Essen. Die Essener Apothekergenossenschaft Noweda macht ihrem Unmut über den Bundesgesundheitsminister derzeit mit einem markigen Spruch Luft.
Wenn sich Karl Lauterbach dieser Tage durch die Hauptstadt chauffieren lässt, dürfte ihm auf so manchem Plakat sein Name begegnen. Die Botschaft darauf wird ihm eher nicht gefallen. Denn in großen Lettern wird dem Bundesgesundheitsminister im Grunde kein gutes politisches Zeugnis ausgestellt. „Gesucht: Zuverlässige Gesundheitspolitik. Bevor alles den Lauterbach runtergeht“, heißt es. Absender ist der Essener Pharmagroßhändler Noweda, der mit seiner provokativen Kampagne auf die derzeitigen Missstände im deutschen Gesundheitssystem hinweisen will. Es geht vor allem um den akuten Medikamentenmangel und den Druck auf die Apotheken.
Noweda ist eine Genossenschaft, der bundesweit über 9300 selbstständige Apotheker angehören und die in Essen-Altendorf ihren Sitz und auch ein großes Lager hat. Am vergangenen Wochenende trafen sich die Genossen auf ihrer alljährlichen Generalversammlung in der Messe Essen und machten auch in dieser Runde ihrem Zorn über Lauterbachs eher halbherzige Politik, wie sie betonen, Luft.
„Die Versorgungssituation ist eine Katastrophe mit Ansage“, sagte Michael Kuck, Chef von Noweda. Viele, darunter auch sein Unternehmen, hätten bereits in der Vergangenheit immer wieder auf die „gefährliche Entwicklung hingewiesen“. Das aber sei schon von Lauterbachs Vorgängern abgetan worden, den Apothekern gar Panikmache vorgeworfen worden. Nun aber erweise sich das Gegenteil.
Noweda zu Medikamentenmangel: „Schaden, der Millionen Menschen betrifft“
Auch Noweda und ihre angeschlossenen Apotheken spüren aktuell den Mangel bei vielen Arzneien. Unter anderem fehlten Antibiotika für Kinder. Es gebe hunderttausende verbindliche Bestellungen, doch Noweda könne nur einen Bruchteil liefern. Nur ein Beispiel von mehreren. Und die Erkältungswelle habe erst begonnen. Auch der Apothekerverband NRW hatte erst vor wenigen Tagen bestätigt, dass die Lieferengpässe noch größer seien als im vergangenen Jahr. Kuck zu den Folgen: „Wir können mittlerweile von einem Schaden sprechen, der Millionen Menschen betrifft.“
Der Medikamentenmangel wirkt sich laut Noweda massiv auf die Apotheker vor Ort aus. Der Mehraufwand sei riesig, weil sie mehrfach täglich Großhändler anriefen, um für ihre Kunden doch noch irgendwo eine Packung eines bestimmten Medikaments zu erhalten. Täglich telefonierten sie auch mit Ärzten, um etwa ein Ersatzpräparat für ein fehlendes Arzneimittel festzulegen. Diesen enormen Aufwand bekämen die Apotheken nicht vergütet. Viele Apotheker - auch aus Essen - hatten sich daher zuletzt Mitte November einem Protest angeschlossen und blieben einen Tag lang geschlossen.
Noweda-Chef Kuck fordert von Bundesgesundheitsminister Lauterbach, endlich einen verbindlichen Fahrplan für mehr Versorgungssicherheit vorzulegen. Dabei gehe es in erster Linie darum, die Herstellung von Arzneien und Rohstoffen wieder nach Deutschland, wenigstens aber nach Europa zurückzuholen. Derzeit sitzen die Hersteller vor allem in China und Indien. Die Auswirkungen - Ausfall von Lieferketten, Produktionsstopps - hatten sich schon in der Corona-Pandemie drastisch gezeigt. Momentan aber sei es für Unternehmen nicht attraktiv genug, in Deutschland Fabriken aufzubauen. Kuck verlangt außerdem vereinfachte Regularien für Pharmagroßhändler, wenn sie Medikamente aus dem Ausland importieren.
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Die aktuelle Lauterbach-Kampagne von Noweda soll nicht auf das politische Berlin beschränkt bleiben. Eine Sonderausgabe des Apothekenkundenmagazins „My Life“ widmet sich aktuell dem Thema Knappheit, natürlich begleitet mit Anzeigen aus den Plakatmotiven. „Damit nichts den Lauterbach runtergeht“ wird möglicherweise auch demnächst in so manchem Apotheken-Schaufenster zu lesen sein.
Noweda mit mehr Umsatz und Gewinn
Trotz der schwierigen Situation hat sich der Essener Pharmagroßhändler im zurückliegenden Geschäftsjahr 2022/2023 gut behauptet. Der Umsatz wuchs um über eine halbe Milliarde auf nunmehr 9,5 Milliarden Euro. Der Gewinn stieg um drei Millionen auf 44 Millionen Euro. Außerdem gewann die Genossenschaft mehr Mitglieder. 344 Apotheker hätten sich dem Noweda-Verbund angeschlossen, der nunmehr 9370 Mitglieder zählt.
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