Essen. . Nach dem Fall Maaßen brodelt es in der größten Partei der Stadt – mal wieder. Doch ein Aufruhr der SPD-Basis wie andernorts bleibt aus.
Wer wissen will, wie sehr die Sozialdemokraten in diesen Tagen leiden, der muss nur Peter Weckmann im Netzwerk Facebook folgen. „Das ist alles nicht, warum ich vor 48 Jahren in die SPD eingetreten bin!“, seufzt der einstige Landtagsabgeordnete und Essener Parteigeschäftsführer da über den Fall Maaßen. Aber ein Austritt? „Für mich kein Thema“. Sechs Tage später und in Kenntnis eines Rauswurfs, der zur Beförderung geriet, ist er da schon gar nicht mehr so sicher: „Ich stelle mir inzwischen die Frage, warum ich eigentlich noch Mitglied dieser Partei bleiben soll - ich bin unglaublich traurig.“
Damit steht er nicht allein: Vier Austritte allein in den letzten beiden Tagen hat Essens SPD-Vorsitzender Thomas Kutschaty registriert – „die Leute sind stinkesauer“. Und die Empörung zieht sich durch die komplette Partei, erfasst Ortsvereinsvorsitzende wie Benno Justfelder aus Holsterhausen genauso wie Fraktionsvize Julia Kahle-Hausmann oder Ratsfrau Julia Jankovic, die den „Sündenfall“ des gedeichselten Kompromisses im Twitterstil „#dermaaßendaneben“ findet, dass sie „sogar wieder mit Siggi d’accord“ ist. Gemeint ist Sigmar Gabriel.
Kein Aufbegehren wie in anderen Revier-Städten
Doch anders als in Oberhausen, in Bochum oder Düsseldorf, wo die Parteibasis wütende Briefe an die Gremien in Bund und Land schreibt und gar einen Ausstieg aus der „Großen Koalition“ fordert, muss Essens SPD-Geschäftsführerin Yvonne Hartig in dieser Hinsicht passen: „Bei uns kommt davon noch wenig an.“
Das mag mit dem Vorsitzenden zu tun haben, der schon kurz nach Bekanntwerden des Maaßen-Deals scharfe Worte gen Berlin richtete und sich so an die Spitze der Kritikerschar stellte. Und der mit dafür sorgen wird, dass es einem Votum des Landesparteirats, der sich morgen in Duisburg trifft, um die Kandidatenliste zur Europa-Wahl aufzustellen, an Klarheit nicht fehlen wird.
„Wo soll das denn weiter hinführen?“
Denn niemandem in der Partei, so Kutschaty, sei nahezubringen, dass die Ablösung Maaßens diesem „mehr zusätzliches Gehalt einbringt als der durchschnittliche Sozialdemokrat im Monat verdient“, vom Rauswurf des eigenen Staatssekretärs ganz zu schweigen.
Kutschaty – von Anfang an gegen eine Neuauflage der „GroKo“ – scheint nicht überzeugt, dass die Zumutungen des Bündnisses sich damit erledigt haben, auch wenn es gestern so aussah, als würde der Maaßen-Deal noch mal nachverhandelt: „Schön, dass unsere Kritik angekommen ist“, sagt der 50-Jährige, der Neuwahlen nicht zu scheuen scheint, und fallen die Umfragen auch noch so schlecht aus: Dass man keine Neuwahlen riskieren dürfe, „das haben wir doch schon gesagt, als wir bei 25, bei 20 und bei 18 Prozent lagen. Wo soll das denn weiter hinführen?“