Emmerich. Immer mehr Hunde und Katzen werden derzeit bei den Pfötchenfreunden abgegeben, aber kaum noch vermittelt. Was das für das Tierheim bedeutet.

Seit fast zwei Monaten wartet Sally auf einen neuen Besitzer. Das Tierheim Pfötchenfreunde Viergarten in Emmerich ist bereits das vierte Zuhause für die Mischlingshündin. Ein neues Herrchen oder Frauchen ist bisher allerdings nicht in Sicht. „Es war mal eine Dame da, die sich Sally angeschaut hat, sich dann aber nie wieder gemeldet hat“, erzählt Tierheimleiterin Inga Kolberg.

Das ist kein Einzelfall. Die Tiervermittlung ist fast vollständig eingebrochen, ganz im Gegenteil zur Tierabgabe: „Wir haben so viele Abgabehunde wie noch nie.“ 15 sind es aktuell. Wegen Krankheit oder Allergien der Besitzer würden die Tiere oftmals ins Tierheim gebracht werden.

Hundebesitzer geben Tiere im Emmericher Tierheim unter Tränen ab

Ob das wirklich immer die wahren Gründe sind, bezweifelt Kolberg. „Seit der hohen Inflation und den immer weiter steigenden Energiekosten, häufen sich die Abgaben bei uns spürbar. Einige Tiere sind auch in keinem guten gesundheitlichem Zustand, wenn sie zu uns kommen.“ Die Tierheimleiterin vermutet, dass sich viele Menschen einen Hund oder eine Katze schlicht nicht mehr leisten können. „Teils unter Tränen werden Hunde in unsere Hände übergeben.“

Kein Platz mehr: Weitere Katzen kann das Tierheim Pfötchenfreunde Viergarten in Hüthum nicht mehr aufnehmen.
Kein Platz mehr: Weitere Katzen kann das Tierheim Pfötchenfreunde Viergarten in Hüthum nicht mehr aufnehmen. © FUNKE Foto Services | Foto: Judith Michaelis / Funke Foto Services

Bei den Katzen sieht es nicht besser aus. „Wir sind absolut am Limit. Wir mussten die Aufnahme weiterer Katzen stoppen“, sagt Kolberg. 28 Stubentiger leben derzeit im Tierheim an der Viergartenstraße in Hüthum. Darunter vorwiegend junge Kitten oder zahme Fundkatzen. „Da wird schnell klar, dass das keine wilden Katzen sind, sondern ausgesetzte Wohnungskatzen. Wildkatzen wären nicht so zahm und aufgeschlossen gegenüber Menschen. Viele Tiere sind zudem gechipt, sie hatten also einen Besitzer.“ Katzen lebten vor der Krise im Schnitt ein bis zwei Monate im Emmericher Tierheim, bevor sie in ein neues Zuhause ziehen konnten. Mittlerweile sind es drei bis sechs Monate – wenn nicht sogar länger.

Tierarztkosten steigen dramatisch an

Nicht nur der Platz wird allmählich knapp, auch das Geld. Die steigenden Personal- und Energiekosten sowie Ausgaben für Futter und Tierarzt belasten das Pfötchenfreunde-Team. „Wir sorgen uns um unsere Existenz“, betont Kolberg. Die Tierarztkosten steigen ab November deutlich. Kostete eine allgemeine Untersuchung einer Katze bisher 15 Euro, sind bald rund 40 Euro fällig – eine Preissteigerung um 163 Prozent.

Daria Rutter mit der jungen Katze Gina.
Daria Rutter mit der jungen Katze Gina. © FUNKE Foto Services | Foto: Judith Michaelis / Funke Foto Services

„Wir haben zum Glück Vertragstierärzte, die uns etwas entgegenkommen, aber teurer wird es auf jeden Fall“, so Kolberg. Bevor eine Fundkatze zu den anderen Tieren kann, muss sie untersucht werden. „Wir kommen also nicht um diese Behandlung herum.“ Die Kosten für Impfungen oder Kastrationen sind da noch gar nicht inbegriffen.

Finanzielle Rücklagen des Tierheims sind fast aufgebraucht

„Man überlegt schon und wägt ab. Ich rufe jetzt vorher beim Tierarzt an und frage, ob wir bei den oder den Symptomen vorbeikommen sollen. Früher wäre ich einfach hingefahren“, gibt die Tierheimleiterin zu bedenken. Die Standards wolle sie aber definitiv nicht runterschrauben, das Tierwohl stehe an oberster Stelle.

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Noch finanziert sich das Tierheim überwiegend durch Spenden. „Es gibt noch ein paar Rücklagen, aber die sind in absehbarer Zeit aufgebraucht.“ Eigenes Geld versucht das Tierheim mit der hauseigenen Hundepension und der Hundetagesstätte einzunehmen, doch auch hier stockt es. Inga Kolberg: „Die Menschen bringen ihren Hund immer seltener. Sie müssen sparen. Da wird dann häufig die Hundepension gestrichen. Für uns ist das zunehmend eine Katastrophe.“

Weitere Tierheime im Kreis Kleve

Das Tierheim Pfötchenfreunde Viergarten im Emmerich (Viergartenstraße 27; 02822/9760630) ist nicht das einzige Tierheim in der Umgebung.

Auf der linken Rheinseite kümmert sich das Tierheim Kranenburg (Keekener Straße 40; 02826/92060) um abgegebene und gefundene Tiere.

In Goch nimmt die Tierhilfe Goch (Reuterstraße 196; 02823/41318) Hunde, Katzen und Kleintiere auf.

In Bedburg-Hau ist das Tierheim Leygrafenhof (Kalkarerstraße 7; 02824/9762275) für Fund- und Abgabetiere zuständig.