notfalls die Betreuungsstelle im Grillo-Theater aufzusuchen. Einer von ihnen fühlt irgendwas zwischen Überraschung und Genervtheit: Vor fünf Monaten sei er zuletzt in Essen gewesen, auch damals sei eine Bombe gefunden worden. Ja, das passiert in dieser Stadt öfter. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt elf Blindgänger, die entschärft wurden. Die Bombe an der Hollestraße ist die die zweite in diesem noch jungen Jahr.
Während Essener eine Nina-Warnapp-Meldung auf ihr Smartphone bekommen, wird die Zentralbibliothek geschlossen, Veranstaltungen in der Volkshochschule werden abgesagt, ein Gefahrentelefon eingerichtet. Und: Es wird ein herrenloser Koffer am Hauptbahnhof gefunden. Die Gleise 7 bis 10 müssen schon jetzt kurzfristig gesperrt werden und es zeichnet sich ab: Dies ist ein rabenschwarzer Tag im Bahnverkehr mit Auswirkungen für das ganze Ruhrgebiet.
Essener Hauptbahnhof: Schwarzer Tag für Bahnreisende
Schon am Morgen fuhren keine Züge, nachdem ein 23-Jähriger im Essener Hauptbahnhof Suizid begangen hatte. Gegen 14.40 Uhr dann das Gepäckstück in einem Regionalexpress, das niemandem zuzuordnen war. Da das corpus delicti „nicht einsehbar“ gewesen sei, haben sich Einsatzkräfte dazu entschieden, ein Entschärferteam anzufordern. Der Einsatz war gegen 17.30 Uhr beendet: Im Koffer war kein Sprengstoff. Die Bahnsteige wurden wieder freigegeben. Allerdings nicht lange. Um kurz vor 19 Uhr fährt der letzte Zug vor der Entschärfung des Blindgängers.
Frank Stommel bleibt weiter gelassen. Er hat die ganze Zeit ein Auge auf die Bombe und ist entspannt. Der 64-Jährige steht kurz vor der Rente, hat schon weit mehr als 100 Bomben entschärft. Er weiß, was er zu tun hat. Als es längst dunkel ist, schreitet er zur Tat und meldet um 21.42 Uhr: „Die Bombe ist entschärft.“
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