Rees-Haldern. Erstmals war Haldern Pop Gastgeber der Popkomm. Festival-Macher nahmen digital teil. Welcher kapitalistische Auswuchs kritisch gesehen wird.
Wie geht es der Festivalbranche? Was muss sich verändern und welchen Einfluss haben auch kleinere Veranstalterinnen und Veranstalter? Das sind nur drei von vielen Themen, die in der Haldern Pop Bar während der diesjährigen Popkomm, die erstmals in Haldern angesiedelt war, diskutiert wurden. Unter dem Motto „Pop und Weltverbesserung“ waren verschiedene Aktivistinnen und Aktivisten eingeladen, die von ihren Beiträgen für eine nachhaltige, faire und inklusive Festivalkultur berichteten.
Das einzige Americana-Festival startete als rein karitatives Event
Einer der Gäste war Dietmar Leibecke vom Static Roots Festival, das jedes Jahr in Oberhausen stattfindet. Es sei das einzige Americana-Festival in Deutschland. Das erste Festival wurde 2016 organisiert und damals noch vollständig von den Veranstalterinnen und Veranstaltern finanziert. Eintritt verlangten sie nicht. Stattdessen riefen sie die Besucherinnen und Besucher dazu auf, an Ärzte ohne Grenzen zu spenden, da die Organisation eine wichtige Arbeit während der Flüchtlingsbewegung 2015 geleistet hätte, so Leibecke.
Trotz der harten Arbeit betont er, dass es ihm die Organisation viel Spaß bereite. „Es ist einfach jeden Aufwand Wert.“ Mittlerweile wird das Festival durch Eintrittsgelder finanziert, während der Gewinn, zum Beispiel durch Merchandise, weiterhin gespendet wird.
Kooperation mit dem Düsseldorfer Verein Kulturliste hilft bei der Inklusion
Auch Hamid Shahi möchte mit den Festivals, die er organisiert, etwa das New Fall Festival, etwas verändern und Kultur offener gestalten. Er würde sich bei der Planung und Durchführung der Veranstaltungen an den UN-Nachhaltigkeitszielen orientieren. „Das sind Werte, die wir vertreten wollen“, betont er. Für ihn sei es eine Selbstverständlichkeit, die Ziele in allen Aspekten miteinzubeziehen.
Um die Festivals und Kultur generell inklusiver zu gestalten, kooperiert er mit dem Düsseldorfer Verein Kulturliste, der Freikarten für verschiedene Events besorgt und diese an finanziell schlechter gestellte Menschen gibt. Auf Nachfrage der Moderatorin, ob das die Wirtschaftlichkeit der Festivals gefährden würde, antwortete Shahi, dass er mit ihnen nicht reich werden wolle.
Andere Festivalbesucher finanzieren das Sozialticket beim Orange Blossom Special Festival
Inklusion spielt auch für das Orange Blossom Special Festival eine große Rolle, sodass neben den normalen Eintrittskarten auch Sozialtickets anbietet. Wie viele andere Veranstaltungen, hätte auch dieses Festival die Ticketpreise erhöhen müssen, um die Mehrkosten tragen zu können, erzählt Rembert Stiewe. Dass sich das nicht jeder leisten kann, sei ihm bewusst.
Die Sozialtickets werden durch eine Solidaritätstopf finanziert, in den andere Gäste freiwillig einzahlen können. So würden sich die Menschen gegenseitig helfen und das Gemeinschaftsgefühl gestärkt. Einen Bedürftigkeitsnachweis für den Kauf eines solchen Tickets bedürfe es dabei nicht, wobei jeder Käufer allerdings maximal zwei Sozialtickets erhalten könne.
Dynamic Pricing? Für Rembert Stiewe ein „Auswuchs des Turbokapitalismus“
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Im Anschluss an die verschiedenen Inputs folgte eine kurze Diskussionsrunde zum Thema „Dynamic Pricing“. Dabei werden Ticketpreise je nach Nachfrage angepasst, was in den USA teilweise für Preise in Höhe von 5000 Dollar sorgt. Stiewe und Shahi lehnen ein solches Modell ab, da es die kulturelle Teilhabe gefährden würde. Hamid Shahi sieht die Künstlerinnen und Künstler in der Verantwortung, Druck auf Ticketverkäufer auszuüben und Einheitspreise durchzusetzen. Für Rembert Stiewe sei dies ein „Auswuchs des Turbokapitalismus’“. Er glaube, dass es dieses System in naher Zukunft dennoch auch in Deutschland geben werde.
Abschließend gab die Indie-Rock-Band Enumclaw aus den USA ein Konzert in der Haldern Pop Bar.