Essen. Was tun mit der Skulptur von Kardinal Hengsbach am Dom? Angesichts der Missbrauchsvorwürfe macht die Bildhauerin einen überraschenden Vorschlag.
Seit mittlerweile 125 Jahren schon blickt der bronzene Kaiser Wilhelm I., hoch zu Ross, auf Burgplatz und Dom – eine Standfestigkeit, die einer anderen Skulptur nur einen Steinwurf entfernt wohl nicht beschieden ist: Nach den Missbrauchsvorwürfen gegen Kardinal Franz Hengsbach und einer bereits in Aussicht gestellten Platzumbenennung könnte als nächstes die erst 2011 enthüllte Skulptur des Gründungsbischofs im Domhof dran glauben. Bis hinein in den Münsterbauverein findet der Abräum-Plan entschiedene Befürworter, was nun die Künstlerin auf den Plan ruft: Die Skulptur zu entfernen, sagt sie, „das wäre das Falscheste, was machen kann“.
Denn Unliebsames aus dem Weg zu schaffen, so Silke Rehberg, damit stehe man doch „in der schlechten Tradition der Kirche“ beim Umgang mit heiklen Themen, auch und gerade in Sachen sexueller Missbrauch: versetzen, vertuschen, „das ist doch kein Bewältigungsprozess“.
Kardinal Franz Hengsbach soll kopfstehen – und der Wolf die Oberhand bekommen
Nicht dass die 59-jährige Künstlerin aus Münster ihr Festhalten am Kunstwerk wichtiger findet als einen möglichen Missbrauch junger Frauen. Denn „wenn ich von den Vorwürfen gewusst hätte, wäre es gar nicht zu diesem Auftrag gekommen“, versichert Rehberg. Aber als bildhaft denkender Mensch sieht sie sich jetzt auf die Probe gestellt – und fragt sich, wie man die jüngsten Ereignisse in der Skulptur auf künstlerische Weise verarbeiten kann.
Die Antwort hat sie bereits parat, und sie ist, wenn man so will, im ursprünglichen Kunstwerk bereits angelegt, das den Wolf zu Füßen des Kardinals wie in einem Spiegelbild kopfstehen lässt. Wenn sich aber das Bild von einem Menschen quasi über Nacht ins Gegenteil verkehrt – warum dann nicht als Reaktion auch das Bild um 180 Grad drehen? So dass oben der Wolf steht, für sie schon immer ein Zeichen ihrer Skepsis an der Dauerlächel-Fassade des einstigen Ruhrbischofs, der bei aller zur Schau gestellten Kumpelhaftigkeit ja stets auch erzkonservativer Machtmensch war. Und kopfüber der Kardinal – verkehrte Welt: Nicht mehr guter Hirte seiner Schäfchen, sondern Wolf in der Herde.
Hengsbach einfach abzuräumen – „da wäre ich über alle Maßen enttäuscht“
Diesen künstlerischen Dreh zu wagen, „weil das Wegschaffen uns ja nicht weiterbringt“, hat die Künstlerin dieser Tage dem Domkapitel vorgeschlagen, das früher oder später eine Entscheidung über den weiteren Umgang treffen muss. Denn ihm gehört das Kunstwerk, während das künstlerische Urheberrecht weiter bei Rehberg liegt.
Was bedeutet: Veränderungen an der Skulptur muss sie formell zustimmen, und eine Ortsveränderung ohne ihr Okay ist ebenfalls nicht möglich. Würde sie notfalls ihr Veto einlegen? Silke Rehberg legt sich da nicht fest, weiß, dass notfalls Juristen beurteilen, wer was darf und was nicht. Nur einfach die überlebensgroße Statue aus den Augen und damit aus dem Sinn zu schaffen, „da wäre ich über alle Maßen enttäuscht“.
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