Essen. Erstmals teilt die Stadt Essen genau mit, was sie auf der Rüttenscheider Straße plant, um Autos zu verdrängen. Die Maßnahmen sind weitreichend.

Die Pläne der Stadtverwaltung für den umstrittenen Umbau der Rüttenscheider Straße stehen nun konkret fest und werden an diesem Donnerstag (12.10.) den Kommunalpolitikern im Ratsausschuss für Verkehr und Mobilität vorgestellt. Geplant ist demnach, den Autoverkehr auf der Rü zu reduzieren und die freie Befahrbarkeit der Straße an mehreren Stellen entweder ganz oder teilweise zu unterbrechen.

Die Sperren und Einbahnstraßenregeln gelten nicht für Fahrradfahrer, im Gegenteil sollen diese weiter privilegiert werden, wie es mit der Ausweisung der Rü im Jahr 2020 als Fahrradstraße seinen Anfang nahm. Im Detail will man drei Maßnahmen miteinander kombinieren:

Diese drei Maßnahmen sind entlang der Rüttenscheider Straße in Essen geplant:

Die geplanten Maßnahmen der Stadtverwaltung auf einen Blick: Abbiegezwänge im Norden (links) und im Süden der Rü, eine Einbahnstraße im zentralen Bereich sowie eine zeitlich begrenzte Sperrung der Straße zwischen Zweigertstraße und Bertoldstraße.
Die geplanten Maßnahmen der Stadtverwaltung auf einen Blick: Abbiegezwänge im Norden (links) und im Süden der Rü, eine Einbahnstraße im zentralen Bereich sowie eine zeitlich begrenzte Sperrung der Straße zwischen Zweigertstraße und Bertoldstraße. © funkegrafik nrw | Anna Stais

Erstens: Im zentralen Bereich der Rüttenscheider Straße von Martinstraße/Franziskastraße bis zum „Stern“ (Zweigertstraße/Klarastraße), wo es besonders viele Geschäfte gibt, soll die Rü in eine Einbahnstraße umgewandelt werden. Künftig können Autos und der Anlieferverkehr nur noch von Süd nach Nord, also Richtung Innenstadt, fahren, nicht aber in die umgekehrte Richtung.

Zweitens: Sowohl von der Huyssenallee (Nord), als auch von der Bredeneyer Straße (Süd) aus soll die Rüttenscheider Straße nicht mehr direkt und auf geradem Weg befahrbar sein. An der Huyssenallee gäbe es nach den Planungen Abbiegezwänge in Richtung Hohenzollernstraße oder Friedrichstraße, von der Bredeneyer Straße aus wird die Rü knapp nördlich der Manfredstraße geschlossen. Autofahrer, die auf die Rü wollen, müssen sich dann über Nebenstraßen oder über die Alfredstraße einen Weg suchen. Die bereits vorhandene Wendeschleife an der U-Bahnrampe dient als Möglichkeit einen U-Turn einzulegen.

Auto-Posern soll die Freude am Präsentieren ihrer Fahrzeuge verleidet werden

Drittens: Zu bestimmten Zeiten wird der Bereich zwischen „Stern“ und der Bertoldstraße künftig für den Kfz-Verkehr komplett gesperrt, und zwar regelmäßig jeden Freitag und jeden Samstag zwischen 20 Uhr und 6 Uhr morgens, ferner an den Abenden und Nächten vor gesetzlichen Feiertagen. Beispielsweise wäre die Rü dann auch am Gründonnerstag und am Mittwoch vor Fronleichnam zwischen 20 und 6 Uhr in diesem Bereich gesperrt.

Mit dieser dritten Maßnahme sollen besonders die so genannten „Auto-Poser“ getroffen werden, die ihre Autos bevorzugt zu den Zeiten präsentieren, wenn andere die Außengastronomien nutzen. Oftmals fahren sie nach dem Motto „sehen und gesehen werden“ mehrfach die gesamte Rüttenscheider Straße auf und ab. Dies soll ihnen durch die Sperren verleidet werden.

Die Vorschläge der Stadt müssen noch von der Kommunalpolitik beschlossen werden, doch darf als sicher gelten, dass die Verwaltung in diesem Fall nur Maßnahmen vorschlägt, auf die sich die Ratskoalition aus CDU und Grünen vorab bereits geeinigt hatte. Der nun präsentierten Vorlage gingen wochenlange langwierige Verhandlungen beider Parteien voraus, das Dortmunder Planungsbüro „Planersocietät“ beriet die Politik umfänglich und entwarf eine ganze Reihe von Szenarien. Auch Oberbürgermeister Thomas Kufen war im Vorfeld an der Entscheidungsfindung beteiligt.

Einzelhandel, Gastronomie und die IGR stehen Änderungen ablehnend gegenüber

Der Grund für diesen Aufwand ist bekannt: Die Rüttenscheider Straße gilt als eine der wenigen Geschäfts- und Gastronomiestraßen in Essen, die gut funktionieren und von Gästen und Kunden angenommen werden. Gastronomen, der Einzelhandelsverband sowie die Interessengemeinschaft Rüttenscheid, die Anwohner und Gewerbetreibende zu ihren Mitgliedern zählt, sind folglich sehr skeptisch, wenn es um Änderungen der Verkehrsführung geht. Zu befürchten sei, dass autofahrende Kunden dann wegbleiben und Anlieferungen weiter erschwert werden.

Auf der anderen Seiten stehen die Fahrradverbände, die diese Sorge für übertrieben oder für nicht weiter relevant halten. Sie argumentieren, dass eine „Fahrradstraße“ mit so viel Kfz-Verkehr ihre Funktion nicht erfüllen kann.

Laut Stadtverwaltung soll es zwei Erörterungstermine geben, bei denen die Öffentlichkeit über die Pläne informiert wird. Mit einer Umsetzung dürfte dann im Frühjahr 2024 zu rechnen sein. Oberbürgermeister Thomas Kufen hat sich auf Anfrage dieser Zeitung hinter die Planung gestellt, die ein Versuch sei, die verschiedenen Interessen in einem Kompromiss zu bündeln. „Die Fahrradstraße funktioniert nun einmal nicht gut“, so der OB. Kufen betonte allerdings auch, es gelte, „das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten“, also die Vitalität der Rüttenscheider Straße zu erhalten.

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