Essen/Mülheim. Die Kräfteverteilung der NRW-Polizei sieht in diesem Jahr einen Zuwachs von 420 Stellen bei den Beamten vor. Was das für Essen und Mülheim heißt.
Im alljährlichen Personalpoker liegen für die Polizei Essen/Mülheim in einem Monat die Karten auf dem Tisch: Erst dann wird sich zeigen, ob das avisierte Mehr an Stellen, auf dem Papier des Innenministeriums auch als tatsächlicher Zuwachs in der örtlichen Behörde ankommt. Schon jetzt zeichnet sich ab: Im landesweiten Vergleich gehört das Präsidium an der Büscherstraße nicht zu den Abräumern, liegt aber immerhin im oberen Mittelfeld - was nach Jahren des realen Verlustes an Kräften als Gewinn empfunden werden dürfte.
Ein Planstellen-Plus von 23,24 bei den Beamten und 7,93 bei den Regierungsbeschäftigten wirft die Belastungsbezogene Kräfteverteilung (BKV) für die Behörde Essen/Mülheim aus. Besser schneiden Bochum (+25,62 bei den Vollzugsbeamten), Dortmund (+29,99) oder Köln (+39,39) ab. BKV-Spitzenreiter ist Wuppertal mit einem rein rechnerischen Zuwachs von 42,25 Kräften.
Für große Behörden bleiben die Zuwächse überschaubar
Zu den weit abgeschlagenen Verlierern zählen etwa die Behörden in Wesel (+0,98), Rhein-Kreis Neuss (+0,96) oder Heinsberg als Schlusslicht mit einem Plus von 0,78 Stellen, die sich nur schwer in realer Arbeitskraft abbilden lassen, geht aus einem Ranking hervor, das die Gewerkschaft der Polizei (GdP) für NRW veröffentlicht hat.
Deren Vorsitzender Michael Mertens summiert: „Für große Behörden wie Köln bleiben die Zuwächse in der Relation überschaubar.“ Und im ländlichen Raum sei das Plus oft nur marginal: „Neben Heinsberg reicht es in Wesel und Neuss für nicht mal eine volle zusätzliche Stelle.“
Im Tarifbereich falle die vom Minister versprochene „spürbare Entlastung“ vor Ort reihenweise ganz aus. 26 Polizeibehörden müssen sogar ein Minus hinnehmen – bei einigen wird es wohl nur ein rechnerisches sein, bei anderen wiederum ein ganz reales, so die GdP. Insgesamt sehe die BKV eine Spanne von minus 1,84 Stellen für Bochum und plus 11,8 Stellen in Münster vor. Essen soll sich auf acht zusätzliche Regierungsangestellte freuen können.
Die Polizei konkurriert mit der freien Wirtschaft
Doch ob sie ankommen, wird sich noch zeigen müssen: Im Ringen um geeignete Bewerber und Fachkräfte konkurriert die Polizei in Sachen Gehälter und Arbeitszeiten mit der freien Wirtschaft. Deshalb hält die GdP die Reduzierung der geplanten Neueinstellungen für falsch, drängt wieder auf eine Erhöhung. „Polizeiarbeit ist Teamwork. Die Tarifkolleginnen und -kollegen leisten hier ihren unverzichtbaren Beitrag“, betont Michael Mertens.
Nicht nur für den GdP-Landesvorsitzenden, auch für den Chef der Kreisgruppe Essen/Mülheim, Jörg Brackmann, steht fest: Die Zuwächse in diesem Jahr werden die Belastungen in den Kreispolizeibehörden nicht signifikant abfedern. Und eine Kröte wird einmal mehr zu schlucken sein: Trotz des insgesamt ausgeweiteten Personalplans, von dem auch die Kriminalpolizei profitiere, was „ein richtiger Schritt“ sei, deute sich schon jetzt an, dass der Wachdienst geschwächt werde. Ein Minus von 4,5 Stellen könnte nach Brackmanns Informationen am Ende unterm Strich für Essen stehen.
Nicht die Kräfte auf den Wachen vernachlässigen
Die GdP betont, dass weniger Beamtinnen und Beamte auf der Straße „das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger besonders beeinträchtigen können“. Deshalb und auch für den Schutz der Kräfte im Einsatz sei es wichtig, dass an dieser Stelle nicht gespart werde.
„Wir begrüßen die Stärkung der Kriminalpolizei, dürfen aber nicht die Kolleginnen und Kollegen auf den Wachen vernachlässigen“, betont Brackmann auch mit Blick auf die jüngsten Clan-Tumulte in Essen: „Die letzten Wochen haben gezeigt, wie essenziell ein gut ausgestatteter Wachdienst ist. Eine angemessene Personalstärke in diesem Bereich ist aus unserer Sicht unerlässlich.“