Essen. . Die Behörden wollen sich in Sachen Null-Toleranz-Strategie gezielter aufstellen. Polizei und Stadt ziehen nach sechs Monaten eine erste Bilanz.
Aufschlussreiche Erfahrungen beim Kampf gegen die Clan- und Kleinkriminalität in der nördlichen Essener Innenstadt und in Altendorf konnten die Behörden nach über sechs Monaten der erklärten Null-Toleranz-Strategie zur Genüge sammeln. Inzwischen sind die dabei gewonnenen Erkenntnisse offenbar Anlass, über eine noch härtere Gangart nachzudenken.
„Wir werden das Konzept weiterentwickeln und uns gezielter aufstellen“, kündigte Gerd Urban, Leiter der Führungsstelle in der Polizeiinspektion Mitte, in einem Gespräch mit dieser Zeitung an: „Der Kontrolldruck wird sicher noch höher werden.“
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Denn mehr als ein halbes Jahr nach den im April gestarteten konzertierten Kontrollen von Polizei, Stadt, Zoll und Finanzbehörden zeichnet sich nicht nur ab, dass die Einsatzkräfte nach wie vor alle Hände voll zu tun haben werden – sie bekommen auch andere bedenkliche Signale.
Zunehmende Provokationen und Aggressionen
Während viele aus der Szene dem Druck weichen und Ladenlokale schließen, um sie in anderen Stadtteilen wieder aufzumachen, gibt es „einige wenige“, so Urban, die sich hartnäckig weiterhin über Vorschriften hinwegsetzen. Und das mit zunehmender Deutlichkeit: Das äußere sich in Aggressionen und Provokationen gegenüber den Beamten, sagen der Erste Polizeihauptkommissar und der städtische Ordnungsdezernent Christian Kromberg übereinstimmend.
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Mit Drohungen wie „Ich kenne deinen Namen, ich weiß, wo du wohnst“, werden die Einsatzkräfte angegangen und Nobelkarossen selbst unter den Augen der Ordnungshüter in zweiter Reihe geparkt. Die Strafen dafür nimmt die Klientel kalt lächelnd in Kauf. Daran haben offenbar auch die inzwischen über 4000 verhängten Verwarnungsgelder und selbst die Sicherstellung einiger Fahrzeuge des Formats AMG Mercedes oder Audi RS7 nichts ändern können: „Wir stellen in der Tat fest, das schreckt nicht ab“, sagt Urban.
Jede Woche an mehreren Tagen aktiv
Dabei ist die Liste der bisherigen Maßnahmen von Polizei und Stadt, die sich sowohl gegen Clans als auch gegen andere kriminelle Gruppen in den beiden zu gefährlichen Orten erklärten Quartieren richtet, durchaus beeindruckend: 88 Verdächtige wurden im Rahmen der Null-Toleranz-Kontrollen festgenommen und 250 Strafanzeigen geschrieben. Dazu kommen rund 1000 Platzverweise, über 200 Sicherstellungen, 1250 Durchsuchungen und über 5000 Identitätsfeststellungen.
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Nach der ersten großen Razzia Ende April sind die Behörden „jede Woche an möglichst mehreren Tagen in der Woche aktiv“, sagt Urban. Durchschnittlich 37 Mitarbeiter sind jeweils im Einsatz, rein rechnerisch waren in einem halben Jahr 2500 Beamte beteiligt.
Eine Reihe von Strafermittlungsverfahren eingeleitet
Die Stadt schrieb 72 Ordnungswidrigkeitsanzeigen wegen Verstoßes gegen das Nichtraucherschutzgesetz vor allem in Shisha-Bars. 35 davon richteten sich gegen die Betreiber. Dazu kommen festgestellte Verstöße gegen die Bauordnung, gegen lebensmittelrechtliche und brandschutztechnische Vorschriften. Zoll und Finanzbehörden ermitteln nach diversen Sicherstellungen von illegalem Tabak und wegen des Verdachts zu Unrecht kassierter Sozialleistungen.
Diese Erkenntnisse werden gesammelt und „in der Sachbearbeitung zu Ergebnissen führen“, ist Urban überzeugt. Eine ganze Reihe von staatsanwaltschaftlichen Strafermittlungsverfahren sei bereits eingeleitet worden, sagt Polizeisprecherin Sandra Steinbrock. Es dürften noch mehr werden.