Emmerich. Vier-Tage-Woche wird von Sanitärbetrieb Unkrig und Elektro Langanke eingeführt. Warum das auch für das überlastete Handwerk attraktiv sein kann.

  • Erste Erfahrungen zur Vier-Tage-Woche sind positiv
  • Wochenarbeitszeit ändert sich nicht
  • Gutes Lockmittel zur Akquise neuer Mitarbeiter

Domenik Meyer ist mit den ersten Erfahrungen sehr zufrieden. Der kaufmännische Leiter des Heizungs- und Sanitärunternehmens Unkrig in Emmerich verspricht sich von der Einführung der Vier-Tage-Woche eine steigende Attraktivität für junge Menschen und mehr Synergien auf den Baustellen: Eine Kolonne des Unternehmens probiert jetzt seit zwei Wochen die Vier-Tage-Woche aus. Wenn der Versuch gut funktioniert, könnte noch mehr daraus werden.

37,5 Stunden in vier Tagen

Domenik Meyer erklärt, dass die Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden auf vier Tage aufgeteilt wird, sodass die Kollegen 9,5 Stunden am Tag arbeiten. Damit spart sich das Unternehmen eine Baustellenanfahrt und auch die Rüstzeiten (das Be- und Entladen der Fahrzeuge) werden effektiver genutzt. Die Mitarbeiter hätte bereits nach den ersten Tagen signalisiert, dass sie die Lösung begrüßen, wenn dafür ein zusätzlicher freier Tag in der Woche dabei herausspringt.

Das Unternehmen Unkrig probiert gerade die Vier-Tage-Woche aus. Eine Kolonne nutzt das Angebot seit zwei Wochen.
Das Unternehmen Unkrig probiert gerade die Vier-Tage-Woche aus. Eine Kolonne nutzt das Angebot seit zwei Wochen. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

Meyer hofft darauf, dass das Angebot einer Vier-Tage-Woche auch bei der Akquise von neuen Mitarbeitern ein gutes Lockmittel sein kann. Bei künftigen Stellenausschreibungen werde das ein wichtiges Kriterium sein. Wann die freien Tage genommen werden, muss sich noch zeigen: Montag und Freitag sind natürlich beliebt. Möglicherweise kann man aber auch einen Tag in der Woche freinehmen: „Wir sind da noch in der Testphase“, so Meyer.

Notfallbereitschaft abdecken

Gleichwohl muss der Sanitärbetrieb auch eine Notfallbereitschaft organisieren, etwa wenn der Abfluss am Wochenende verstopft ist. Und auch die Urlaubszeiten müssen dann genauer geplant werden. Die Einsatzbereitschaft müsse gewährleistet werden. Bei Unkrig arbeiten 30 Mitarbeiter, so dass eine Personalplanung gewisse Spielräume möglich macht.

„Es gibt aber auch Kollegen, die wollen gerne fünf Tage arbeiten, weil das mit dem Familienleben besser funktioniert“, erzählt Meyer. Wie bei allen Dingen im Leben komme es auf die konkrete Ausgestaltung an. „Ich denke, dass solche Neuerungen von der jungen Generation eingeführt werden müssen“, sagt der kaufmännische Leiter.

Höhere Mitarbeiterzufriedenheit erhofft

Bei Elektriker Clemens Langanke ist die Mannschaft kleiner. Er beschäftigt sieben Mitarbeiter, aber auch bei ihm wird es bald eine Vier-Tage-Woche geben: „Wir wollen zum 1. Juni starten“, berichtet Langanke. Für ihn ist es wichtig, attraktiv als Arbeitgeber zu sein: „Es ist schwierig, überhaupt noch Leute zu bekommen. Und die Industrie macht attraktive Angebote mit mehr Lohn und flexiblen Arbeitszeiten. Da kann das Angebot einer Vier-Tage-Woche schon ein Entscheidungskriterium sein“, sagt Langanke.

Auch seine Kollegen, die in zwei Kolonnen arbeiten, werden dann länger auf der Baustelle arbeiten und montags und freitags im Wechsel freimachen: „Wir wollen schon gewährleisten, dass wir fünf Tage pro Woche präsent sind“, sagt er.

Können Baustellen schneller abgewickelt werden?

Ob die Baustellen künftig schneller abgewickelt werden können, weil die Kollegen länger vor Ort sind und ihre Arbeitsschritte effektiver nutzen, bleibt abzuwarten. In der Praxis werde sich zeigen, ob eine verkürzte Arbeitswoche auch die Produktivität steigern kann. Clemens Langanke erhofft sich eine größere Mitarbeiterzufriedenheit und einen niedrigeren Krankenstand.

Beim Heizungsbauer Sanitherm denkt man anders darüber. Hier müsste man eigentlich eine Sieben-Tage-Woche einführen, um alle Aufträge zeitnah abarbeiten zu können. Sven Houben erzählt, dass er sich eine Vier-Tage-Woche auch nur schwer vorstellen kann, denn schließlich müsse man auch für Notdienste Personal bereithalten. „Sonst sitzt der Kunde im Zweifel von freitags bis montags in der Kälte.“

Vier-Tage-Modell könnte große Baustelle attraktiv sein

Die Auftragsbücher sind gestopft voll und Sanitherm habe sich in den vergangenen Jahren auch Personal aufgebaut. Ab August sollen zwei Azubis hinzukommen. Wenn man große Baustellen habe, kann sich Houben das Modell auch ökonomisch gut vorstellen, weil man sich dann eine Anfahrt zur Baustelle spart.

>> Gefragte Vier-Tage-Woche

Bei der Jobbörse Indeed gibt es in NRW 1431 Stellenangebote, die offensiv mit der Vier-Tage-Woche werben. Nach Auswertung der Süddeutschen Zeitung liege der Anteil der Angebote fast zehn Mal so hoch wie 2018.

Und: 33 Mal so viele Beschäftigte würden gezielt nach Jobs mit einer Vier-Tage-Woche suchen.