Essen. . Fünf Fahrradverleiher wollen in Essen aktiv werden. Da die Räder an jeder Straßenecke abgestellt werden dürfen, könnte es hier und da eng werden.

Gleich fünf Unternehmen wollen stadtweit Fahrräder verleihen. Für die Essener Politik kommt das überraschend. Das Phänomen, dass junge Firmen plötzlich Hunderte oder gar Tausende Mieträder anbieten, die an jeder Straßenecke abgestellt werden können, ist zwar seit kurzem aus Städten wie München, Frankfurt und Berlin bekannt.

Dass die Verleiher aber auf den Markt in Essen drängen wollen, damit hatte selbst der Fahrradclub ADFC nicht gerechnet. Sprecher Jörg Brinkmann fürchtet, dass sich der Kampf um die öffentlichen Fahrrad-Stellplätze hier verschärfen wird. „Davon gibt es jetzt schon viel zu wenige.“ Und in der Politik besteht die Sorge, dass es hier und da eng werden könnte, weil Räder im Weg stehen.

Mieträder können auch zum Ärgernis werden

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München hatte es im Sommer mit tausenden neuen Mieträdern zu tun. Dort hat der Verleiher OBike aus Singapur kräftig in die Pedale getreten. Die Stadt Essen verfolgt diese Entwicklung genau, hat doch OBike dem Rathaus mitgeteilt, hier auch ein Verleihnetz per App aufbauen zu wollen. Gegenüber Metropolradruhr in Essen unterscheidet sich OBike darin, dass er keine Stationen hat. Die mit GPS ausgerüsteten Räder werden nach Ende der Fahrt vor Ort im öffentlichen Raum abgestellt. Der Vorteil für die Kunden: Sie können mit dem Rad direkt bis zum Ziel fahren. Nachteil: An stark gefragten Zielorten könnte eine Ansammlung von Rädern zum Ärgernis werden.

Zumal nicht nur OBike nach Essen will. Wo es darum geht, neue Märkte zu erschließen, kommt selten einer allein. Absichtserklärungen an die Stadt gibt es auch vom großen Anbieter Mobike aus China, der bereits in Berlin Fuß gefasst hat, von Donkey Republik aus Kopenhagen, von Flex-Bike aus Düsseldorf und von Byke aus Berlin.

Die Stadt Essen hat kaum eine Handhabe

Alle fünf arbeiten nach demselben Free-Floating-Prinzip (keine festen Standorte). Da hat die Stadt wenig Einfluss. „Ohne stationäres Angebot brauchen Verleiher keine behördliche Genehmigung“, sagt Sprecherin Jasmin Trilling. Nur wenn ein Rad Wege und Durchfahrten blockiert oder nicht verkehrssicher ist, kann das Ordnungsamt eingreifen.

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Die Stadt setzt auf Kooperation. „Wir sind mit allen im Gespräch, und wir haben darum gebeten, nicht mit zu vielen Fahrrädern zu beginnen“, so Jasmin Trilling. Auch möchte die Verwaltung die Verleiher dazu bewegen, einen Vor-Ort-Service einzurichten, der sich um Reparaturen kümmert und eine unerwünschte Ansammlung von Mieträdern an bestimmten Plätzen verhindert.

Wann es konkret losgehen soll, ist unklar. Die Politik hat eine erste Informationsvorlage erhalten. SPD und CDU müssen sich noch positionieren. „Für mich ist das alles neu“, sagt Thomas Rotter (SPD), Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung und Stadtplanung. „Ich wüsste erstmal nicht, wo all diese Fahrräder untergebracht werden. Die kann man doch nicht irgendwo an die Hauswand stellen.“

Grüne weisen auf Datenschutzbedenken hin

Informationsbedarf hat auch Guntmar Kipphardt von der CDU-Fraktion. „Wir müssen die Konsequenzen wissen. Ich glaube, es könnte zu Problemen in zentralen Lagen kommen.“ Kipphardt sagt aber auch: „Um das Ziel zu erreichen, den Radverkehr auf 25 Prozent zu steigern, müssten jeden Tag 100 000 Radfahrer unterwegs sein. Da wird das Mietrad ein Thema.“

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Rolf Fliß (Grüne) sieht zuerst das Positive: Essen könnte „flächendeckend fahrradmobiler“ werden könnte. „Die Chancen sind größer als das Risiko.“ Ein Risiko sei, dass von Radlern mit den GPS-Daten ein Bewegungsprofil erstellt werden kann. „Uns sind datenschutzrechtliche Bedenken aus anderen Städten zu Ohren gekommen. Dies muss die Stadt von vornherein mit den Vermietern klären“, drängt Fliß.

„Das ist auch für uns ein kritischer Aspekt“, erklärt Jörg Brinkmann vom ADFC. Er sieht den sich anbahnenden Verleiher-Boom mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Abgesehen von den Fragen des Datenschutzes sowie des möglichen „Wildwuchses“ steht Brinkmann zusätzlichen Angeboten positiv gegenüber. „Sie würden den Trend zum Radfahren fördern.“

>>SO WERBEN OBIKE UND MOBIKE FÜR SICH

OBike über sich: „Wir sind die smarteste Bike-Sharing Plattform der Welt“. Mieträder gibt es für 1 € für 30 Minuten oder 79,99 € pro Jahr. Kaution: 79 €. Wer sich nicht an Regeln hält, dem werden Kreditpunkte abgezogen, so dass die Fahrt teurer werden kann.

  • Mobike wirbt: „Wir bringen dich genau da hin, wo du sein musst.“ Verleih: 0,50 Euro/30min, Kaution: 1 Euro. Mobike kann personenbezogene Daten weitergeben.