Essen/Mülheim. Zum Stichtag 1. September konnte die Behörde 141 Neuzugänge begrüßen. Das ist ein Zuwachs um insgesamt 23 Kräfte. Warum das nicht ausreicht...

Zum ersten Mal seit Jahren kann sich die Polizei in Essen und Mülheim über einen nennenswerten personellen Zuwachs freuen: 14 Polizisten und Polizisten, drei Verwaltungsbeamte und sechs Regierungsbeschäftigte mehr stehen seit Freitag im Dienst der Behörde. Polizeipräsident Andreas Stüve konnte zum alljährlichen Stichtag der Kräfteverteilung im Land 141 Neuzugänge auf dem Gelände der Polizeiinspektion Süd an der Theodor-Althoff-Straße begrüßen: 121 Vollzugs- und vier Verwaltungsbeamte sowie 16 Regierungsbeschäftigte.

„Ich bin dankbar für jeden einzelnen neuen Mitarbeiter. Sie werden unsere Behörde und damit unsere Polizeifamilie verstärken und auch menschlich eine Bereicherung für uns alle sein“, sagte Stüve.

Warum das von der Behörde an der Büscherstraße im Jahresvergleich errechnete Plus von insgesamt 23 Köpfen zum 1. September dennoch kein Grund zum Jubeln ist, erläutert Jörg Brackmann. Für den Vorsitzenden der örtlichen Gewerkschaft der Polizei (GdP) steht fest: „Ausreichend ist das Ergebnis bei Weitem nicht, um die durch konsequent schlechte Personalplanung der Vergangenheit abgebauten Stellen ersetzen zu können.“ Rein rechnerisch ergebe sich bei rund 2000 Vollzugsbeamten in Essen und Mülheim ein schmächtiger Gewinn von gerade einmal 0,7 Prozent.

Die Direktion Kriminalität profitiert am stärksten

Zwar werde die Direktion Kriminalität von der aktuellen Zuteilung am stärksten und spürbar profitieren. „Allerdings ist der Aufgabenzuwachs in der Kripo der letzten Jahre trotz der Zuweisung nicht ansatzweise kompensiert,“ ist Brackmann überzeugt. Nach der „Besonderen Aufbauorganisation (BAO) Clan“ sei in Essen auch noch die „Sachrate Syrer“ draufgesattelt worden, nach der BAO Herkules zur Bekämpfung der Kinderpornografie noch die landesweite Zuständigkeit für die Ermittlungen nach Geldautomatensprengungen.

Hinzu kommt: In der größten Direktion „Gefahrenabwehr und Einsatz“, zu der auch der Wach- und Wechseldienst gehört, werde das Essener Präsidium dieses Jahr trotz des Zugewinns insgesamt erneut mit einem zweistelligen Verlust an Stellen leben müssen. Der erkläre sich vor allem durch Abgänge, Stellenwechsel und Teilzeitarbeit, für die es keinen Ersatz gibt.

Deutlicher Personalverlust wird spürbar sein

Das bleibe nicht folgenlos: „Insbesondere bei der Wahrnehmung von Sondereinsätzen und geplanten Einsatzlagen wird der Personalverlust bei den Kolleginnen und Kollegen deutlich spürbar sein und die seit Jahren prekäre Lage nochmals verschärfen“, macht der GdP-Vorsitzende mit Blick auf rund 100.000 Überstunden seit 2015 deutlich. Zumindest sei es innerbehördlich durch Verschieben von Kräften gelungen, den Wachdienst auf Vorjahresniveau zu halten, so dass auf der Straße „bei sehr niedrigem Personalniveau keine weitere Verschlechterung stattgefunden hat“. Aber eben auch keine Verbesserung.

Gerade der Personalstamm des Wachdienstes, dessen Streifenbeamte bei fast allen Einsätzen als erste am jeweiligen Einsatzort sind, dürfe nicht weiter auf das Notwendigste gestutzt werden, mahnt der GdP-Vorsitzende Jörg Brackmann. Man stecke hier aber weiter fest im Personaltal.

Polizeipräsidium ist „noch gut“ weggekommen

Unterm Strich sei das Polizeipräsidium Essen im Vergleich zu den Vorjahren diesmal „noch gut weggekommen“, sagt Brackmann und meint damit: „Mit dem leichten Personalplus hat sich die Situation zumindest in weiten Teilen nicht noch weiter verschlechtert.“ Im landesweiten Vergleich gehört die Behörde nicht zu den Abräumern, liegt aber im oberen Mittelfeld. Besser bei der Belastungsbezogenen Kräfteverteilung (BKV) schneiden Bochum (+25,62 bei den Vollzugsbeamten), Dortmund (+29,99) oder Köln (+39,39) ab. BKV-Spitzenreiter ist Wuppertal mit einem rein rechnerischen Zuwachs von 42,25 Kräften auf dem Papier.

Und wie wird sich die Lage im kommenden Jahr entwickeln? „Wir wollen hoffen, dass von den aktuell 3000 eingestellten Polizeibeamten möglichst viele in den Behörden ankommen werden“, sagt Jörg Brackmann.